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Neue Weltordnungen - Vom Kolonialismus bis zum Bic Mac.pdf

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Zu den Aufgaben der Sicherheitskräfte gehören »soziale Säuberungsaktionen«, d. h. die Ermordung<br />

von Obdach- und Arbeitslosen, Straßenkindern, Prostituierten, Homosexuellen und anderen<br />

unerwünschten Personen. Das Verteidigungsministerium formulierte die offizielle Haltung in der<br />

Antwort auf ein Entschädigungsbegehren: »Es gibt in diesem Fall für die Nation nichts an Entschädigungen<br />

zu zahlen, weil das Individuum weder für die Gesellschaft noch für seine Familie nützlich<br />

oder produktiv gewesen ist.«<br />

Eine weitere in den US-Hinterhöfen gängige Praxis ist die Ermordung von Menschen für den<br />

Organhandel auf dem Schwarzen Markt, wobei man nicht weiß, ob dies Verfahren in Kolumbien auch<br />

auf Kinder ausgedehnt worden ist wie anderswo in der Region. 90<br />

Das kolumbianische Modell entspricht, wie Menschenrechtsorganisationen nachgewiesen haben, dem<br />

von El Salvador und Guatemala. Die von US-Beratern und Ausbildern weitergegebenen Lehren<br />

können Michael McClintocks bedeutsamer, in den Vereinigten Staaten jedoch ignorierter<br />

Untersuchung zufolge direkt zu den Nationalsozialisten zurückverfolgt werden. Britische, deutsche<br />

und israelische Söldner haben Mörder ausgebildet und waren den Drogenkartellen beim Kampf gegen<br />

Bauern und linke Aktivisten noch anders behilflich. An diesen Operationen waren, wie<br />

kolumbianische Geheimdienste berichten, auch Nordamerikaner beteiligt. 91<br />

Eine 19 92 von Kirchen- und Menschenrechtsorganisationen durchgeführte Untersuchung kommt zu<br />

dem Schluß, daß »der Staatsterrorismus in Kolumbien eine Realität ist: Er besitzt Institutionen,<br />

Lehren, Strukturen, rechtliche Vorkehrungen, Mittel und Instrumente, Opfer und vor allem<br />

verantwortliche Behörden«. Sein Ziel ist die »systematische Eliminierung der Opposition, die<br />

Kriminalisierung umfassender Sektoren der Bevölkerung, massive Anwendung von politischem Mord<br />

und Entführung, extreme <strong>Mac</strong>htbefugnisse für die Sicherheitskräfte, gesetzliche Ausnahmeregelungen<br />

usw.«92 Die moderne Version wurzelt in den Sicherheitsdoktrinen, die von der Regierung Kennedy<br />

vorangetrieben wurden, als 1962 die Aufgabe des lateinamerikanischen Militärs von der<br />

»Verteidigung der Hemisphäre« zur »inneren Sicherheit« verlagert wurde, d. h. <strong>zum</strong> Krieg gegen den<br />

»inneren Feind«, also gegen all jene, die der traditionellen Ordnung von Herrschaft und Kontrolle den<br />

Kampf angesagt haben.<br />

Die Doktrinen wurden in US-Handbüchern für Guerillabekämpfung und Kriegführung niederer<br />

Intensität erläutert und von lokalen Sicherheitsbehörden weiterentwickelt, die von amerikanischen<br />

Beratern und Experten lernten, wie man neue Unterdrückungsmethoden zur Aufrechterhaltung von<br />

»Stabilität« und Gehorsam einsetzt. Daraus resultierte ein hocheffizienter Terrorapparat, mit dem die<br />

Staatsmacht im »politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich den totalen Krieg« führen konnte,<br />

wie der kolumbianische Verteidigungsminister 1989 erläuterte. Offiziell richtete er sich gegen die<br />

Guerillaorganisationen, doch waren diese, wie ein hochrangiger Militär 1987 erklärte, von minderer<br />

Bedeutung, »die wahre Gefahr« liege in dem, »was die Aufständischen den politischen und<br />

psychologischen Krieg ... zur Kontrolle der Bürgerbewegungen ... und zur Manipulation der Massen<br />

genannt haben«. Die »subversiven Elemente« wollten Gewerkschaften, Universitäten, Medien usw.<br />

beeinflussen. Deshalb umfaßt, wie die oben erwähnte Untersuchung feststellt, der »innere Feind« des<br />

staatsterroristischen Apparats auch »Arbeiterorganisationen, Bürgerbewegungen, Organisationen der<br />

Ureinwohner, die politische Opposition, Bauernbewegungen, intellektuelle und religiöse Strömungen,<br />

Jugend- und Studentengruppen« usw. Sie alle müssen vor unliebsamen Einflüssen geschützt, d. h.<br />

notfalls zerschlagen werden. »Jedes Individuum, das auf die eine oder andere Weise die Ziele des<br />

Feindes unterstützt, muß als Verräter angesehen und als solcher behandelt werden«, heißt es in einem<br />

Militärhandbuch von 1963, als die von Kennedy angestoßenenen Initiativen in Gang kamen.<br />

Die Ideologie des Kriegs gegen »subversive Elemente« findet sich bereits in dem weiter oben<br />

erwähnten Dokument NSC 68. Dort wird darauf hingewiesen, daß wir Schwachpunkte in unserer<br />

Gesellschaft, wie etwa »eine allzu übertriebene Offenheit des Geistes«, »übermäßige Toleranz« und<br />

»Uneinigkeit« überwinden müssen. Es gilt, »zwischen der Notwendigkeit von Toleranz und der<br />

Notwendigkeit gerechter Unterdrückung zu unterscheiden«, letztere ist ein entscheidendes Merkmal<br />

der »demokratischen Verfahrensweise«. Besonders wichtig ist es, unsere »Gewerkschaften,<br />

Zivileinrichtungen, Schulen, Kirchen und alle meinungsbildenden Medien« vor dem bösen Einfluß des<br />

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