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Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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über diese Gleichung noch deutlicher werden, die funktionale Äquivalenz<br />

der Jahreskreis-, Fruchtbarkeits- oder Filiationswechsel-, der<br />

Götterwechsel-, der Lebens- und Todesmythologie. Die naturmythische<br />

Deutung dieser Mythen suchte neben Francke auch besonders<br />

Siegbert Hummel 29 zu erhärten, der im Falle der Kesarsage auf viele<br />

eurasische Parallelen (Märchen, Siegfried- Sage) hingewiesen hatte<br />

und deshalb auch hier auf indogermanisches und megalithisches Lehngut<br />

verweisen zu können glaubte (unter Berufung auf die sog. pontische<br />

Wanderung). Aber auch hier gilt es nur auf die mitgeteilten Parallelen<br />

(Werben Siegfrieds um Brumhilde, Odysseus und Calypso,<br />

Waberlohe, das Märchen vom Teufel mit den drei goldenen Haaren<br />

usw) zu achten, während die Untersuchung des Lehngutes oder der<br />

Wanderung des Sagenstoffes und die historische Bestimmung des<br />

Übernahmezeitraums eine kulturhistorische Aufgabe bleibt, die hier<br />

nur erwähnt werden kann.<br />

<strong>Der</strong> Aufenthalt des Helden im Totenreich, seine Versteinerung also,<br />

der durch das Eingreifen des Bruders beendet wird, entspräche dem<br />

Winterkreis, während der Usurpator, der sich den Lohn der Drachentötung<br />

einheimsen will, als eine Winterrückfallsdrohung, als ein Widerstand<br />

der Autochthonen oder als Todesdrohung zu verstehen ist, die<br />

endgültig erst durch seine Entlarvung oder Besiegung (durch den<br />

Helden) gebannt wird.<br />

Mit dieser Episode des Usurpators (Kutschers, Dienstmannes, Türken<br />

etc) erscheint in der Handlung ein altes schamanistisches Motiv. <strong>Der</strong><br />

Schamane erwirbt im Verlaufe seiner Initiation die Gefolgschaft hilfreicher<br />

Wesen, Geister oder Tiere, die ihm in Zukunft beistehen werden,<br />

und ihn vor allem auch in der Periode körperlicher Zerstückelung<br />

oder Teilung vor den Nachstellungen der Krankheitsgeister oder Übeltäter<br />

beschützen. Dieser Gefolgschaft verdankt der Held auch im Märchen<br />

seine körperliche Wiederherstellung, die er selbst dem Drachen<br />

erfolgreich verwehrt hat, nachdem er dessen Zungen herausgeschnitten<br />

hatte und sie an sich nahm. <strong>Der</strong> Usurpator vertritt hier den Geist oder<br />

die Gottheit, vor deren Nachstellungen der Schamane seine Gruppe<br />

bewahren muß, meistens in kräftezehrenden Kämpfen, in denen der<br />

Schamane seines Amtes wegen auf die endgültige Tötung seiner Widersacher<br />

verzichtet. Obwohl mit der Episode der Enthauptung des<br />

Helden durch den Usurpator und seiner Wiederherstellung durch die<br />

29 S.Hummel, Anmerkungen zur Gesar- Sage, Anthropos 54, 1959, S.521; Siehe auch:<br />

Mythologisches aus Eurasien im Gesar- Heldenepos der Tibeter, Ulm 1993

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