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Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

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damit zur Schuldenkrise in der Dritten Welt, die sich wiederum negativ auf die Stabilität der Banken<br />

auswirkte, denen es immerhin gelang, die faulen Schulden an die öffentliche Hand weiterzureichen.<br />

Natürlich blieben die riesigen Mengen unreguliert fließenden Kapitals nicht ohne Auswirkung auf die<br />

Weltwirtschaft. Eatwell bemerkt: »1971, kurz vor dem Zusammenbruch des Systems von Bretton<br />

Woods, dienten etwa 90 Prozent aller Transaktionen mit dem Ausland der Finanzierung von Handelsund<br />

Langzeitinvestitionen, und nur 10 Prozent waren spekulativ. Heute ist die Relation genau<br />

umgekehrt, und die täglichen Spekulationsströme übersteigen regelmäßig die ausländischen<br />

Währungsreserven aller G-7-Regierungen.« Von 1986 <strong>bis</strong> 1990 stiegen diese Kapitalströme von unter<br />

300 Milliarden auf 700 Milliarden Dollar täglich; für 1994 wird eine Steigerung auf über 1,3 Billionen<br />

erwartet. Eine Folge ist, daß das »Wirtschaftswachstum in den siebziger und achtziger Jahren in allen<br />

Industrienationen der OECD stark zurückgegangen ist«. In den Ländern der G-7 betrug es nur die<br />

Hälfte des Umfangs der sechziger Jahre, während die Arbeitslosigkeit sich verdoppelte und die<br />

industrielle Produktivität erheblich abnahm. Darüber hinaus kann schon »der reine Umfang der<br />

Spekulationsströme die ausländischen Währungsreserven jeder Regierung in Bedrängnis bringen«. In<br />

den letzten Jahren waren Nationalbanken wiederholt außerstande, ihre Währungen vor Angriffen<br />

durch spekulatives Kapital zu schützen. Selbst für die reichen Nationen ist die Entwicklung der<br />

einheimischen Wirtschaft immer schwieriger zu planen; die Marktstabilität wird aufgeweicht, und die<br />

Regierungen sind gezwungen, eine Deflationspolitik zu betreiben, um die »Glaubwürdigkeit« des<br />

Markts aufrechtzuerhalten. Das wiederum führt zu niedrigem Wachstum, hoher Arbeitslosigkeit,<br />

sinkenden Reallöhnen und zunehmender Armut und Ungleichheit. 198<br />

Die Weltbank schätzte vor kurzem die Gesamtreserven der internationalen Finanzinstitutionen auf<br />

etwa 14 Billionen Dollar. Die europäischen Zentralbanken können die nationalen Währungen nicht<br />

mehr schützen, und das europäische Währungssystem ist »praktisch zusammengebrochen«, weil es<br />

sich nicht gegen »die <strong>Mac</strong>ht der globalen Kapitalmärkte wehren kann«, heißt es in einem Bericht der<br />

Financial Times. Über den riesigen, unregulierten internationalen Kapitalmarkt können die Investoren<br />

Druck ausüben: »Wenn ihnen die Wirtschaftspolitik eines Landes nicht gefällt«, werden sie versuchen,<br />

Änderungen zu erzwingen. Vor allem in der Dritten Welt ist dieser Kapitalmarkt »nichts weiter als der<br />

verlängerte Arm des Wirtschaftsimperialismus«, dem sie noch schutzloser ausgeliefert sind als die<br />

reichen Nationen. 199<br />

Selbst die Vereinigten Staaten sehen sich diesen Problemen konfrontiert. Zwar können sie<br />

»Ratschläge« des IWF, die bei Drittweltländern eher als Befehle gelten, ignorieren, so wie die<br />

Regierung Bush es im Oktober 1992 tat, als der Währungsfonds Maßnahmen gegen das<br />

Haushaltsdefizit -u. a. Steuer- und Gesundheitsreformen - empfahl. Aber sie können sich nicht dem<br />

Zugriff der internationalen Wertpapierinvestoren entziehen, die sich jetzt »gegenüber der US-<br />

Wirtschaftspolitik in einer Position nie zuvor gekannter <strong>Mac</strong>ht - vielleicht <strong>bis</strong> hin <strong>zum</strong> Veto - befinden<br />

dürften«, berichtete das Wall Street Journal gleich nach den Wahlen von 1992. Wenn diese Investoren<br />

»auch nur mit einer geringfügigen Dosis Angst reagieren, wodurch die langfristigen Zinsen um einen<br />

Prozentpunkt steigen, würde das Defizit um weitere 20 Milliarden Dollar wachsen und sich praktisch<br />

auf 40 Milliarden verdoppeln«. Das wären genau jene 20 Milliarden, die Clintons Berater als Stimulus<br />

für die Wirtschaft vorgesehen hatten. Diese Konsequenz der von Reagan und Bush angehäuften<br />

Schulden erweist sich als Bremse für eventuelle staatliche Fördermaßnahmen, die Clintons Berater in<br />

Erwägung ziehen könnten, Fördermaßnahmen der falschen Art, wie das Wall Street Journal andeutete.<br />

Kurz darauf zerschlugen sich Clintons halbherzige Wirtschaftsförderungsabsichten; das Weiße Haus<br />

und der Kongreß einigten sich auf einen deflationsorientierten Haushalt, der sich von dem der<br />

Regierung Bush nicht wesentlich unterschied und sogar die Investitionen in »Humankapital«, die unter<br />

Bush gestiegen waren, zurückfuhr. 200<br />

Verändert wurde die Weltwirtschaftsordnung auch durch den beträchtlichen Anstieg der<br />

Internationalisierung der Produktion. Das ist ebenfalls ein weiterer Schritt zur Unterordnung der<br />

Weltwirtschaft unter die Interessen von internationalen Konzernen und Finanzinstitutionen,<br />

beschleunigt durch das Ende des Kalten Kriegs und die Rückkehr Osteuropas zu seiner traditionelle<br />

Rolle als Dienstleistungsunternehmen für die westeuropäischen Staaten. Zudem gibt es damit neue<br />

Methoden, die einheimische Bevölkerung zu disziplinieren.<br />

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