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Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

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Da das »Streben des Kremls nach der Weltherrschaft« eine notwendige Eigenschaft des Sklavenstaats<br />

ist, muß man die Folgerungen, die für die Vereinigten Staaten und die ganze Welt von so großer<br />

Bedeutung sind, nicht auch noch beweisen. Substantielle Tatsachen hat die Analyse von Nitze nicht zu<br />

bieten. 45<br />

Wie abgrundtief böse der Sklavenstaat ist, erhellt aus dem Vergleich mit den Vereinigten Staaten,<br />

einer Nation von fast unvorstellbarer Vollkommenheit. Ihr »grundlegendes Ziel« ist es, »die Integrität<br />

und Lebensfähigkeit unserer freien Gesellschaft zu sichern, die auf der Würde und dem Wert des<br />

Individuums beruht«. Diese Werte sind auch in der übrigen Welt zu schützen. Unsere freie<br />

Gesellschaft ist gekennzeichnet durch »wunderbare Vielfalt«, »tiefe Toleranz«, »Gesetzestreue«<br />

(unsere Städte sind Zonen der Ruhe, und Wirtschaftsverbrechen unbekannt), sowie die Verpflichtung,<br />

»eine Umwelt zu schaffen und zu erhalten, in der jedes Individuum seine schöpferischen Kräfte<br />

entfalten kann«. Die vollkommene Gesellschaft »fürchtet die Vielfalt nicht, sondern begrüßt sie« und<br />

»zieht ihre Stärke aus der Gastfreundschaft, die sie selbst Ideen gewährt, die ihr zuwiderlaufen«, wie<br />

es sich an der McCarthy-Hysterie der damaligen Zeit ablesen läßt. Zu dem »Wertesystem, das unsere<br />

Gesellschaft mit Leben erfüllt« gehören »die Prinzipien von Freiheit, Toleranz, Individualität und des<br />

Vorrangs der Vernunft vor dem Willen«. Die »wesenhafte Toleranz unserer Weltauffassung, unsere<br />

großzügigen und konstruktiven Impulse wie auch das Fehlen von Habgier in unseren internationalen<br />

Beziehungen sind Aktivposten von potentiell enormer Bedeutung«, was vor allem diejenigen<br />

bestätigen können, die all das aus erster Hand erfahren durften, wie etwa die Staaten Lateinamerikas,<br />

die von »unseren seit langem währenden Bemühungen, das interamerikanische System zu entwickeln<br />

und jetzt ins Leben zu rufen« so beträchtlich profitieren konnten. Auch hier handelt es sich um unserer<br />

Gesellschaft inhärente Qualitäten, die keines Beweises bedürfen. Fairerweise muß man jedoch sagen,<br />

daß Dean Acheson sich der Notwendigkeit bewußt war, die kommunistische Bedrohung in die Köpfe<br />

der Massen zu hämmern, um für die geplanten Aufrüstungs- und Interventionsprogramme die<br />

notwendige Zustimmung zu erhalten. 46<br />

An diesem Diskurs hat sich <strong>bis</strong> in die Gegenwart wenig geändert. In der (nüchtern-wissenschaftlichen)<br />

Zeitschrift International Security vom Frühjahr 1993 informiert uns der berühmte Harvard-Professor<br />

Samuel Huntington darüber, daß die Vereinigten Staaten <strong>zum</strong> Vorteil der Welt ihre »internationale<br />

Vorherrschaft« aufrechterhalten müssen, weil nur bei ihnen die nationale Identität »durch eine Reihe<br />

bestimmter politischer und wirtschaftlicher Werte von universeller Gültigkeit« definiert ist, als da sind<br />

»Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Privateigentum und Märkte«. Huntington bemerkt: »In keinem<br />

anderen Land steht die Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Märkten so sehr im<br />

Mittelpunkt der Politik wie in Amerika.« Da dies per definitionem gilt, sind Beweise erneut<br />

überflüssig. Man muß bei Washingtons Förderung von Menschenrechten ja nicht an die enge Verbindung<br />

von Entwicklungshilfe (auch militärischer) und Folter denken, die in diversen Untersuchungen<br />

festgestellt wurde und sich auch für die Jahre unter Carter nachweisen läßt. 47 Solche Erwägungen<br />

gehören in die Provinz von Kleingeistern, die unfähig sind, Höhere Wahrheiten zu würdigen.<br />

In allgemeinerer Hinsicht ist es einfach ein logischer Fehler, die Hymnen auf unsere politische<br />

Großherzigkeit mit dem tatsächlichen Verlauf der Geschichte zu vergleichen. Wer Mühe hat, das zu<br />

begreifen, kann sich bei der »realistischen« Denkweise von Hans Morgenthau, dem bedeutsamsten<br />

Vertreter der neueren Politikwissenschaft in den USA, eines Besseren belehren lassen. Für<br />

Morgenthau liegt der »transzendente Zweck« der Vereinigten Staaten in der »Herstellung von<br />

Gleichheit in Freiheit« in Amerika und der gesamten Welt, weil »der Kampfplatz, auf dem die<br />

Vereinigten Staaten ihren Daseinszweck verteidigen und fördern müssen, sich auf die gesamte Welt<br />

ausgedehnt hat«. Morgenthau, ein kompetenter Gelehrter und, gemessen an dem, was in der<br />

Elitenkultur üblich ist, eine außergewöhnlich anständige und geistig unabhängige Persönlichkeit,<br />

erkannte, daß die historischen Dokumente mit dem »transzendenten Zweck« unvereinbar sind. Aber er<br />

versichert uns, daß Tatsachen für notwendige Wahrheiten ohne Bedeutung sind: Wenn man Tatsachen<br />

ins Feld führt, »verwechselt man den Mißbrauch der Realität mit der Realität selbst« und wiederholt<br />

damit nur »den Irrtum des Atheismus, der die Gültigkeit der Religion aus ähnlichen Gründen leugnet«.<br />

Realität ist der <strong>bis</strong>lang unerreichte »nationale Zweck«, den »die geschichtliche Evidenz, so wie unser<br />

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