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netzwerke in der demokratie diewelt auf französisch ... - Die Gazette

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stellungen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen und Verän<strong>der</strong>ungen<br />

zu akzeptieren, ohne dabei die eigenen und<br />

wesentlichen Grundüberzeugungen aus dem Blick<br />

zu verlieren. <strong>Die</strong> h<strong>in</strong>duistische Universalität unterscheidet<br />

sich vom Universalismus-Anspruch an<strong>der</strong>er<br />

großer Religionen: Sie schließt die Überzeugung<br />

e<strong>in</strong>, dass die wichtigsten E<strong>in</strong>sichten des H<strong>in</strong>duismus<br />

auch allen an<strong>der</strong>en Religionen zugrundeliegen. Der<br />

„fremde Glaube“ ist letztendlich immer auch Teil<br />

des eigenen.<br />

Beide Aspekte haben Folgen für den Handlungsspielraum<br />

des H<strong>in</strong>du-Nationalisten und unterscheiden<br />

se<strong>in</strong> Verhalten maßgeblich von nationalistischen<br />

und fundamentalistischen Aktivisten an<strong>der</strong>er<br />

Religionen. Beg<strong>in</strong>nen wir mit dem Thema <strong>der</strong> Toleranz.<br />

<strong>Die</strong> Militanz des H<strong>in</strong>du-Nationalisten br<strong>in</strong>gt ihn<br />

häufig <strong>in</strong> Konflikt mit dem Toleranz-Thema des<br />

h<strong>in</strong>duistischen grand récit. Der H<strong>in</strong>du-Nationalist<br />

ersche<strong>in</strong>t gespalten zwischen e<strong>in</strong>em radikalen<br />

Wi<strong>der</strong>stand gegenüber allen fremden E<strong>in</strong>flüssen,<br />

die die Wurzeln <strong>der</strong> H<strong>in</strong>du-Geme<strong>in</strong>schaft untergraben,<br />

und <strong>der</strong> Ethik <strong>der</strong> Toleranz, die für die H<strong>in</strong>du-<br />

Religion (den H<strong>in</strong>du dharma) bestimmend ist,<br />

obgleich er <strong>in</strong> <strong>der</strong> gegenwärtigen Phase stärker <strong>in</strong><br />

Richtung militanter Ufer zu steuern sche<strong>in</strong>t. Schon<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gründungsurkunde <strong>der</strong> VHP sieht sich <strong>der</strong><br />

H<strong>in</strong>du-Nationalist gezwungen, sich <strong>der</strong> Offenheitsund<br />

Toleranzfor<strong>der</strong>ung des H<strong>in</strong>duismus zuzuwenden.<br />

So kann man lesen, dass „die H<strong>in</strong>du-Gesellschaft<br />

heute mit Herausfor<strong>der</strong>ungen gewaltiger<br />

Ausmaße konfrontiert (ist), die <strong>in</strong> ihrem Charakter<br />

(...) zutiefst komplex s<strong>in</strong>d. Aber Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

und Probleme, Diffamierungen und Wandel, Entsetzen<br />

und Unterdrückung s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> H<strong>in</strong>du-Geme<strong>in</strong>schaft<br />

(samaj) nicht fremd (...) <strong>Die</strong> Geschichte<br />

steht als eloquentes Beispiel dafür, dass die H<strong>in</strong>du-<br />

Geme<strong>in</strong>schaft nie wi<strong>der</strong>strebend o<strong>der</strong> allergisch<br />

gegenüber Wie<strong>der</strong>anpassungen ihres äußeren Verhaltens<br />

war, allerd<strong>in</strong>gs ohne dabei ihre Seele und<br />

ihren Geist zu opfern.“<br />

Auch bei dem für H<strong>in</strong>du-Nationalisten<br />

zentralen Thema <strong>der</strong> religiösen Konversion achtet<br />

<strong>der</strong> H<strong>in</strong>du-Nationalist streng dar<strong>auf</strong>, sich nicht offen<br />

gegen Individuen zu stellen, die sich aus freier<br />

Wahl e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Glauben zuwenden. Mit<br />

großer Militanz aber reagiert er, wenn es sich um<br />

Konversionen handelt, die <strong>auf</strong>grund f<strong>in</strong>anzieller<br />

Verlockungen und an<strong>der</strong>er Bestechungen stattf<strong>in</strong>den<br />

(überwiegend von Missionaren des Christentums).<br />

Trotz se<strong>in</strong>er immer wie<strong>der</strong> durchbrechenden<br />

Militanz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abgrenzung zum Islam und zur verwestlichten<br />

Mo<strong>der</strong>ne fühlt sich <strong>der</strong> Nationalist<br />

nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, e<strong>in</strong> Ideal <strong>auf</strong>zugeben, das sich mit<br />

Mahatma Gandhis bekannten Worten etwa so umreißen<br />

lässt:<br />

„Ich will nicht, dass me<strong>in</strong> Haus <strong>auf</strong> allen vier Seiten<br />

Wände hat und se<strong>in</strong>e Fenster zugestopft s<strong>in</strong>d. Ich<br />

möchte, dass die Kulturen aller Län<strong>der</strong> so frei wie<br />

möglich durch me<strong>in</strong> Haus geweht werden. Aber ich<br />

weigere mich, dass sie mir den Halt unter me<strong>in</strong>en<br />

Füßen wegblasen.“<br />

Obwohl <strong>der</strong> H<strong>in</strong>du-nationalistische Diskurs reich<br />

an Bil<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es gefestigten Glaubens ist, <strong>der</strong> viele<br />

Angriffe im Angesicht großer Stürme überlebt und<br />

ausgehalten hat – vom militanten Islam und von<br />

missionierenden Christen bis zu den Kräften des<br />

Kolonialismus und <strong>der</strong> Globalisierung –, kann <strong>der</strong><br />

H<strong>in</strong>du-Nationalist sich nicht ganz dazu durchr<strong>in</strong>gen,<br />

diese Begegnungen alle<strong>in</strong> als Konfrontation zu<br />

betrachten. <strong>Die</strong> For<strong>der</strong>ung nach Toleranz hält ihn<br />

davon ab, se<strong>in</strong>e Antwort <strong>auf</strong> die Globalisierung<br />

lediglich <strong>in</strong> Begriffen von Verlierern und Gew<strong>in</strong>nern<br />

zu artikulieren. Denn die Prozesse <strong>der</strong> Integration,<br />

Transformation, Wie<strong>der</strong>behauptung und<br />

Neubelebung haben ihm nicht nur neues Selbstbewusstse<strong>in</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong> starkes Forum für die<br />

Durchsetzung se<strong>in</strong>er Interessen und Ideologien gegeben.<br />

<strong>Die</strong> Fe<strong>in</strong>dseligkeit des H<strong>in</strong>du-Nationalisten<br />

gegenüber <strong>der</strong> Globalisierung wird zum Teil dadurch<br />

entschärft, dass er sie als e<strong>in</strong>e zweite Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

betrachtet, die ihm e<strong>in</strong>e Möglichkeit bietet,<br />

an ihrer Gestaltung aktiv mitzuwirken.<br />

In den letzten zwanzig Jahren ist es dem H<strong>in</strong>du-<br />

Nationalisten möglicherweise gelungen, die traditionellen<br />

Unterschiede <strong>der</strong> Doktr<strong>in</strong>en zu verwischen,<br />

mit denen sich die Sekten im H<strong>in</strong>duismus<br />

vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abheben. Was er allerd<strong>in</strong>gs bisher noch<br />

nicht geschafft hat, ist, die Denkweise <strong>der</strong> Traditionalisten,<br />

die noch immer die Mehrheit aller H<strong>in</strong>dus<br />

bilden, maßgeblich zu verän<strong>der</strong>n – zum<strong>in</strong>dest was<br />

se<strong>in</strong> Verhalten <strong>auf</strong> die Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> äußeren<br />

Welt angeht. Der Traditionalist neigt weniger<br />

dazu, sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Defensive zu fühlen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />

ideologisch festgelegten aktivistischen Standpunkt<br />

e<strong>in</strong>zunehmen, als <strong>der</strong> H<strong>in</strong>du-Nationalist. Das Toleranz-Thema<br />

des grand récit h<strong>in</strong>terlässt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Vorstellungen und Handlungen entsprechend tiefere<br />

Spuren. So mag <strong>der</strong> H<strong>in</strong>du-Nationalist Jesus<br />

Christus als e<strong>in</strong>e Persönlichkeit respektieren, die <strong>der</strong><br />

Verehrung und des Respekts wert ist (e<strong>in</strong>e Höflichkeit,<br />

die sich übrigens nicht <strong>auf</strong> den Propheten<br />

Mohammed erstreckt), e<strong>in</strong> traditioneller Vaishnava<br />

h<strong>in</strong>gegen hat nicht e<strong>in</strong>mal Schwierigkeiten, Jesus <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Sohn Krishnas zu verwandeln und ihm den<br />

Status e<strong>in</strong>es Avatars zu geben, genauso wenig wie e<strong>in</strong><br />

Vaishnava-Guru e<strong>in</strong> Problem damit hat, se<strong>in</strong>e Lehrreden<br />

mit Beispielen aus dem Evangelium und aus<br />

dem Leben christlicher Heiliger zu schmücken.<br />

Größere Toleranz sche<strong>in</strong>t aber auch mit größerer<br />

Gleichgültigkeit e<strong>in</strong>herzugehen. Dementsprechend<br />

kümmert sich <strong>der</strong> H<strong>in</strong>du-Traditionalist – im Gegensatz<br />

zum H<strong>in</strong>du-Nationalisten – nicht so sehr um<br />

die Auswirkungen <strong>der</strong> Globalisierung <strong>auf</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Glauben und tendiert stattdessen dazu (falls er ihnen<br />

überhaupt se<strong>in</strong>e Aufmerksamkeit schenkt), sie als<br />

Angelegenheiten zu betrachten, mit denen „westliche<br />

Antworten <strong>auf</strong> westliche Fragen“ gefunden werden<br />

müssen.<br />

Das zweite große Thema – die Universalität – entfacht<br />

im H<strong>in</strong>du-Nationalisten e<strong>in</strong>erseits die Hoff-

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