netzwerke in der demokratie diewelt auf französisch ... - Die Gazette

Mit der Schaffung von Ämtern ist es also nicht getan; eine Ämterordnung funktioniert
nur dann zuverlässig, wenn sie von einem starken Dienstgedanken getragen
wird. Durch ihn erst wird sichergestellt, dass die Übernahme von Ämtern
nach dem Prinzip der Pflicht und nicht dem der Beute erfolgt. Als verbindendes
Glied zwischen Elite und Erfüllungsstab ist der Dienstgedanke die sozialmoralische
Deckung des gewährten Vertrauensvorschusses. Eine juridische Sicherung
der Ämter gegen Missbrauch durch korrupte Amtsinhaber ist nur dann möglich,
wenn Dienst die Regel und Missbrauch die Ausnahme ist. Im andern Fall ist die
Justiz selbst Bestandteil einer korrupten politischen Klasse. Wo das der Fall ist,
kann das politische Personal nur durch revoltierende Massenbewegungen ausgetauscht
werden. Das sucht es durch autoritäre Maßnahmen oder mit Gewalt zu
verhindern. Anders formuliert: Wenn Korruption kein Problem einzelner Personen
mehr ist, sondern die gesamte politische Klasse erfasst hat, ist ihr weder mit
Gewaltenteilung noch Elitenzirkulation beizukommen.
Einfallstor für die Korrumpierung politischer Klassen sind klientelistische Austauschbeziehungen
anstelle generalisierten Vertrauens, das gewissen institutionellen
Kontrollen unterliegt. Die Amtsinhaber verstehen sich im Falle des Klientelismus
als Agenten oder Patrone begrenzter, ethnisch oder sozial definierter
Gruppen. Dagegen sind Austauschbeziehungen des generalisierten Vertrauens
der Entwicklung einer Ämterordnung und eines sie tragenden Dienstgedankens
erheblich zuträglicher. Genau dies ist in vielen der im Verlauf der Dekolonisation
neu entstandenen Staaten nicht erfolgt. Sie blieben Klientelstrukturen verhaftet.
Wo der Austausch einer politischen Klasse auf die Installierung neuer Klientelbeziehungen
und die Entmachtung der alten Patrone hinausläuft, ist mit einer periodischen
Abfolge von Bürgerkriegen zu rechnen, die jedoch nicht zu der vom
Republikanismus erhofften Selbstreinigung führt, sondern in deren Folge sich die
Korruption immer tiefer in die politische und soziale Ordnung hineinfrisst.
Staatlichkeit verbleibt dort im Stadium der Prekarität. Wir sprechen inzwischen
von failing states oder failed states. Sie bilden den Endpunkt der Totalkorrumpierung
einer politischen Ordnung.
Über diesen grundsätzlichen Fragen sollte man den Aspekt der Alimentierung
von Amtsträgern nicht unterschätzen: ihre lebenslange Versorgung, deren Höhe
sich nicht an individuell messbarer Leistung bemaß, sondern an die Position
innerhalb der Amtshierarchie gebunden war. Auf dieser Alimentierung, die im
19. Jahrhundert durch eine entsprechende Altersversorgung ergänzt wurde, war
die Erwartung begründet, dass sich die Amtsinhaber den Verpflichtungen des
Dienstes überlassen und nicht nach zusätzlichen Erwerbsmöglichkeiten Ausschau
halten würden. Die konsequente Fernhaltung der staatlichen Beamtenschaft
vom Erwerbsprinzip sollte Korruptionsresistenz herstellen. Obendrein
vertraute man in der juridischen Korruptionsprävention darauf, dass die Drohung
mit dem Verlust der lebenslangen Versorgung eine hinreichende Abschreckung
gegenüber den Versuchungen der Korruption darstellte.
Genau diese Versorgungssicherheit der Staatsbeamten, von der Bürokratie über
die Polizei bis zum Militär, ist in den als prekär identifizierbaren Staaten nicht
gegeben. Im schlimmsten Fall beginnen die Staatsbediensteten wegen ausbleibender
oder zum
Lebensunterhalt
nicht hinreichender
Gehaltszahlungen
damit, sich zusätzlicheErwerbschancen
zu eröffnen,
bzw. begreifen die
begrenzte Zeit, in
der sie ein Amt
innehaben, als die
Spanne, die sie zur
Bereicherung nutzen
müssen. Sie
plündern den Staat
aus, um sich gegen
eine ungewisse Zu-
Eine noch zu entwirrende Vernetzung
Thomas Dashuber
DER FAILED STATE
IST DER ENDPUNKT
DER KORRUMPIERUNG
EINER POLITISCHEN
ORDNUNG
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