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Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

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emerkt Broad weiter, würde dieselbe Summe wie Star Wars, nämlich 30 Millionen, in der Hälfte der<br />

Zeit verbrauchen. 133<br />

»Wir werden auf ganz ähnliche Weise eine ökonomische Strategie entwickeln, wie wir eine<br />

Sicherheitsstrategie für den Kalten Krieg entwickelt haben«, verkündete Kent Hughes, Präsident von<br />

Clintons »Rat für wirtschaftlichen Wettbewerb«. Das zeigt, wie alte politische Strategien neuen<br />

Bedingungen angepaßt werden; man muß nur die Begriffe »Kalter Krieg« und »Sicherheit« realistisch<br />

interpretieren.<br />

Und man muß erkennen, inwieweit die Reaganisten, obwohl sie alle möglichen Handelsabkommen<br />

zugunsten von US-Konzernen verletzten, doch nicht weit genug gingen, um die Bedürfnisse der<br />

Privatwirtschaft zu befriedigen. Clinton zögerte nicht, diesen Spielraum noch zu erweitern. Zum einen<br />

wurde das höchst unpopuläre und sehr protektionistische NAFTA-Abkommen unterzeichnet, <strong>zum</strong><br />

anderen eine neue Exportstrategie entwickelt, die, weit über die »weniger koordinierten Bemühungen«<br />

von Reagan und Bush hinaus, die Ausweitung von Darlehen für die Export-Import-Bank vorsieht, was<br />

gegen das GATT verstößt. Eigentlich ist die Regierung gegen die von ihr eingeleiteten Maßnahmen,<br />

weil diese, wie die Presse berichtet, »auf staatliche Subventionen hinauslaufen, die den internationalen<br />

Markt verzerren«. Tatsächlich aber gibt es keinen Widerspruch. Kenneth Brody, der Präsident der Ex-<br />

Im-Bank, erklärte: »Durch die Umsetzung eines solchen Programms in den Vereinigten Staaten hätte<br />

die Regierung Clinton mehr Einfluß bei der Bestimmung internationaler Grenzen für solche<br />

Darlehen.« Brody befürwortete auch ein weiteres Programm zur Bereitstellung von drei Milliarden<br />

Dollar in Darlehensgarantien für in- und ausländische Käufer von in den USA gebauten Schiffen - was<br />

wiederum dazu dienen soll, andere zur Beendigung solcher Praktiken zu bewegen, wie das Wall Street<br />

Journal mitteilte.<br />

Die Logik ist bekannt: Krieg bringt Frieden, Verbrechen führen zu Gesetzlichkeit, Waffenproduktion<br />

und -handel zu Abrüstung und Nichtverbreitung usw. Anders gesagt: Anything goes, solange es eine<br />

gute Antwort gibt auf die Frage: »Was ist für uns drin?«<br />

Diese einfachen Wahrheiten unterstrich Clintons Finanzminister Lloyd Bentsen: »Ich habe keine Lust<br />

mehr auf ein nivelliertes Spielfeld«, sagte er. »Wir sollten es kippen, um US-Firmen Vorteile zu<br />

verschaffen. Wir hätten es schon vor 20 Jahren tun sollen.« Tatsächlich haben »wir«, d. h. die<br />

Staatsmacht, damit schon vor 200 Jahren begonnen und im letzten halben Jahrhundert ganz besonders<br />

kräftige Kippbewegungen vollführt. Aber wer interessiert sich schon für das Tatsächliche? Die für ihre<br />

Sorge um die arbeitende Bevölkerung bekannte Wirtschaftspresse schilderte die Programme als<br />

Maßnahmen zur Schaffung neuer »Arbeitsplätze«. Von »Profiten« war selbstverständlich nicht die<br />

Rede. 134<br />

Natürlich bedienen sich nicht nur die Vereinigten Staaten solcher Praktiken. Die Europäische<br />

Gemeinschaft, Japan und die Schwellenländer achten ebenfalls darauf, wirtschaftliche Entwicklung<br />

auf Kosten von Marktprinzipien zu fördern. Eine Studie der OECD aus dem Jahre 1992 kommt zu<br />

dem keineswegs überraschenden Schluß, daß »oligopolistischer Wettbewerb und strategische<br />

Interaktionen zwischen Firmen und Regierungen in den hochtechnologischen Industrien sehr viel<br />

stärker das Ringen um Wettbewerbsvorteile und die internationale Arbeitsteilung bestimmen als die<br />

unsichtbare Hand von Marktkräften«. 135<br />

Allerdings ist die Methode, den Staat (also letztlich die Öffentlichkeit) für jene Infrastruktur - von<br />

Straßen <strong>bis</strong> zu Schulen - bezahlen zu lassen, die der Privatwirtschaft dann zu ihren Gewinnen verhilft,<br />

nicht ohne Tücken. Selbst das Wall Street Journal beklagt mittlerweile den von der Regierung Reagan<br />

in Gang gesetzten Verfall des staatlichen Bildungssystems: »Die öffentlichen höheren<br />

Bildungsanstalten - einer der wenigen Bereiche, in denen Amerika noch ganz vorn liegt - leiden unter<br />

der Kürzung staatlicher Gelder«, was der Geschäftswelt, die »auf einen ständigen Zustrom an<br />

Graduierten angewiesen ist«, Sorge bereitet. Indes war diese Folge der verheerenden Finanzpolitik der<br />

Regierung Reagan seit langem absehbar. 136<br />

Der Klassenkrieg bedarf eben fortwährender Feinabstimmung.<br />

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