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Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

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Wie schrecklich dieses Unglück war und die »grausame Ungerechtigkeit der Europäer« (noch einmal<br />

Adam Smith), offenbart ein Blick auf die frühesten Opfer, Haiti und Bengalen. Die Eroberer<br />

beschrieben diese Länder als wohlhabend, reich an Schätzen und dichtbevölkert. Sie wurden zu einer<br />

Quelle ungeheuren Reichtums für die französischen und britischen Ausbeuter und sind jetzt Symbole<br />

des Elends und der Verzweiflung. Nur ein Land des Südens hat es geschafft, in den Club der Reichen<br />

aufgenommen zu werden und der Kolonisierung zu entgehen, nämlich Japan, das sich, wie auch einige<br />

seiner ehemaligen Kolonien, allen von der westlichen Vormacht diktierten »Rezepten« für<br />

wirtschaftliche Entwicklung widersetzen konnte. Das war der »ersten Kolonie der modernen Welt«,<br />

Irland, nicht vergönnt. Es wurde deindustrialisiert und radikal entvölkert, 11 was auch an der rigiden<br />

Anwendung jener heiligen »Gesetze der politischen Ökonomie« lag, die während der um 1840<br />

grassierenden Hungersnöte sinnvolle Hilfe oder auch nur die Beendigung der Lebens-mittelexporte<br />

unmöglich machten. Darunter hat Irlands Wirtschaft noch <strong>bis</strong> weit ins 20. Jahrhundert hinein<br />

gelitten. 12 Was Adam Smith bereits deutlich erkannte, liegt heute offen zutage, man muß es nur sehen<br />

wollen.<br />

3. Testfall Irak<br />

Da jene, die den Beginn einer neuen Ära mit so viel Stolz verkündeten, ihre Grundsätze und Absichten<br />

vor allem anhand der westlichen Politik gegenüber dem Irak verdeutlichten, ist es angemessen, die<br />

Entwicklung dieser Politik genauer zu untersuchen. Was George Bushs »<strong>Neue</strong> Weltordnung« wirklich<br />

bedeutete, zeigte sich spätestens direkt nach dem Golfkrieg - für den übrigens der Terminus »Golf-<br />

Massaker« angemessener ist, denn Krieg kann man es nicht nennen, wenn eine Seite die andere aus<br />

sicherer Entfernung niedermetzelt und dabei die zivilen Strukturen der Gesellschaft zerstört. Danach<br />

sahen die Sieger gleichmütig zu, wie Saddam aufständische Schiiten und Kurden direkt vor den Augen<br />

von »Stormin' Norman« Schwartzkopf niederwarf, dessen Truppen rebellierenden irakischen<br />

Generälen sogar den Zugang zu erbeuteten Waffen verwehrten. David Howell, Vorsitzender des<br />

britischen Unterhauskomitees für auswärtige Beziehungen, meinte, die westliche Politik habe<br />

»Saddam zu verstehen gegeben: ›Alles in Ordnung, du kannst an Greueltaten verüben, was du willst.<br />

‹« Diese Greueltaten seien, versicherten uns die Regierung und die Medien, zwar nicht schön<br />

anzusehen, aber notwendig zwecks Sicherung der »Stabilität« - ein magischer Begriff, der für alles<br />

steht, was die Herrschenden für erforderlich halten. 13<br />

Nachdem Washington so geholfen hatte, Ruhe und Stabilität auf friedhofsmäßige Weise herzustellen,<br />

wandte es sich der nächsten Aufgabe zu und trat als wirtschaftlicher Würgeengel auf. Auch hier<br />

leistete Thomas Friedman wieder mediale Schützenhilfe: Die Bevölkerung des Irak werde in<br />

Geiselhaft genommen, um das Militär <strong>zum</strong> Sturz von Saddam zu bewegen. Würden die Irakis nur<br />

genügend leiden, könnte ein General die <strong>Mac</strong>ht an sich reißen, »und dann hätte Washington die beste<br />

aller Welten: eine Junta, die ohne Saddam Hussein den Irak mit eiserner Faust regiert« und, wie einst<br />

er selbst, »zur Zufriedenheit der amerikanischen Verbündeten Türkei und Saudiarabien das Land<br />

zusammenhält«. 14<br />

Der Süden, der in das Triumphgeheul nicht einstimmte, zeigte sich von dieser Politik keineswegs<br />

überrascht. Typisch war die Reaktion der Times of India, die dem Westen vorwarf, er suche »ein<br />

regionales Jalta, bei dem die mächtigen Nationen die ara<strong>bis</strong>chen Beutestücke unter sich aufteilen«.<br />

Das Verhalten der Westmächte habe »die westliche Zivilisation von ihrer schäbigsten Seite gezeigt:<br />

ihren ungezügelten Appetit auf Vorherrschaft, ihre morbide Vorliebe für hochtechnisierte militärische<br />

<strong>Mac</strong>ht, ihr Unverständnis für ›fremde‹ Kulturen, ihren abstoßenden Chauvinismus ...« Eine führende<br />

Monatszeitschrift in Malaysia verurteilte »den feigsten Krieg, der je auf diesem Planeten ausgetragen<br />

wurde«. Der Auslandsredakteur einer großen brasilianischen Tageszeitung schrieb: »Was im Golf<br />

praktiziert wird, ist reine Barbarei, die ironischerweise im Namen der Zivilisation verübt wird. Bush<br />

trägt dafür nicht weniger Verantwortung als Saddam ... Beide, hart und unbeugsam, wie sie sind,<br />

haben nur die kalte Logik geopolitischer Interessen im Auge, während Menschenleben ihnen nichts<br />

11

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