DA Elisabeth Lambrecht.pdf
DA Elisabeth Lambrecht.pdf
DA Elisabeth Lambrecht.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
!)<br />
)<br />
8KQLRNJSTUM!:UJLVSVWUJM!OKX!(WYQTUQKQLRSM!<br />
) )<br />
Entlang der oben genannten Fragestellungen erstreckt sich das Themengebiet des moralischen<br />
Relativismus, das besser bekannt ist unter dem Namen des Kulturrelativismus.<br />
Der Kulturrelativismus, der seit dem 19. und 20. Jahrhundert wachsende Bedeutung<br />
erlangt, versteht sich als Reaktion auf den Universalismus. Die Kernthese des Kulturrelativismus<br />
verweist darauf, dass Moral im Verhältnis zur jeweiligen Kultur zu betrachten<br />
sei. Das bedeutet, dass moralische Urteile nicht auf Personen unterschiedlicher Kultur<br />
übertragen werden können, sondern nur die jeweils eigenen kulturellen Maßstäbe<br />
ihre Gültigkeit besitzen, die von anderen freilich entschieden divergieren können (Cook<br />
2002: 7).<br />
Der Untersuchungsgegenstand des Kulturrelativismus ist traditionell im Teilgebiet der<br />
Ethik angesiedelt. In diesem Bereich der Philosophie gilt zunächst die Unterscheidung<br />
zwischen Ethik und Moral als wesentlich. Die Ethik ist die Wissenschaft, die sich mit<br />
dem Gegenstand Moral auseinandersetzt; und unter Moral wird grob ein komplexes<br />
System von Regeln, Normen und Werten verstanden, das wiederum den Gegenstand der<br />
Ethik auszeichnet (Birnbacher 2003: 2). Doch was ist eigentlich Kulturrelativismus und<br />
in welchem Verhältnis steht er zum Universalismus? Ganz allgemein ausgedrückt postuliert<br />
der Relativismus – wie es Dietmar H. Heidemann und Kristina Engelhard ausführen<br />
– eine geltungstheoretische Dependenz von Theorien. Sie sind an bestimmte Verbindlichkeitsansprüche,<br />
insbesondere partikulare Bedingungen oder kontingente 12 Gegebenheiten<br />
gebunden. Soziale, kulturelle, historische und auch zeitliche sowie räumliche<br />
Gegebenheiten werden zur Begründung der relativistischen Position herangezogen.<br />
Der Universalismus hingegen postuliert die geltungstheoretische Independenz von Theorien,<br />
Prinzipien oder Maßstäben. Der Theorie komme allgemeine Gültigkeit zu und sie<br />
begründe sich unabhängig von individuellen, historischen oder kulturellen Bedingungen<br />
(Engelhard/Heidemann 2005: 2). Der Kulturrelativismus verhalte sich seit jeher zum<br />
Universalismus als Antipode, so Heidemann. Er definiere sich über die Ablehnung von<br />
Positionen, die dem Universalismus, Absolutismus oder Objektivismus zugeschrieben<br />
werden können (Heidemann 2005: 392). Etwas zugespitzt fasst Heidemann den Kulturrelativismus<br />
sogar als formalistische Anti-Position, die keinen Standpunkt privilegiere<br />
und alle Ansichten gleichermaßen anerkenne. Im Laufe der Zeit haben sich immer wieder<br />
verschiedene Klassifizierungen des Kulturrelativismus angeboten, doch durchge-<br />
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />
12 Kontingenz ist ein aus der Philosophie und Systemtheorie der Soziologie stammender Begriff. Kontingent<br />
ist nach Niklas Luhmann sinngemäß etwas, das weder notwendig noch unmöglich ist. Eine Sache<br />
kann auf eine Art interpretiert werden, aber auch auf eine andere Art. Keine Interpretation könne behaupten,<br />
sie sei die einzig richtige.<br />
!<br />
"&!