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Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

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apolitischen Stil der amerikanischen Gewerkschaften beibringen. Das Modell war die AFL [American<br />

Federation of Labor; der Gewerkschaftsdachverband], in der ein »kleiner Kreis von Funktionären«,<br />

der seine Politik auf Versammlungen pauschal absegnen ließ, »enge Verbindungen« <strong>zum</strong> US-<br />

Geheimdienst und dem Außenministerium pflegte und sich »vorwiegend auf politisch-strategische<br />

statt rein gewerkschaftliche« Operationen konzentrierte. Leider genossen die italienischen<br />

Kommunisten aufgrund ihrer »persönlichen Integrität« und »unzweideutigen antifaschistischen<br />

Haltung« das Vertrauen der Bevölkerung, bemerkte der amerikanische Gewerkschaftsattache John<br />

Adams und fügte hinzu: »Die Kommunistische Partei ist eine echte Massenpartei, deren Hauptziel die<br />

Verbesserung der materiellen Bedingungen der Arbeiter ist.« Die Arbeiter schätzten die<br />

Kommunisten, weil nur sie »in der Lage waren, die Interessen der Arbeiter wirksam zu verteidigen<br />

und ihnen die Aussicht auf die Verbesserung ihrer Lage in der Zukunft zu verschaffen« (so umschreibt<br />

Romero Adams' Äußerungen). Folglich mußte auch die Kommunistische Partei im Interesse der<br />

»gemäßigten Kräfte« und der »Demokratie« untergraben werden. Die USA machten deutlich, daß es<br />

keine Hilfsleistungen geben werde, solange die italienischen Wähler nicht ihren Verpflichtungen<br />

nachkamen, was sie dann, solchem Druck ausgesetzt, auch taten. Noch sehr viel nachdrücklichere<br />

Maßnahmen waren für den Fall geplant, daß die Arbeiter sich den Ergebnissen des »demokratischen<br />

Prozesses« widersetzen sollten. 70<br />

In diesem Sinne machten die Vereinigten Staaten bei der Errichtung der <strong>Neue</strong>n Weltordnung weiter.<br />

1953 ließen sie die konservativ-nationalistische Regierung Mossadegh im Iran stürzen und den Schah<br />

an die <strong>Mac</strong>ht zurückkehren; in Guatemala zerstörten sie ein zehn Jahre währendes demokratisches<br />

Zwischenspiel, an dessen Stelle sie eine Versammlung von Massenmördern setzten, die den Beifall<br />

von Himmler und Göring gewonnen hätten und deren Verbrechen in den achtziger Jahren von der<br />

damaligen US-Regierung direkt unterstützt wurden; Frankreich halfen sie bei dem Bestreben, ihre<br />

ehemaligen Kolonien in Indochina zurückzugewinnen und errichteten dann, in Verletzung des Genfer<br />

Abkommens von 1954, in Südvietnam einen Terrorstaat nach lateinamerikanischem Muster, dessen<br />

Bevölkerung, als sie nicht mehr kontrolliert werden konnte, unter Kennedy mörderischen Angriffen<br />

ausgesetzt wurde, was schließlich zu einem Krieg führte, in dessen Verlauf Millionen von Menschen<br />

starben und drei Länder verwüstet wurden; in Lateinamerika verhalfen sie Neonazi-Generälen zur<br />

<strong>Mac</strong>ht, und in Mittelamerika sorgten sie in den achtziger Jahren für Massaker und Zerstörungen<br />

größten Ausmaßes.<br />

Ein Rückblick auf die Ereignisse des Kalten Kriegs bietet, in einer ersten Annäherung, folgendes Bild.<br />

In Rußland errichteten die Bolschewiki sofort eine totalitäre militärisch-bürokratische Diktatur, die in<br />

den dreißiger Jahren unglaubliche Greueltaten verübte. Im Ausland halfen sie während der ersten<br />

Phase des Kalten Kriegs bei der Unterdrückung sozialistischer und freiheitlicher Bestrebungen,<br />

während der zweiten Phase malträtierten sie ihre Satellitenstaaten, oft mit brutaler Gewalt, besetzten<br />

Afghanistan und pflegten auch sonst den Zynismus einer Großmacht. Die Vereinigten Staaten<br />

ihrerseits nutzten während der ersten Phase die »bolschewistische Bedrohung«, um daheim und im<br />

Ausland die <strong>Mac</strong>ht der Privatwirtschaft zu sichern. In der zweiten Phase errichteten sie im eigenen<br />

Land einen militärisch-industriellen Komplex, mittels dessen die Konzerne weiter gestärkt und die<br />

Arbeiterorganisationen geschwächt wurden; im Ausland, insbesondere in der Dritten Welt, sorgten sie<br />

für umfangreiche Subversion, Terrorkampagnen und Aggression und achteten ansonsten darauf, daß<br />

die Industriegesellschaften dem System tradierter Herrschaft treu blieben. Damit legten sie das<br />

Fundament für ein von transnationalen Konzernen und Finanzgesellschaften beherrschtes Weltsystem.<br />

Bei den entscheidenden Ereignissen des Kalten Kriegs spielte der Ost-West-Konflikt nur eine<br />

marginale Rolle, hatte aber gleichwohl bestimmte Auswirkungen und Folgen. Er diente beiden<br />

Supermächten dazu, die jeweils eigene Bevölkerung bei der Stange zu halten und die Pläne des<br />

Gegners zu stören, indem mögliche Angriffsziele unterstützt und die Abschreckung durch militärische<br />

Aufrüstung gefördert wurde. Allerdings übertrafen globale Reichweite und Gewalt der Vereinigten<br />

Staaten die Mittel der anderen Supermacht bei weitem, während die innerstaatliche Repression in der<br />

Sowjetunion ungleich umfassender war als in den USA, in der zweiten Phase jedoch nicht so stark wie<br />

in den Satellitenstaaten der USA. Möglicherweise hätte die Sowjetunion ihr Abschreckungspotential<br />

noch wirksamer gegen die Ambitionen ihres Rivalen ins Feld führen können, aber für diese<br />

Mutmaßung fehlen Beweise aus den sowjetischen Archiven.<br />

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