netzwerke in der demokratie diewelt auf französisch ... - Die Gazette
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o<strong>der</strong> haben sollte, immer auch als e<strong>in</strong>e<br />
Schöpfung von deutlich kultureller Bedeutung<br />
verstanden. So musste (o<strong>der</strong><br />
durfte) er neben se<strong>in</strong>en möglicherweise<br />
libid<strong>in</strong>ösen Ansätzen, die K<strong>in</strong>o so herrlich<br />
machen, zum<strong>in</strong>dest partiell immer<br />
auch als Kulturgut verstanden und empfunden<br />
werden. In vielen Fällen war dieser<br />
Doppelcharakter die Rettung <strong>der</strong> Filmemacher<br />
und ihrer Filme vor Parteiwillkür<br />
und Verboten.<br />
Das Erfreuliche an <strong>der</strong> Kunstproduktion<br />
à la DEFA ist das immanente gesellschaftliche<br />
Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong>.<br />
Bedenklich h<strong>in</strong>gegen ist <strong>in</strong> vielen Filmen,<br />
selbst jenen, die Freiheit, e<strong>in</strong> Sich-<br />
Ausleben, e<strong>in</strong> Abweichen von Regeln<br />
vermitteln wollen, e<strong>in</strong>e Restriktion <strong>der</strong><br />
Stimmung, sogar e<strong>in</strong> Abschnüren.<br />
Anstatt Szenen ausschw<strong>in</strong>gen, Figuren<br />
sich verselbstständigen zu lassen, endet<br />
im DEFA-Film oft die E<strong>in</strong>stellung wie<br />
abgeschnitten. Brechts Schwierigkeiten<br />
beim Schreiben <strong>der</strong> Wahrheit s<strong>in</strong>d da mit<br />
Händen zu greifen. Fragen des Filmes <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> DDR waren von Anfang an hochsensible<br />
Staatsangelegenheiten, die auch<br />
außerhalb jedes Instanzenzuges die<br />
höchsten Gremien beschäftigten. Entsprechend<br />
brutal schlug zeitweise – und<br />
oft von außen kaum erklärbar – die Repression<br />
von den allerhöchsten Stellen<br />
bis ganz nach unten durch <strong>in</strong> die Filmstudios.<br />
Der Band <strong>Die</strong> Spur <strong>der</strong> Filme ist e<strong>in</strong>e<br />
Oral History, ausgewählt aus rund 400<br />
Stunden Aufzeichnungen von Gesprächen,<br />
die vornehmlich im Filmmuseum<br />
Potsdam mit Autoren, Regisseuren,<br />
nisch-adm<strong>in</strong>istrativen Stabes stattfanden<br />
(zum Teil im Fernsehen bereits ausgestrahlt).<br />
Geführt wurden diese Unterhaltungen<br />
<strong>in</strong> den neunziger Jahren. In<br />
den Selbstzeugnissen wird e<strong>in</strong>e doppelte<br />
Innenansicht geboten: Innenansicht <strong>der</strong><br />
DEFA, aber auch Innenansicht <strong>der</strong><br />
gerade Sprechenden.<br />
<strong>Die</strong> beiden Herausgeber vermeiden<br />
den Fehler, den so viele „Filmbücher“<br />
begehen, nämlich film-immanent zu<br />
bleiben, sei es unter ästhetischen, biografischen<br />
o<strong>der</strong>, bei Film ke<strong>in</strong> Verbrechen,<br />
auch nur tratschorientierten Gesichtspunkten.<br />
Sie kennen ihre DEFA<br />
von <strong>in</strong>nen ganz genau und wissen, dass<br />
Filmproduktion immer auch Kulturpolitik<br />
ist. Im Westen, wo es sich ebenso<br />
verhält, wird dies allerd<strong>in</strong>gs meist camoufliert;<br />
als ob h<strong>in</strong>ter den Projektentscheidungen<br />
Hollywoods nicht auch das<br />
Kalkül <strong>der</strong> politischen Machtdynamik<br />
stünde, und dies mutatis mutandis noch<br />
heute.<br />
Poss und Warnecke stellen jedem Abschnitt<br />
e<strong>in</strong>e kultur- und filmpolitische<br />
Erläuterung <strong>der</strong> Epoche voran. So entsteht<br />
e<strong>in</strong>e Darstellung, die weit mehr<br />
bietet als e<strong>in</strong>e pure Materialsammlung.<br />
Der Band ist nicht nur überzeugend <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Auswahl, son<strong>der</strong>n auch bemerkenswert<br />
gut redigiert und ediert. E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger<br />
Wunsch bleibt offen: e<strong>in</strong> Sach- und<br />
Filmregister noch zusätzlich zum Personenregister.<br />
Anfangs entstanden Spielfilme, die Antwort<br />
zu geben suchen <strong>auf</strong> die Fragen jener<br />
ersten Nachkriegsjahre, Fragen <strong>der</strong><br />
Schuld und Verstrickung,<br />
aber auch<br />
schon <strong>der</strong> aktuellen<br />
Probleme e<strong>in</strong>er geteilten<br />
Stadt (übrigens<br />
lange vor dem Mauerbau,<br />
<strong>der</strong> selbst ja bezeichnen<strong>der</strong>weise<br />
bei<br />
<strong>der</strong> DEFA tabuisiert<br />
blieb). Westdeutschland<br />
wurde ebenfalls<br />
nicht ausgespart. Gewiss<br />
konnten viele<br />
Themen wie deutsche<br />
Flucht und Vertreibung,Problematik<br />
<strong>der</strong> Besatzung,<br />
wirtschaftliche Realität<br />
im Nachkriegsdeutschland<br />
(Ost und<br />
West) nicht e<strong>in</strong>mal<br />
angedeutet werden.<br />
Der Slogan „Von <strong>der</strong><br />
Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“<br />
ist <strong>in</strong> manchen Filmen früh zu ahnen.<br />
Was durchaus als listiges Ausspielen russischer<br />
Großzügigkeit gegen die eigenen<br />
kle<strong>in</strong>bürgerlich-hun<strong>der</strong>tfünfzigprozentigen<br />
Genossen durchgehen konnte – und<br />
so auch mehrfach bestens funktionierte.<br />
<strong>Die</strong> meisten <strong>der</strong> damals realisierten<br />
Filme s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> heutiger Term<strong>in</strong>ologie<br />
Genrefilme, viele davon Problemfilme,<br />
wie man damals <strong>in</strong> Westdeutschland<br />
gesagt hat. In dem Maße, <strong>in</strong> dem die<br />
selbst von den Kommunisten noch lange<br />
gehegte Erwartung <strong>auf</strong> e<strong>in</strong> – natürlich<br />
unter sozialistischem Vorzeichen – wie<strong>der</strong>zuvere<strong>in</strong>igendes<br />
Deutschland verloren<br />
g<strong>in</strong>g, verdichteten sich die Anweisungen<br />
<strong>der</strong> SED an die überaus wichtige,<br />
reichhaltige, so viele Möglichkeiten <strong>der</strong><br />
Bee<strong>in</strong>flussung enthaltende Film<strong>in</strong>dustrie,<br />
das heißt an die DEFA.<br />
Aus <strong>der</strong> ersten Periode heben Poss und<br />
Warnecke Filme hervor wie Das Beil von<br />
Wandsbek (1951), dann bezeichnen<strong>der</strong>weise<br />
bereits e<strong>in</strong>e Literaturverfilmung,<br />
Der Untertan (1951), <strong>in</strong>szeniert<br />
von Wolfgang Staudte, die aber über<br />
e<strong>in</strong>e grelle Karikatur nicht h<strong>in</strong>ausreicht.<br />
Sodann unter an<strong>der</strong>en den im Westen<br />
spielenden Film Das verurteilte Dorf<br />
(1952) über e<strong>in</strong> Dorf, das e<strong>in</strong>em amerikanischen<br />
Militärflugplatz weichen soll.<br />
O<strong>der</strong> sie behandeln das zweiteilige offiziöse<br />
Porträt Ernst Thälmann (1954<br />
bis 1955). Von diesem distanziert sich<br />
se<strong>in</strong> Regisseur Kurt Maetzig nicht nur<br />
post festum, son<strong>der</strong>n er betont auch, dass<br />
er schon zur Zeit <strong>der</strong> Realisierung Bedenken<br />
gehabt habe.<br />
Schauspielern und Mitglie<strong>der</strong>n des tech- Günther Simon <strong>in</strong> Ernst Thälmann – Sohn se<strong>in</strong>er Klasse<br />
Fotos: Poss, Warnecke, <strong>Die</strong> Spur <strong>der</strong> Filme<br />
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