02.11.2013 Aufrufe

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

angeraten, eine Art von »Wirtschaftsnationalismus«, verbunden mit öffentlichen Investitionen, zu<br />

fördern, auch wenn sie von ihren Grundsätzen her dagegen waren. Abgesehen davon ist auch<br />

hochkonzentrierte <strong>Mac</strong>ht nicht total und allumfassend. Was sich gleich bleibt, ist eine Reihe von<br />

Binsenweisheiten: die Befolgung der Maxime »Alles für uns und nichts für die anderen«, die<br />

Ausrichtung der Politik an den Interessen ihrer »hauptsächlichen Architekten«, Churchills Doktrin von<br />

den »reichen Nationen« sowie die Märchen über Altruismus, gute Absichten und Naivität, die von den<br />

»verantwortlichen Männern« erzählt werden, damit sie ihr Gewissen beruhigen, die Öffentlichkeit<br />

besänftigen und den Boden für das nächste »Experiment« bereiten können.<br />

3. »Die Welt regieren«<br />

Die erste Aufgabe, die die Geschäftswelt den Planungsstrategen 1945 stellte, war der Wiederaufbau<br />

der reichen, vom Krieg jedoch geschädigten Industriegesellschaften. Frühe Vorschläge, Deutschland<br />

in eine Agrarnation zu verwandeln, wurden ebenso schnell verworfen wie versprochene<br />

Reparationszahlungen für das verwüstete Osteuropa. Deutschland und Japan sollten die »großen<br />

Werkstätten« und zukünftigen industriellen Kernländer innerhalb des übergreifenden Rahmens der<br />

amerikanischen Weltmacht werden.<br />

Verschiedene miteinander verknüpfte Probleme mußten angegangen werden: Zunächst war der<br />

antifaschistische Widerstand zugunsten der traditionellen, durch ihre Verbindungen mit dem<br />

Faschismus diskreditierten <strong>Mac</strong>hthaber zurückzudrängen, sodann der Sozialismus im Osten<br />

einzudämmen, und schließlich das Gespenst einer neutralistischen, ihrem Charakter nach sozialdemokratischen<br />

dritten <strong>Mac</strong>ht zu bannen. Der schlimmste geopolitische Alptraum der US-Strategen war ein<br />

mehr oder weniger vereinigtes Europa, das sich Washingtons Kontrolle entziehen würde; die Furcht<br />

vor einer möglichen Einheit der europäischen Kontinentalstaaten hatte schon die britische Politik der<br />

vergangenen Jahrhunderte bestimmt.<br />

Vor allem aber galt es, die »Dollarlücke« zu schließen, damit die Industriemächte amerikanische<br />

Waren und Landwirtschaftsprodukte kaufen konnten. Ohne diese Märkte würde, wie Dean Acheson<br />

und andere befürchteten, die US-Wirtschaft in die Depression zurückfallen oder staatliche Eingriffe in<br />

die ökonomischen Privatsektoren hinnehmen müssen. Zudem hatten die Kriegsgewinne den<br />

Wirtschaftsbossen große Kapitalreserven verschafft, die sie vor allem in die reichen Länder des<br />

Westens investieren wollten. Schon aus diesen Gründen stand der Wiederaufbau der Industrienationen<br />

gemäß US-Interessen ganz oben auf der Tagesordnung.<br />

Zunächst wurde Ende der vierziger Jahre ein gewaltiges Hilfsprogramm (zu dem auch der Marshall-<br />

Plan gehörte) in Gang gesetzt, das jedoch nur begrenzte Ergebnisse lieferte. Erfolgreicher war der<br />

Militärkeynesianismus, der sich durch seine umfangreichen Wiederaufrüstungsbemühungen und den<br />

Koreakrieg als kräftiges Stimulans für die westeuropäische und japanische Wirtschaft erwies. Später<br />

verhalf der Vietnamkrieg Europa zu Reichtum, machte Japan zu einer führenden Industrienation und<br />

beflügelte auch die ostasiatischen Schwellenländer, verursachte jedoch für die USA Kosten, die<br />

schließlich nicht mehr als tragbar erschienen.<br />

Die traditionellen Dienstleistungsgebiete fanden innerhalb dieses Rahmens ihren natürlichen Platz.<br />

Ihre Bedeutung wurde noch größer, weil der Westen die Kontrolle über die landwirtschaftlichen<br />

Gebiete und Energiereserven Osteuropas verloren hatte. Die Strategen in Washington wiesen jeder<br />

Region ihren Status und ihre »Funktion« zu. Die Vereinigten Staaten sollten sich der westlichen<br />

Hemisphäre annehmen und die französische und britische Konkurrenz daraus verdrängen. Die<br />

Monroe-Doktrin wurde auf den Nahen Osten ausgeweitet, wo die Briten Hilfestellung leisten durften.<br />

Afrika würde für den Wiederaufbau Westeuropas »ausgebeutet« werden, während Südostasiens<br />

»hauptsächliche Funktion darin besteht, für Japan und Westeuropa als Quelle von Rohstoffen zu<br />

dienen«. So sahen es 1948/49 die Pläne von George Kennan und seinen Strategen im<br />

Außenministerium vor. Die USA würden Rohstoffe aus den ehemaligen Kolonien beziehen und<br />

65

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!