DA Elisabeth Lambrecht.pdf
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3 KULTURRELATIVISMUS UND ENTWICKLUNG. KRITIK DER<br />
SICHTWEISEN VON RENOMMIERTEN WORTFÜHRERN DES<br />
POST-DEVELOPMENT<br />
Die Debatte über den Kulturrelativismus und den Universalismus wird auch in den<br />
Post-Development Theorien ausgetragen. Dort ist der Entwicklungsbegriff zum Gegenstand<br />
der Debatte geworden. Als aus dem Westen stammende Idee mit universellem<br />
Anspruch wird der Entwicklungsbegriff allgemein scharf kritisiert und gegen einen kulturrelativistischen<br />
eingetauscht. Die Behandlung von Fragen der Entwicklung basiert<br />
auf der Grundlage eines umfassenden und ethnologisch geprägten Kulturverständnisses.<br />
Wie dieses umfassende Kulturverständnis beschaffen ist, wie es sich zu Universalismus<br />
und Kulturrelativismus positioniert und welche Implikationen es mit sich bringt, wird<br />
im Folgenden untersucht.<br />
Der Kulturbegriff, so undeutlich er teilweise auch verwendet wird, ist in den Auslegungen<br />
des Post-Development in verschiedenen Formen anzutreffen, die explizit oder implizit<br />
auf einem Kulturrelativismus fußen. Zum einen wird die westliche Kultur, aus<br />
welcher die Idee der Entwicklung hervorging, als universalistisch auftretend und als<br />
expansiv wahrgenommen. Als Alternative zu Entwicklung wird der Topos der lokalen<br />
und örtlich verankerten Kultur der Entwicklungsländer entworfen, die durch den Kolonialismus<br />
gebrochen und später durch das Ausrufen des entwicklungspolitischen Bestrebens<br />
verdeckt, verschüttet oder, wie bei Esteva zu lesen ist, sogar „ausgerottet“ (Esteva<br />
1992: 46, 57) wurde. Beide Typen von Kultur erhalten durch die Ausführungen der<br />
drei Post-Development Autoren eine essentialistische Prägung. Trotz einiger Versuche,<br />
ein konstruktivistisches Kulturverständnis zu befördern – wie es bei Escobar nachzuvollziehen<br />
oder von Sachs als Einräumung der Veränderungsfähigkeit von Kulturen<br />
nachzulesen ist – gelingt es ihnen nicht, dieses auch wahrhaftig als tragenden konzeptionellen<br />
Ansatz beizubehalten.<br />
Der Kulturrelativismus des Post-Development ist nicht nur in der Kritik an Theorie und<br />
Praxis der Entwicklung ersichtlich, sondern auch und gerade in seinen politisch akzentuierten<br />
Konklusionen und Forderungen. In der Strömung des Post-Development ist es<br />
keine Seltenheit, dass die Absage, die der Entwicklung erteilt wird, mit der Wiederentdeckung<br />
der jeweils „eigenen Kultur“ verbunden und als Lösung für die Probleme der<br />
Dritten Welt präsentiert wird. In diesem Sinne lässt sich die Problemstellung und der<br />
hier zu untersuchende Sachverhalt wie folgt darstellen: Die Post-Development Theorien<br />
stellen dem als westlich und universell kritisierten Entwicklungsbegriff eine partikulare,<br />
!<br />
!<br />
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