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Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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blematik und Konflikte der Integration einer neuen Institution in ein<br />

älteres kosmologisches Gefüge.<br />

Das Zwei-Brüder-Märchen verbindet das <strong>Drachenkampf</strong>motiv mit dem<br />

Mythologem der "kabirischen Gruppierung" (Lenormant) und seine<br />

<strong>Drachenkampf</strong>version ist gleichfalls nahezu deckungsgleich mit dem<br />

maltesischen Märchen "<strong>Der</strong> siebenköpfige Drache" (Auch im Tristan<br />

kehrt das <strong>Drachenkampf</strong>motiv mit der Befreiung der Tochter des<br />

irischen Königs in ähnlicher Weise wieder). Das maltesische Märchen<br />

gleicht wiederum der griechischen Mythe von Perseus und Andromeda<br />

oder der von Herakles und Hesione, wenn auch die Figur des Usurpators<br />

in der Heraklesversion fehlt; in der Perseusmythe spielt Agenor<br />

die Rolle des Türken aus dem maltesischen Märchen, obwohl dessen<br />

Ansprüche nicht so gut begründet sind wie die des Agenor.<br />

Die Befreiung der Jungfrau im Zwei-Brüder-Märchen verbindet dieses<br />

Märchen offensichtlich mit der Tradition der anderen <strong>Drachenkampf</strong>mythen,<br />

betrachtet man aber den Helden dieser Geschichte, dann<br />

entdeckt man alle Hinweise, die auf die "kabirische Gruppierung" verweisen.<br />

<strong>Der</strong> Held hat einen Zwillingsbruder, der ihm in allem gleicht, d.h. ihn<br />

funktional vertreten kann, wie es das Märchen selber vorführt. Dieser<br />

Bruder wird zum Subjekt der Handlung in der Phase, in der der Held<br />

versteinert ist, d.h. sich in der Unterwelt aufhält oder selbstvergessen<br />

im Zauber der Hexe schläft. Bruder und Held stehen also dioskurisch<br />

zueinander oder wie der alte und der junge Attis, Adonis oder Tammuz.<br />

Sie sind als handelnde Personen dioskurisch angelegt und dann in<br />

einem weiteren Sinne auch mit der Gruppierung des Osiris und Horus<br />

zu vergleichen.<br />

Bevor die Stellvertretung des einen Bruders durch den anderen durch<br />

die Handlung gefordert wird, versucht ein Nebenbuhler des Helden,<br />

ihn um die Früchte seiner Tat zu bringen, indem er den schlafenden<br />

Helden enthauptet und sich mit dessen Leistungen brüstet. Er versucht<br />

auch die Heirat mit der befreiten Jungfrau zu erschleichen. Doch im<br />

Gegensatz zu Herakles, der den Atlas um den Lohn seiner Tat betrogen<br />

hat, gelingt es dem Nebenbuhler hier nicht. <strong>Der</strong> Held vereitelt die falsche<br />

Hochzeit und heiratet dann selber die Jungfrau, nachdem er den<br />

Widersacher entlarvt und besiegt hat.<br />

Wer denkt nicht bei dem Bild des enthaupteten Helden an das Schicksal<br />

der orientalischen Korngötter, die den Intrigen feindlicher Brüder<br />

oder feindlicher Götter zum Opfer fielen, an Dionysos, Osiris, Orpheus<br />

oder an den keltischen Bran, den Erlen- und Krähengott. Auch diese

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