netzwerke in der demokratie diewelt auf französisch ... - Die Gazette
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Der polnische Premierm<strong>in</strong>ister Jaroslaw Kaczynski und <strong>der</strong> ukra<strong>in</strong>ische<br />
Ex-Premierm<strong>in</strong>ister Viktor Fjodorowitsch Janukowitsch <strong>in</strong> Krynica, 2006<br />
sei e<strong>in</strong>fach das Gefühl, <strong>auf</strong> etwas stolz se<strong>in</strong> zu dürfen<br />
(auch wenn, wie die Schauspieler<strong>in</strong> e<strong>in</strong>wirft, Chop<strong>in</strong><br />
„Franzose“ gewesen sei).<br />
Auf <strong>der</strong> abendlich noch recht belebten Promenade<br />
zwischen den Kurhäusern ist Prom<strong>in</strong>enz leicht<br />
erkennbar. Man sieht schon aus mittlerer Entfernung<br />
im Dunkeln e<strong>in</strong>en gleißenden Lichtfleck, um<br />
den e<strong>in</strong>e Traube von Menschen hängt und sich langsam<br />
mit ihm fortbewegt. Im Näherkommen wird<br />
auch die Fernsehkamera sichtbar, die dem Berühmten,<br />
<strong>der</strong> vielleicht nur zu se<strong>in</strong>em eskortierten Wagen<br />
will, <strong>in</strong>mitten <strong>der</strong> Menge zu folgen versucht. In<br />
unserem Fall ist es, sagt jemand aus <strong>der</strong> Traube, e<strong>in</strong><br />
ehemaliger M<strong>in</strong>isterpräsident Polens.<br />
Am nächsten Tag regnet es anfallsweise,<br />
und das freut die Veranstalter und Mo<strong>der</strong>atoren,<br />
weil <strong>der</strong> Regen ihnen Publikum zutreibt.<br />
Für das Thema „<strong>Die</strong> Zukunft <strong>der</strong> Globalisierung“<br />
<strong>in</strong>teressieren sich immerh<strong>in</strong> über zwei Dutzend Teilnehmer.<br />
Das Podium wird von zwei Franzosen<br />
beherrscht: Jean-Jacques Bonnaud (Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong><br />
von Galaxy, Technologie-F<strong>in</strong>ancier) und<br />
Jean-Pierre Pagé (Politologe von Sciences-Po, Paris).<br />
Pagé spricht, <strong>in</strong> dem erwähnten französisierten Englisch,<br />
über e<strong>in</strong>e „neue Form <strong>der</strong> Globalisierung“.<br />
Was <strong>auf</strong> dem Podium Peter Jungen, den Präsidenten<br />
des <strong>auf</strong>recht neoliberalen European Enterprise<br />
Institute <strong>in</strong> Brüssel, zu erbittern sche<strong>in</strong>t: Es sei e<strong>in</strong>fach<br />
unmoralisch, die Globalisierung zu attackieren<br />
(das Wortspiel mit attac kommt nicht ganz durch),<br />
weil das e<strong>in</strong> Angriff <strong>auf</strong> die Ärmsten <strong>der</strong> Welt sei;<br />
und Adam Smith, <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> „unsichtbaren<br />
Hand des Marktes“, sei immerh<strong>in</strong> „Moral-Professor“<br />
gewesen. Der Fehler sei nicht die Globalisierung,<br />
son<strong>der</strong>n zu wenig Globalisierung. Der<br />
russische Politologe Dimitri Kuwal<strong>in</strong> zieht den Rahmen<br />
enger und beschränkt sich <strong>auf</strong> kle<strong>in</strong>ere Räume:<br />
Russland zum Beispiel könne gar nicht versuchen,<br />
das polnische Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen<br />
zu erreichen, das sei unrealistisch; <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Land könne man jetzt hier<br />
e<strong>in</strong>e reiche Region sehen und nur<br />
zwanzig Kilometer weiter e<strong>in</strong>e<br />
Gegend <strong>in</strong> bitterer Armut.<br />
Bevor ich zu me<strong>in</strong>er eigenen Veranstaltung<br />
muss, schaue ich noch bei<br />
„Braucht Europa zu se<strong>in</strong>er Identität<br />
e<strong>in</strong> Sozial-Modell?“ kurz vorbei. Jozef<br />
Pacolet, Politikwissenschaftler aus<br />
Belgien, nennt Schweden als Vorbild:<br />
<strong>Die</strong> Schrumpfung und Alterung <strong>der</strong><br />
Gesellschaft sei nicht das Problem,<br />
son<strong>der</strong>n die Lösung; denn wenn man<br />
das schwedische Modell <strong>der</strong> Altenpflege<br />
beispielsweise <strong>auf</strong> Polen übertrage,<br />
würde das sofort 1,9 Millionen<br />
neue Arbeitsplätze schaffen.<br />
Und dann auch noch <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Sprung zu dem Thema „<strong>Die</strong> Türkei<br />
am Scheideweg: türkische Außenpolitik nach Osten<br />
und Westen“. Das Podium ist wegen <strong>der</strong> Zusammenlegung<br />
mit <strong>der</strong> Veranstaltung „Zypern - Türkei“<br />
mit zehn Personen heillos überfüllt. Der Istanbuler<br />
Politologe Mansur Akgün wirbt gerade für die endliche<br />
Aufnahme <strong>der</strong> Türkei <strong>in</strong> die EU; Serdar Denktas,<br />
<strong>der</strong> Außenm<strong>in</strong>ister von Nord-Zypern, ist vehement<br />
dagegen: Mit <strong>der</strong> Türkei habe Europa ke<strong>in</strong>e<br />
geme<strong>in</strong>same Vision <strong>der</strong> Zukunft, man solle erst e<strong>in</strong>mal<br />
e<strong>in</strong> Zypern ohne griechische Dom<strong>in</strong>anz schaffen.<br />
Und noch e<strong>in</strong>mal schaut die Irak-Krise here<strong>in</strong>:<br />
E<strong>in</strong> Iran mit Nuklearwaffen, me<strong>in</strong>t Lenore G. Mart<strong>in</strong><br />
von <strong>der</strong> Harvard University, sei für die Türkei<br />
völlig unannehmbar.<br />
Auf dem Podium, das ich mo<strong>der</strong>ieren soll, sitzen<br />
neben mir drei Personen: Professor Dr. Peter Hampe,<br />
Wirtschaftswissenschaftler an <strong>der</strong> Universität<br />
Dresden; Peter Bauer, Mitglied des Vorstands von<br />
Inf<strong>in</strong>eon Technologies AG; und Professor Dr. Franz-<br />
Josef Ra<strong>der</strong>macher aus Ulm (den ich für die Nummer<br />
10 dieser Zeitschrift <strong>in</strong>terviewt hatte). Zuerst<br />
gibt Peter Hampe e<strong>in</strong>e klärende Übersicht zu den<br />
treibenden Faktoren <strong>der</strong> Globalisierung. Nach ihm<br />
spricht Peter Bauer aus <strong>der</strong> Praxis e<strong>in</strong>es effektiv weltweit<br />
tätigen Konzerns über die Bedeutung sogenannter<br />
„Leitmärkte“, aber auch über das bevorstehende<br />
Angebot von Autos aus ch<strong>in</strong>esischer<br />
Fabrikation. Zuletzt beleuchtet Franz-Josef Ra<strong>der</strong>macher<br />
die Nachteile e<strong>in</strong>er wuchernden Entwicklung,<br />
die von <strong>der</strong> Informations-Technologie vorangetrieben<br />
wird, und die skandalösen Gefahren e<strong>in</strong>es<br />
steigenden Handelsdefizits <strong>der</strong> USA und <strong>der</strong> globalen<br />
Ungleichheiten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensverteilung.<br />
<strong>Die</strong> Diskussion mit den etwa 30 Zuhörern ist lebhaft:<br />
e<strong>in</strong> Marokkaner, <strong>der</strong> sich als Bloomberg-Journalist<br />
vorstellt, fragt nach <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Erziehung <strong>in</strong><br />
Europa; an<strong>der</strong>e Fragen beziehen sich <strong>auf</strong> die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Arbeitskosten weltweit, e<strong>in</strong>e mögliche<br />
Umgestaltung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzmärkte,<br />
die Geschichte <strong>der</strong> Globalisierung (sie habe doch<br />
schon vor wenigstens hun<strong>der</strong>t Jahren begonnen).