Unbekannte Bauwerke im Eisgrub - Feldsberg-Areal - Friedl Dieter
Unbekannte Bauwerke im Eisgrub - Feldsberg-Areal - Friedl Dieter
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<strong>Unbekannte</strong> <strong>Bauwerke</strong> <strong>im</strong> <strong>Eisgrub</strong> - <strong>Feldsberg</strong>-<strong>Areal</strong><br />
Vor der Stadt sieht man noch die Ruine des 1804 aufgehobenen Franziskanerklosters. - Südlich<br />
vor der Stadt steht die Venerie oder das Hetzhaus, wo die englischen Hetzhunde gehalten<br />
werden. Man sieht eine Meute von nahe an hundert Stück herrlicher Thiere.<br />
Das Schloß<br />
steht auf einem Hügel östlich außer der Stadt, leider nicht ganz frei. Wie bereits erwähnt, ist die<br />
Auffahrt neben dem Gasthause. Das Schloß wird durch ein Hauptgebäude von zwei Stockwerken<br />
und 15 Fenstern in der Breite gebildet, von dem beiderseits niedere Flügel vorspringen, die in einer<br />
Art viereckigem Pavillion endigen. Der Platz zwischen diesen Gebäuden ist eine kleine englische<br />
Anlage. Eine Brücke führt über den Graben in das Schloß, welches zu Ende des 17 ten Jahrhunderts<br />
auf der Stelle der älteren Veste erbaut wurde. Nicht weniger als 244 Z<strong>im</strong>mer sind vorhanden, zum<br />
Theile mit einer Pracht eingerichtet, wie man sie nur in den kaiserlichen Gemächern aus der Zeit<br />
Maria Theresia’s sieht. Das erste Stockwerk enthält die Prunkz<strong>im</strong>mer, deren Thürstöcke sämmtlich<br />
von rothem Marmor sind. Man findet einen überraschenden Reichthum von kostbaren Tapeten, Seidenstoffen,<br />
Stickereien, Vergoldung u. dgl., welche zu beschreiben vergeblich wäre. Hinter der<br />
Z<strong>im</strong>merreihe<br />
„Wien’s Umgebungen…“ Seite 370<br />
zieht sich ein Gang, der <strong>im</strong> Winter zu einem Blumengarten umgeschaffen wird.<br />
In der Ecke des rechten Flügels ist die Schlosskapelle. Sie hat zwölf Wandsäulen von<br />
Gypsmarmor, aber wirklich marmorne Ges<strong>im</strong>se; die Decke ist in Fresko gemalt; der Fußboden mit<br />
weißen und schwarzen Marmorplatten belegt. Der Musikchor hat eine marmorne Ballustrade und<br />
prachtvolle Orgel. Das Hochaltarblatt, Mariä Geburt, ist von bedeutendem Werthe. An die Kapelle<br />
stößt ein Kabinet, welches ganz mit Nussbaumholz getäfelt ist, und das lebensgroße Bildniß des<br />
Fürsten Wenzel enthält. In einem folgenden Z<strong>im</strong>mer ist das Freskogemälde der Decke, Diana,<br />
beachtenswerth. Die Gänge des rechten Flügels so wie des zweiten Stockwerkes enthalten eine<br />
Sammlung von Gemälden, worunter eine große Anzahl von Familienbildern. Das zweite Stockwerk<br />
enthält die Gastz<strong>im</strong>mer, und in einem derselben sind die Meubles 89 mit Stickereien, von der Hand<br />
der Großmutter des regierenden Fürsten, überzogen. – Die Seitenflügel enthalten unter andern ein<br />
großes Theater und Stallungen auf 160 Pferde. Hinter dem Schlosse befindet sich ein großer Garten,<br />
theils <strong>im</strong> französischen, theils <strong>im</strong> englischen Geschmacke angelegt.<br />
Veltspurc war eine der ältesten Burgen in Österreich, dessen Herren Truchsesse waren, und<br />
deren einer noch 1359 genannt wird 90 . In <strong>Feldsberg</strong> endete 91 Ulrich von Liechtenstein seine abenteuerliche<br />
Fahrt als Königin Venus, die er in Venedig begonnen hatte. Durch Heirath kam der Besitz<br />
an die Kunringer. Unter Ottokar wurde es getheilt, kam zum Theile an Johann von Liechtenstein,<br />
„Wien’s Umgebungen…“ Seite 371<br />
der seinen Besitz aber bald vergrößerte, und seit jener Zeit blieb es bei diesem Hause. – <strong>Feldsberg</strong><br />
ist der Herbstaufenthalt des Fürsten, und die großen Jagden versammeln dann einen auserlesenen<br />
Kreis des höchsten Adels. Das regeste Leben herrscht dann in dem sonst so todten Städtchen, dessen<br />
Blüthezeit aber vor 50 Jahren unter dem Fürsten Aloys war. Er unterhielt eine Gesellschaft von<br />
Schauspielern, hatte eine vorzügliche Musikkapelle und eine eigene Grenadiergarde (in dem Museum<br />
der barmherzigen Brüder sieht man das Skelett eines Grenadieres, welches 6’ 7” misst 92 ).<br />
89<br />
Möbel.<br />
90<br />
Johann I.. von Liechtenstein „Hanns, der Gewaltige Hofmeister” (Sohn von Hartneid II.).<br />
91<br />
<strong>im</strong> Jahre 1227.<br />
92<br />
6 Fuß 7 Zoll = 208 Zent<strong>im</strong>eter.<br />
Seite 63