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netzwerke in der demokratie diewelt auf französisch ... - Die Gazette

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Wir könnten vergleichbare Chancen auch bei<br />

e<strong>in</strong>er Reihe an<strong>der</strong>er großer Problemfälle demonstrieren:<br />

beim Terrorismus, bei <strong>der</strong> Gefährdung <strong>der</strong><br />

Umwelt o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Energieverknappung. Ganz<br />

allgeme<strong>in</strong> lässt sich sagen: Es ist <strong>in</strong> unserem Interesse,<br />

mit allen Kräften zu allen Initiativen beizutragen,<br />

die die Entstehung e<strong>in</strong>er global governance<br />

begünstigen – wie wir es ja bereits seit <strong>der</strong> Präsidentschaft<br />

von Jacques Chirac (sogar unter wenig hilfreichen<br />

Umständen: gegen die Multilateralismus-<br />

Allergie <strong>der</strong> Bush-Regierung) bereits begonnen<br />

haben. Das ist für uns e<strong>in</strong> wesentlicher Faktor für<br />

e<strong>in</strong>e stärkere Rolle Frankreichs als globaler Macht<br />

und für <strong>der</strong>en künftige Verstetigung.<br />

- <strong>Die</strong> europäische Dimension: Wir müssen unser<br />

Europa-Projekt umformulieren. Der nächste <strong>französisch</strong>e<br />

Präsident wird <strong>in</strong> die europäischen Institutionen<br />

Bewegung br<strong>in</strong>gen müssen, um damit auch<br />

unseren Landsleuten das Gefühl zu geben, dass Europa<br />

s<strong>in</strong>nvoll ist. Müssen wir jedoch diesen Prozess<br />

wirklich so be<strong>auf</strong>sichtigen und beherrschen, wie wir<br />

es im Umgang mit den Deutschen zu tun gewohnt<br />

s<strong>in</strong>d? Das ist womöglich nicht unverzichtbar. Wenn<br />

die Neugestaltung <strong>der</strong> EU-Institutionen durch<br />

an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> bewirkt wird (und dabei wird es nicht<br />

alle<strong>in</strong> um die Institutionen gehen können), muss das<br />

für Frankreich ke<strong>in</strong> Drama se<strong>in</strong>. In jedem Fall wird<br />

sie nicht gegen uns und nicht ohne uns vor sich<br />

gehen. Verteidigen wir also unsere Interessen, br<strong>in</strong>gen<br />

wir unsere Ideen e<strong>in</strong>, tragen wir zur Neugestaltung<br />

bei, auch ohne dass wir die ersten Beweger s<strong>in</strong>d.<br />

In diesem Zusammenhang beunruhigt e<strong>in</strong><br />

bestimmtes Proce<strong>der</strong>e <strong>der</strong> EU-Treffen, das sich seit<br />

dem letzten <strong>französisch</strong>en EU-Vorsitz (im Jahr<br />

2000) abzeichnet: die Erstellung e<strong>in</strong>es Aufgabenkatalogs<br />

unter deutschem Vorsitz samt <strong>der</strong> Verpflichtung,<br />

ihn unter <strong>französisch</strong>em Vorsitz (im zweiten<br />

Halbjahr 2007) <strong>in</strong> Ergebnisse umzusetzen. <strong>Die</strong>ses<br />

Arbeitsschema erlaubt uns weniger als jedes an<strong>der</strong>e,<br />

unsere Positionen und Interessen zu vertreten, und<br />

lädt uns außerdem die Verantwortung für das Nicht-<br />

Erreichen <strong>der</strong> Ziele <strong>auf</strong>. <strong>Die</strong>ses vergiftete Geschenk<br />

sollten wir mit großer Vorsicht entgegennehmen.<br />

Wir sollten uns vor allem nicht <strong>in</strong> den Prioritäten<br />

täuschen: Frankreich ist von Natur aus e<strong>in</strong>e europäische<br />

Macht und wird <strong>in</strong> allen europäischen Fragen<br />

<strong>in</strong>soweit e<strong>in</strong> größeres Gewicht haben, als es sich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Welt se<strong>in</strong>en Platz als globale Macht sichert.<br />

Geben wir uns also nicht länger dem schiefen (und<br />

realitätsfernen) E<strong>in</strong>druck h<strong>in</strong>, wir existierten global<br />

lediglich <strong>auf</strong> dem Umweg über Europa. Das ist e<strong>in</strong>e<br />

Wahrnehmung, die man außerhalb des Alten Kont<strong>in</strong>ents<br />

nirgendwo antrifft.<br />

- <strong>Die</strong> westliche Dimension: Es gibt noch e<strong>in</strong>e weitere<br />

Denkgewohnheit, mit <strong>der</strong> wir brechen sollten:<br />

<strong>der</strong> Neigung, uns draußen als e<strong>in</strong> Land zu präsentieren,<br />

das se<strong>in</strong>e Verankerung im Westen nicht wirklich<br />

ver<strong>in</strong>nerlicht hat. In <strong>der</strong> Welt von heute mit 6,5 Milliarden<br />

Bewohnern stellt <strong>der</strong> Westen allerhöchstens<br />

e<strong>in</strong>e Milliarde; Probleme <strong>der</strong> Identität werden zusehends<br />

wesentlicher; <strong>in</strong>nerhalb unserer Grenzen<br />

haben wir den Ehrgeiz, Menschen aus an<strong>der</strong>en Kulturen<br />

als <strong>der</strong> unseren zu <strong>in</strong>tegrieren: In e<strong>in</strong>er solchen<br />

Welt müssen wir uns als das präsentieren, was wir<br />

s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>e westliche Macht. Freilich e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

westliche Macht als die angelsächsischen Län<strong>der</strong> mit<br />

ihrem spezifischen historischen Erbe. Auch <strong>in</strong> dieser<br />

Lage sollten wir nicht <strong>auf</strong> unsere Identität verzichten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Welt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> jede ethnische Gruppe <strong>auf</strong> <strong>der</strong><br />

ganzen Welt die ihre zu behaupten sucht. E<strong>in</strong> geeignetes<br />

Mittel, bei dem wir wirklich wir selbst und<br />

unbeugsam westlich s<strong>in</strong>d, ist <strong>in</strong> unserer Außenpolitik<br />

das Bemühen, die Werte, zu <strong>der</strong>en Verbreitung<br />

wir so viel beigetragen haben, stärker zu verteidigen:<br />

die Menschenrechte, die Demokratie, die Herrschaft<br />

des Rechts, die Toleranz.<br />

Der Text ist die auszugsweise Übersetzung (von Philipp Reuter)<br />

des Artikels Lettre d’Amérique, <strong>in</strong>: Commentaire, no. 115,<br />

Automne 2006. Wir danken <strong>der</strong> Redaktion von Commentaire<br />

für die freundliche Genehmigung.<br />

Jacques Chirac und Angela Merkel, die Ratspräsident<strong>in</strong> bis Mitte 2007<br />

Georges Boulougouris © EC

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