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Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

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estimmt. Zum ersten Mal wurde der Handelsminister zur Luftfahrtschau nach Paris und zu<br />

potentiellen Kunden in der Dritten Welt - Malaysia und Saudi-Arabien - geschickt, »um Jagdbomber<br />

an den Mann zu bringen«, wie ein Spezialist für die Luftfahrtindustrie zustimmend bemerkte. Die<br />

Sorgen der Industrie, Clinton könnte die Weiterverbreitung von Waffen und den Einsatz von Gewalt<br />

einschränken, erwiesen sich als unbegründet. »Das schmutzige kleine Geheimnis der Großen Fünf bei<br />

ihren Gesprächen über Waffentransfers« war, wie Lee Feinstein von der Arms Control Association in<br />

Washington kommentierte, »daß die Gespräche die US-amerikanischen Waffenverkäufe nicht<br />

tangieren.« 124<br />

Auch ohne den Vorwand einer sowjetischen Bedrohung bleiben die Rüstungsausgaben ein wichtiges<br />

Stimulans für umfangreiche Sektoren der Wirtschaft, insbesondere der High-Tech-Industrie.<br />

»Friedensdividenden« werden erst dann gezahlt, wenn ein anderer Mechanismus entdeckt ist, um die<br />

Reichen am Trog der öffentlichen Hand zu füttern. Um das zu verschleiern, werden Slogans mit dem<br />

Namen »Sicherheit« oder »Arbeitsplätze« ausgegeben; und wir sehen mit Begeisterung, wie<br />

Konzernmanager und Politiker sich abmühen, »Arbeitsplätze« zu schaffen, wobei diese tatsächlich in<br />

Billiglohnländer verlegt werden, was auch gern im Rahmen von Programmen zur »Entwicklungshilfe«<br />

geschieht. 125 Während George Bush bei jeder Gelegenheit mehr »Arbeitsplätze, Arbeitsplätze,<br />

Arbeitsplätze« forderte, wurden unter seiner Ägide so viele wegrationalisiert wie nie zuvor.<br />

Auch Clintons »neue Demokraten« verstehen sich auf die Technik der rhetorischen Verschleierung.<br />

Zu diesem Zweck veröffentlichte Clintons Denkfabrik, das Progressive Policy Institute, ein für<br />

breitere Schichten gedachtes Buch mit dem Titel Mandate for Change (Auftrag für den Wandel),<br />

dessen erstes Kapitel, »Enterprise Economics«, das Hauptgewicht auf »nationale Investitionen« legt,<br />

mit deren Hilfe »amerikanische Firmen und ihre Arbeiter Schubkraft erhalten sollen«, weil nämlich<br />

die »entscheidenden Kräfte in einem freien Land ... die unternehmerischen Kräfte aller Arbeiter und<br />

jener Unternehmen sind, in denen sie die Güter und Dienstleistungen produzieren, die unseren<br />

nationalen Reichtum ausmachen«. Diese neue, unternehmerisch orientierte Ökonomie »dient einem<br />

einzigen Ziel: Amerikas Arbeiter und Firmen sollen in die Lage versetzt werden, hochbezahlte<br />

Arbeitsplätze, steigenden Lebensstandard und höhere Gewinne zu sichern«. Das Wort »Gewinne«<br />

(profits) taucht sonst nirgendwo auf, auch kennt das Buch keine Firmeneigner, Manager, Arbeitgeber,<br />

Finanziers usw.; beklagt wird nur, daß »reiche Investoren« in den bösen Reagan-Jahren zu viel<br />

verkonsumiert haben. Gelegentlich werden »Unternehmer« (entrepreneurs) erwähnt - das sind Leute,<br />

die »neue Geschäftsideen kreieren«, um dann, nachdem sie den Arbeitern und ihren Firmen geholfen<br />

haben, wieder zu verschwinden. Ansonsten sind die Arbeiter, ihre Familien und ihre Firmen<br />

gemeinsam für das Wohl Aller tätig, und angesichts dieser harmonischen, an kommunitaristischen<br />

Werten ausgerichteten Arbeitsplätze der Zukunft sind Gewerkschaften nun wirklich überflüssig.<br />

Diese Runderneuerung von Standardthemen der Wirtschaftsprogaganda bezeichnet sich selbst als<br />

»progressiv«, um keinen Raum für die klassisch-liberalen Ideale - soziale Gerechtigkeit und<br />

Menschenrechte - zu lassen, denen lediglich zynischer Lippendienst erwiesen wird.<br />

Die Umsetzung dieser Rhetorik in politisches Handeln machte deutlich, wohin der Hase lief.<br />

Staatliche Förderprgramme, die unter Bush kontinuierlich zugenommen und die von der Regierung<br />

Reagan durchgesetzten Kürzungen wenigstens teilweise revidiert hatten, wurden zurückgefahren, was<br />

sich besonders stark bei den Investitionen in »Humankapital«, d. h. Bildungsprogramme, auswirkte;<br />

aber auch die Forschungs- und Entwicklungsgelder für den Zivilbereich gingen zurück, während<br />

Steuermaßnahmen vorwiegend die Reichen begünstigten: »Eine wichtige Tatsache bleibt: Die<br />

mittleren und oberen Einkommensschichten sind die hauptsächlichen Nutznießer des verborgenen<br />

Wohlfahrtsstaats«, meint der Politologe Christopher Howard. »Über 80 Prozent der<br />

Steuervergünstigungen für Eigenheimfinanzierungen, Wohltätigkeitsspenden und Immobilien<br />

kommen denen zugute, die mehr als 50 000 Dollar« pro Jahr verdienen. Dazu kommt dann natürlich<br />

noch das Pentagon-System, Export- und Leistungssubventionierungen für die Privatwirtschaft in Höhe<br />

von 51 Milliarden Dollar jährlich, sowie über 53 Milliarden Dollar an Steuervergünstigungen für<br />

Konzerne (eine Summe, die die gesamten Wohlfahrtsprogramme für die Armen um fast 30 Milliarden<br />

Dollar übersteigt). All das natürlich, um »Arbeitsplätze« zu sichern. 126<br />

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