DA Elisabeth Lambrecht.pdf
DA Elisabeth Lambrecht.pdf
DA Elisabeth Lambrecht.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
!)<br />
)<br />
7OLNOYYMLQNJZJS[OS!OKX!*KN\JT]LOKP!<br />
) )<br />
In Anlehnung an Homi Bhabhas Kritik an Edward Said hält Escobar fest, dass es gefährlich<br />
sei, koloniale Macht, die von ihm als Vorläufer des Entwicklungsgedankens<br />
begriffen wird, nur intentional und in eine Richtung gehend zu verstehen. Dieses Denken<br />
würde gerade den Widerstand der Dritte-Welt-Bevölkerung verdecken und sie zu<br />
rein passiven Objekten degradieren (ebd.: 11).<br />
Doch was versteht Escobar als Diskurs? In Anlehnung an Michel Foucault 24 formuliert<br />
er Folgendes:<br />
„These relations – established between institutions, socio-economic processes,<br />
forms of knowledge, technological factors, and so on – define the conditions under<br />
which objects, concepts, theories, and strategies can be incorporated into the discourse.<br />
In sum, the system of relations establishes a discursive practice that sets the<br />
rules of the game: who can speak, from what points of view, with what authority,<br />
and according to what criteria of expertise; it sets rules that must be followed for<br />
this or that problem, theory, or object to emerge and be named, analyzed, and eventually<br />
transformed into a policy or plan.“ (ebd.: 40 f.)<br />
Das Zusammenspiel sprachlicher wie nicht-sprachlicher Aspekte (beispielsweise Institutionen)<br />
produziere permanent eine Art Sinnzusammenhang, in dem sich die Dritte-<br />
Welt-Subjekte wiederfinden. Dieser Sinnzusammenhang gehe stark mit Macht einher,<br />
habe diese andererseits auch zur Grundlage 25 und stehe so in einer permanenten Verbindung<br />
zur Produktion und Reproduktion von Macht in einer jeweiligen Epoche.<br />
Der Entwicklungsdiskurs erschaffe eine spezifische Repräsentation der Dritten Welt<br />
und nutze beispielsweise die Infantilisierung und andere Repräsentationsformen der<br />
„Unterentwickelten“ als Basis (ebd.: 30), um sich selbst zu legitimieren. Die über die<br />
Dritte Welt 26 produzierten Vorstellungen und Wahrheiten wurden, so Escobar, von den<br />
westlichen Ökonomien und deren jeweiliger Theoriedoktrin 27 hervorgebracht. Damit<br />
verortet er den Macht- und Interessensaspekt von Entwicklung gerade im Ökonomischen<br />
und im Wissenschaftsbereich. Die konstruierte Vorstellung vieler „unterentwi-<br />
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />
24 Bezug nimmt Escobar insbesondere auf Foucaults Werke „Discipline and Punish“ von 1977 und<br />
„Power and Knowledge“ von 1980.<br />
25 Weiter dazu: Foucault 2010.<br />
26 Der von Alfred Sauvy geprägte Begriff der „Dritten Welt“ bezeichnet die Ländergruppe nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg, die weder der ersten noch der zweite Welt zugehörig waren. Heutzutage wird er<br />
gleichbedeutend zu dem Begriff „Entwicklungsländer” verwendet. Im Folgenden wird er in Distanz zur<br />
diskursanalytischen Tradition genutzt, die Begriffe vornehmlich als Teil des Diskurses und damit machtdurchzogen<br />
betrachtet. Seine Bedeutung geht auf den „Dritten Stand“ in der Zeit der Französischen Revolution<br />
zurück. Er kann auch als Eigenbezeichnung der Entwicklungsländer in Hinblick auf ihre marginalisierte<br />
Rolle in der Weltpolitik interpretiert werden, die sich positiv auf den revolutionären „Tièrs Etat”<br />
beziehen.<br />
27 Escobar nennt hier die Theorien des Wachstums, des Keynesianismus, der Klassik und die der<br />
Neoklassik (Escobar 1995: 18).<br />
!<br />
'#!