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netzwerke in der demokratie diewelt auf französisch ... - Die Gazette

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e<strong>in</strong>es DEFA-Films überhaupt erobernd.<br />

Hier mag die Prom<strong>in</strong>enz <strong>der</strong> Beteiligten<br />

Schutz geboten haben, vielleicht aber<br />

noch viel eher das unglaubliche Tempo<br />

des Films. Denn <strong>der</strong> nicht nur erotische<br />

Witz und die Bissigkeit, die bei genauerem<br />

H<strong>in</strong>gucken jedem <strong>auf</strong>fallen müssten,<br />

zeigen das ganze subversive Potenzial<br />

dieser Legende, bei <strong>der</strong> ja schon die<br />

Bezeichnung verräterisch ist. Wie wohltuend<br />

dabei die quasi nichtaristotelische<br />

Dramaturgie mit all den Zwischentiteln,<br />

die Brechts Gestus des Zeigens so frech<br />

zitieren. Das er<strong>in</strong>nert an frühe Filme <strong>der</strong><br />

DEFA, an e<strong>in</strong>e Tradition, die von <strong>der</strong><br />

Pantoffelhaftigkeit des Illusionsk<strong>in</strong>os<br />

von Hollywood bis <strong>in</strong>s realsozialistische<br />

Babelsberg systemübergreifend erstickt<br />

wurde.<br />

Über 500 Seiten Oral History, unterbrochen<br />

durch verb<strong>in</strong>dende Texte <strong>der</strong><br />

Herausgeber, die uns kulturpolitisch<br />

den Kopf periodisch zurechtrücken.<br />

Ganz wichtig s<strong>in</strong>d zudem die „Spielräume“<br />

genannten Zwischenkapitel,<br />

<strong>der</strong>en Bezeichnung nicht näher erklärt<br />

wird; aber offensichtlich s<strong>in</strong>d es die<br />

Spielräume, die <strong>der</strong> ‚Filmschaffende‘ <strong>in</strong><br />

diesem System gefunden hat.<br />

102<br />

DEFA-Geschichte ist e<strong>in</strong>e verhaltene<br />

Triumph- und e<strong>in</strong>e erkennbare Leidensgeschichte.<br />

Manch e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Beteiligten<br />

hat das früh erkannt o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest beizeiten<br />

zurückprojiziert. Kurt Maetzig,<br />

e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>väter <strong>der</strong> DEFA, darüber,<br />

wie sich se<strong>in</strong> Geschöpf entwickelte,<br />

entwickeln musste:<br />

Anfang <strong>der</strong> fünfziger Jahre sollte dieser<br />

Sturzbach frischer Ideen <strong>in</strong> die engen Röhren<br />

e<strong>in</strong>er stal<strong>in</strong>istischen Kulturpolitik kanalisiert<br />

werden. Plötzlich wurden Vorgaben gemacht:<br />

ästhetische, thematische, politische. Das bekam<br />

dem Film außerordentlich schlecht, denn<br />

beson<strong>der</strong>s e<strong>in</strong>e Krankheit griff um sich, das<br />

war <strong>der</strong> soziologische Schematismus, <strong>der</strong> die<br />

Gestalten ihrer Individualität beraubte und sie<br />

als Sprachrohre e<strong>in</strong>er bestimmten sozialen<br />

Schicht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Klasse o<strong>der</strong><br />

Gruppe darstellen wollte. (...) Das hat dem<br />

DEFA-Film beim Publikum außerordentlich<br />

viele Sympathien gekostet, und es zeigte ihm<br />

dar<strong>auf</strong> die kalte Schulter.“ (S. 73 f.)<br />

Über die historisch vermutlich e<strong>in</strong>malige<br />

Situation bei <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong><br />

Legende von Paul und Paula berichtet Ulrich<br />

Plenzdorf:<br />

W<strong>in</strong>fried Glatze<strong>der</strong>, Angelica Domröse <strong>in</strong> <strong>Die</strong> Legende von Paul und Paula<br />

Es f<strong>in</strong>g damit an, daß da Anfang <strong>der</strong> siebziger<br />

Jahre so e<strong>in</strong>e Zeit war, die e<strong>in</strong>zige Zeit, wo wir<br />

solch e<strong>in</strong>en Film drehen konnten. <strong>Die</strong> Situation<br />

war ja auch mehr o<strong>der</strong> weniger zufällig<br />

entstanden; <strong>der</strong> Stoff war nicht etwa vorher<br />

fertig. Da gab es dieses berühmte Loch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kulturpolitik, als ke<strong>in</strong>er so richtig wußte, was<br />

kommt denn nun, nachdem Ulbricht weg und<br />

Honecker noch nicht so richtig da war. Wir<br />

haben die Gunst <strong>der</strong> Stunde genutzt für diese<br />

Story, die sonst bei <strong>der</strong> DEFA nicht machbar<br />

gewesen wäre. (S. 283)<br />

Für die zahlreichen Resümees, die nach<br />

1989 im Rückblick <strong>auf</strong> das Ganze gezogen<br />

wurden, mögen abschließend zwei<br />

Stimmen stehen, die e<strong>in</strong>es Mannes und<br />

die e<strong>in</strong>er Frau.<br />

Zunächst <strong>der</strong> Regisseur Lothar<br />

Warnecke (1936 - 2005):<br />

Zuerst möchte ich etwas dazu sagen, wie dieser<br />

Begriff „dokumentarer Spielfilm“ [sic]<br />

überhaupt entstand. Ich bilde mir e<strong>in</strong>, daß<br />

diese Filme, die aus <strong>der</strong> DEFA kamen, zwar<br />

alles Filme mit neuem Inhalt waren. Das<br />

heißt, sie waren antifaschistisch, sie versuchten,<br />

sozialistisches Gedankengut zu verwirklichen.<br />

Aber das taten sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Firma, die seit<br />

Jahrzehnten e<strong>in</strong>e ganz bestimmte<br />

Art Filme machte, nämlich Ufa-<br />

Filme. Der Film, <strong>der</strong> damals entstand,<br />

war <strong>der</strong> Ufa-Film mit sozialistischen<br />

Inhalten. (...) Das Problem<br />

waren dann nicht diese theoretischen<br />

Angriffe, die diese Arbeit erfuhr,<br />

son<strong>der</strong>n das Problem war das<br />

Studio. Das Studio war e<strong>in</strong>e Filmfirma,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> ganz bestimmte Technologien<br />

herrschten, und zwar seit<br />

fünfzig Jahren. Seit das Studio existierte,<br />

waren Technologien entwickelt<br />

worden, und diese Technologien<br />

h<strong>in</strong>gen mit <strong>der</strong> Art und Weise<br />

zusammen, <strong>in</strong> Ateliers zu drehen<br />

und zu schm<strong>in</strong>ken und Licht zu<br />

machen. (S. 268)<br />

Schließlich Erika Richter, die<br />

Dramaturg<strong>in</strong> und Filmwissenschaftler<strong>in</strong>:<br />

Aber ich muß zugeben, daß ich <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>em Denken etwas reduziert war<br />

und mir im H<strong>in</strong>blick <strong>auf</strong> die DDR<br />

etwas vorgemacht habe. Ich habe die<br />

Grenzen dieser Gesellschaft, ihre<br />

Beschränktheit nicht scharf genug<br />

gesehen. Aber ich denke wie<strong>der</strong>um,<br />

daß man nur so arbeiten konnte,<br />

wenn man nicht <strong>in</strong> große Konflikte<br />

geraten wollte. Deshalb gab es ja

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