02.11.2013 Aufrufe

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

amerikanische Investitionen zogen erheblich an«, vermerkt Christopher Simpson in einer Studie.<br />

»Zwischen 1929 und 1940 stiegen sie um 48,5 Prozent, während sie in anderen kontinentaleuropäischen<br />

Ländern stark zurückgingen« und in Großbritannien annähernd stabil blieben. 68<br />

In einer Untersuchung britischer Regierungsdokumente kommt Lloyd Gardner zu dem Schluß, daß für<br />

die Briten noch während des Hitler-Stalin-Pakts (der <strong>bis</strong> Juni 1941 in Kraft blieb) die Sowjetunion<br />

»das unmittelbare Problem« war, nicht aber Deutschland. Hohe britische Regierungsbeamte hielten<br />

den Krieg für notwendig und »konzentrierten sich nicht auf die deutschen Bestrebungen zur Teilung<br />

[Polens], die London bereits für akzeptabel erklärt hatte, sondern auf den Pakt zwischen Nazis und<br />

Sowjets, der inakzeptabel war«. 69<br />

Die Unterstützung für den Faschismus fand ihr Ende, als man die Gefahr erkannte, die er für die<br />

Interessen des Westens darstellte. Aber schon bald darauf entdeckte man erneut seinen Wert. In Italien<br />

restaurierten amerikanische Besatzungstruppen ab 1943 die konservative Ordnung und setzten auch<br />

faschistische Kollaborateure wieder in Amt und Würden ein, während der anti-faschistische<br />

Widerstand zerschlagen wurde. Der Aushöhlung der italienischen Demokratie widmete sich die CIA<br />

mindestens <strong>bis</strong> 1970 (spätere Dokumente liegen nicht vor). In Griechenland kam es zur ersten<br />

Kampagne, die in der Nachkriegszeit gegen Aufständische geführt wurde. Sie kostete erhebliche<br />

Opfer.<br />

Die maßgebenden Werte der britischen und amerikanischen Politik zeigten sich mit besonderer<br />

Klarheit in Norditalien, das von der Widerstandsbewegung kontrolliert wurde. Als die Armeen der<br />

Alliierten dort eintrafen, fanden sie eine funktionierende soziale und wirtschaftliche Ordnung vor. Der<br />

britische Attaché, W. H. Braine, der die Unterstützung der Labour Party genoß, war besonders besorgt<br />

über eigenständige Initiativen der italienischen Arbeiter. Sie hatten erfolgreich gegen Entlassungen<br />

gekämpft und, schlimmer noch, Räte gegründet, d. h., »willkürlich« Firmeneigner und Geschäftsführer<br />

durch eigene Repräsentanten ersetzt. Braine ergriff sofort die Initiative, um diesen Prozeß rückgängig<br />

zu machen. Zwar war die Arbeitslosigkeit, wie er erkannte, das vordringlichste Problem, aber das<br />

mußte Italien selbst lösen, während die Alliierten sich um die Wiederherstellung der alten Ordnung zu<br />

kümmern hatten. Folglich wurden Enteignungen aufgehoben, die Widerstandskräfte entwaffnet und<br />

ihr »Komitee zur nationalen Befreiung« zur Ordnung gerufen, wie der Historiker Federico Romero<br />

beifällig vermerkt. Die Widerstandsbewegung, schreibt er, »war aus militärischer Sicht zwar nützlich<br />

gewesen, hatte bei den Alliierten jedoch immer schon Mißtrauen hervorgerufen, weil sie eine freie<br />

politische und soziale Bewegung war, die sich nur schwer kontrollieren ließ«. Sie war »zu einer<br />

Quelle unabhängiger <strong>Mac</strong>ht [geworden], und das mußte geändert werden«. Danach konnte die<br />

Militärregierung, wie der Leiter der Alliierten Kontrollkommission, US-Admiral Ellery Stone,<br />

erklärte, ihr Augenmerk darauf richten, »die Italiener im Geist der demokratischen Lebensweise zu<br />

erziehen«. Sein Bericht wurde vom Außenministerium übrigens als »ausgezeichnet« gelobt.<br />

Vor allem die Alliierte Militärregierung wandte sich gegen die Arbeiterräte und befand sich damit »im<br />

Einklang mit den Ansichten der Industriellen und der gemäßigten politischen Kräfte«, bemerkt<br />

Romero, wobei er das Wort »gemäßigt« im konventionellen Sinn benutzt. Ziel war es, die <strong>Mac</strong>ht<br />

wieder in die Hände des Managements zu legen, »ideologische Vorstellungen zu einer<br />

Neustrukturierung der Gesellschaftsordnung« zu überwinden, die traditionelle »soziale Hierarchie« zu<br />

bewahren und den Kampf gegen »Privateigentum und Hierarchie in der Industrie« sowie »von<br />

Klassenkriterien geleitete antifaschistische Säuberungsaktionen« zu verhindern. Unter einer Mitte-<br />

Rechts-Regierung, mit gespaltenen und marginalisierten Gewerkschaften sowie »Ordnung, Disziplin<br />

und der Kontrolle des Managements am Arbeitsplatz« gäbe es eine willkommene Rückkehr zur<br />

»Normalität«, wobei die »industriellen Verhältnisse auf der dreigeteilten Kooperation zwischen<br />

Regierung, Industrie und Gewerkschaften beruhen«. Der Militärregierung gelang es, »das Streben der<br />

Arbeiterklasse nach politischer <strong>Mac</strong>ht in Schach zu halten, die radikalsten Impulse des siegreichen<br />

Antifaschismus zu zügeln und die Strukturen der industriellen <strong>Mac</strong>ht unter Kontrolle zu bringen, um<br />

so die Vorrechte der Unternehmer zu sichern«.<br />

Überhaupt stellten die Arbeiter ein ziemliches Problem dar, weil sie in den Gewerkschaften »sehr<br />

einflußreich« waren und die Ordnung untergruben, kommentiert Romero. Man mußte ihnen den<br />

32

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!