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Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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der entsprechenden Götter verweisen. Solche Übereinstimmungen<br />

sprechen aber nicht zuerst für Entlehnungen, sondern für die epochalen<br />

Neubewertungen und Neuinterpretationen des älteren Mythengutes,<br />

das bei Wildbeutern und archaischen Hackbauern häufig noch in seinen<br />

ursprünglichsten Fassungen greifbar ist.<br />

In der Wildbeuter- und Hackbauernkultur variieren ganz allgemein<br />

zwei mythologische Begründungen der kosmologischen Ordnung, die<br />

sich an der sozialen Ordnung der Sippe (Clan, Lineage, etc) oder an<br />

dem Konzept der dualen Organisation (soziale wie kulturelle Hälftenteilungen)<br />

orientieren: "Sippe sind solche unechten Verwandtschaftsgruppen,<br />

welche die in ihnen zusammengefaßten echten Verwandtschaftskegel<br />

an einen geschlossenen „Schöpfungsakt“ fixieren. Dual-<br />

Ordnungen sind solche unechten Verwandtschaftsgruppen, welche die<br />

in ihnen zusammengefaßten echten Abstammungskegel an einen in<br />

zwei komplementäre Hälften aufgeteilten "Schöpfungsakt" fixieren." 10<br />

Diese mythologischen Konzeptionen, Traditionen und die ihnen zugrundeliegenden<br />

sozialen Ordnungen überleben häufig den Kulturwandel,<br />

durch den die früheren Stadien und Ordnungsmodelle (ihrer<br />

Differenz zur Gegenwart wegen) erst die genuin mythologischen Weihen<br />

empfangen. Aber auch deren Fortsetzung kommt unter den veränderten<br />

Bedingungen vor mit einer auf die gegenwärtigen Verhältnisse<br />

abgestimmten Akzentverschiebung. Auch deren Angleichung<br />

reflektiert ihre Integration in Systeme, die sie mehr oder minder deutlich<br />

nach ihren leitenden Strukturen umdeuten.<br />

Auffallend ist der Dualismus einiger altorientalischer und aller altgriechischen<br />

Mysterienmythologien, die im Gegensatz zu der genealogischen<br />

Ordnung des olympischen Systems stehen, das selber nur schwer<br />

das andere Konzept verdrängen konnte (siehe: Giganten, Titanen,<br />

Kabiren etc.). Hier, wo verschiedene Völker mit unterschiedlichster<br />

verwandtschaftsrechtlicher Organisation (verschiedene Deszendenz-,<br />

Residenz- und Heiratssysteme) und religiöser Tradition im Verlaufe<br />

dreier Völkerwanderungen aufeinandergestoßen waren und integriert<br />

werden mußten, was keineswegs überall in gleicher Weise geschah,<br />

lohnt es sich allerdings den Entlehnungen und ihren Motiven nachzugehen,<br />

da sie historisch, d.h. mit Rücksicht auf andere Quellen, z.T.<br />

noch greifbar sind.<br />

Die Mythen und Märchen sind grundsätzlich nach den verschiedensten<br />

Schlüsseln interpretierbar und können mit ihnen allen gleichermaßen<br />

10 C.A.Schmitz, Grundformen der Verwandtschaft, Basel 1964, S.99<br />

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