02.11.2013 Aufrufe

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

egeisterte Unterstützung für faschistische und andere Diktaturen (wie etwa in Venezuela mit seinen<br />

reichen Ölvorräten) mit diesem milden Ausdruck belegen will.<br />

Sein Ende fand der Kalte Krieg mit dem Fall der Berliner Mauer im November 1989. George Bush<br />

feierte die Ereignisse, indem er in Panama einmarschierte und im übrigen erklärte, es werde sich<br />

nichts ändern. Das verdeutlichten dann auch die Reaktionen Londons und Washingtons auf den<br />

zweiten Fall von Aggression nach dem Ende des Kalten Kriegs, die irakische Besetzung Kuweits.<br />

Ebenso umstandslos zeigte Washington, daß die Verachtung der Demokratie, seit langem ein<br />

Charakterzug der amerikanischen Politik und intellektuellen Kultur, weiter bestehen würde. Ein<br />

typisches Beispiel, noch aus der Zeit vor dem Ende des Kalten Kriegs, waren die Wahlen von 1984 in<br />

Panama, die der Gangster und Mörder Manuel Noriega, damals noch Freund und Verbündeter der<br />

USA, mit Betrug und Gewalt beeinflußt hatte. Sein Erfolg wurde von der Regierung Reagan, die den<br />

designierten Wahlgewinner insgeheim mit Geldern unterstützt hatte, lebhaft begrüßt. Schon sieben<br />

Stunden vor der Bekanntgabe des Endergebnisses erhielt er ein Glückwunschtelegramm, und<br />

Außenminister George Shultz besuchte ihn anläßlich seiner Amtseinführung, wobei er den »Beginn<br />

des Demokratisierungsprozesses« lobte und die Sandinisten in Nicaragua aufforderte, sich daran ein<br />

Beispiel zu nehmen. Noriegas Eingreifen in den Wahlkampf verhinderte den Sieg von Arnulfo Arias,<br />

den das US-Außenministerium als »unerwünschten Ultranationalisten« betrachtete, während der<br />

Gewinner, ein ehemaliger Student von Shultz, Amerikas gehorsamer Diener war. In Panama jedoch<br />

nannte man ihn fortan fraudito, kleiner Betrüger.<br />

1989 stahl Noriega, diesmal mit weniger Gewalt, eine weitere Wahl, was indes nicht mehr den Beifall<br />

Washingtons und der US-Medien fand. Er hatte nämlich inzwischen ein bedenkliches<br />

Unabhängigkeitsstreben an den Tag gelegt und allzu wenig Begeisterung für Reagans Terrorkrieg<br />

gegen Nicaragua gezeigt. Damit war er, wie der prominente Fernsehkommentator Ted Koppel<br />

psalmodierte, »jener besonderen Bruderschaft internationaler Schurken wie Ghaddafi, Idi Amin und<br />

Ajatollah Khomeini, die zu hassen die Amerikaner geradezu lieben«, beigetreten. Koppels Kollege bei<br />

der ABC, Anchorman Peter Jennings, bezeichnete Noriega als »eine der eher widerwärtigen<br />

Kreaturen, zu denen die Vereinigten Staaten eine Beziehung hatten«. Dan Rather vom CBS setzte ihn<br />

»an die Spitze der Liste aller Drogendiebe der Welt« - alles Einsichten, die 1984 offenbar nicht<br />

vorhanden gewesen waren. Als die ›widerwärtige Kreatur‹, nachdem sie von US-Truppen bei der<br />

Besetzung Panamas gekidnappt worden war, in den Vereinigten Staaten vor Gericht gestellt wurde,<br />

datierten die Anschuldigungen fast alle aus der Zeit, da Noriega noch zu unseren Lieblingen gehört<br />

hatte. 74<br />

Im November 1989 wurden in Honduras, einer Basis für US-Terror in der mittelamerikanischen<br />

Region, Wahlen abgehalten. Die beiden Kandidaten repräsentierten Großgrundbesitzer und reiche<br />

Industrielle. Ihre politischen Programme waren praktisch identisch, und keiner stellte die tatsächlichen<br />

Herrscher, das von den USA kontrollierte Militär, in Frage. Der Wahlkampf hatte sich auf einige<br />

Schlammschlachten und sonstige Unterhaltungen beschränkt. Vor dem Wahltermin übten sich die<br />

Sicherheitskräfte noch in einigen Menschenrechtsverletzungen, die jedoch nicht so schlimm waren wie<br />

in El Salvador und Guatemala. Armut und Hunger grassierten, was vor allem auf die von US-Beratern<br />

angepriesenen Agroexport-Programme und andere Hilfestellungen zurückzuführen war. 75 Außerdem<br />

grassierten Kapitalflucht, Gewinne ausländischer Investoren und die Schuldenlast. Es kann also nicht<br />

erstaunen, daß Präsident Bush die Wahlen als »inspirierendes Beispiel des demokratischen<br />

Versprechens, das sich gegenwärtig in den Amerikas ausbreitet« bezeichnete.<br />

Im selben Monat, im November 1989, wurde der Wahlkampf in Nicaragua eröffnet. Washington<br />

betonte sofort, daß Terror und Wirtschaftskrieg fortgesetzt würden, <strong>bis</strong> der von den USA gewünschte<br />

Kandidat gewählt sei, was dann im Februar 1990 auch geschah. In Lateinamerika wurde das allgemein<br />

als Sieg für George Bush interpretiert, während die Medien in den USA von einem »Sieg für das<br />

Fairplay der Vereinigten Staaten« sprachen. Die Amerikaner seien, verkündete eine Schlagzeile der<br />

New York Times stolz, »in Freude vereint«, und Anthony Lewis sprach von Washingtons noblem<br />

»Experiment in Sachen Frieden und Demokratie« und sah darin »ein neues Beispiel für die Kraft von<br />

Jeffersons Idee: Regieren mit der Zustimmung der Regierten ... Das klingt romantisch, aber vielleicht<br />

35

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!