netzwerke in der demokratie diewelt auf französisch ... - Die Gazette

Parallelstrukturen
Netzwerke
in der Demokratie
Man spricht seit einiger Zeit gern und gut von Netzwerken und Vernetzung. Offenbar
hat sich kaum jemand Gedanken darüber gemacht, welche Schäden an der
Demokratie die fehlende Legitimierung solcher Verbindungsarbeit verursacht.
Mit der modischen Vokabel der Vernetzung, die heutzutage
jedem und jeder aus Karrieregründen anempfohlen wird, verbindet
sich eine für den demokratischen Rechtsstaat bedrohliche Entwicklung.
Netzwerkbildung, so die nachfolgend entfaltete These, ist die
Form, in der die politische Klasse die ihr vermittelst der Gewaltenteilung
auferlegten Kontrollen und Begrenzungen unterläuft. Um diese
für den demokratischen Rechtsstaat bedrohliche Entwicklung etwas
genauer ins Auge zu fassen, sollen zunächst drei zentrale Begriffe geklärt
werden: politische Klasse, Netzwerk und Gewaltenteilung. Sodann soll
ein genauerer Blick auf das geworfen werden, was zur Besorgnis Anlass
gibt: Korruption.
Der Begriff der politischen Klasse geht auf den italienischen Soziologen
Gaetano Mosca zurück. Die politische Klasse ist, wiewohl beide
Begriffe häufig synonym verwandt werden, von der politischen Elite zu
unterscheiden, die vor allem von Vilfredo Pareto, einem weiteren italienischen
Soziologen, analysiert worden ist. Im Begriff der politischen
Klasse werden das statische Element von Herrschaft und das Zusammengehörigkeitsbewusstsein
der an der Macht Befindlichen herausgestellt.
Dagegen dominiert im Elitebegriff das Dynamische, etwa wenn
Pareto von einer permanenten Zirkulation der Eliten spricht, bei der
Einzelpersonen oder kleinere Gruppen permanent ausgetauscht oder
in revolutionären Umstürzen ganze Eliten gestürzt werden. Die politische
Elite ist also eine Teilmenge der politischen Klasse, wobei für die
Elite ein ausgeprägtes Steuerungsinteresse charakteristisch ist, während
die politische Klasse an Selbsterhaltung,
Einkommensmehrung
und Privilegienausbau interessiert
ist. Dennoch ist die politische
Klasse kein bloßer Kostenfaktor,
der sich bei der nächsten
Verschlankung des Staates einsparen
ließe. Vielmehr ist sie
Wurzelboden und Existenzbedingung
der politischen Elite,
ohne die diese nicht entstehen
und nicht bestehen kann. Zwischen
der politischen Klasse und
dem Souverän besteht eine
Tauschbeziehung, die der politi-
schen Ordnung entsprechend
ausgestaltet ist. Vereinfacht lässt
sich zwischen einer klientelistischen
Beziehung und dem gene-
Von Herfried Münkler
www.enterprise.cam.ac.uk
Netzwerker bei der Arbeit: Networking-Empfang 11. Juni 2001
im Natural History Museum, London
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