DA Elisabeth Lambrecht.pdf
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des Kulturrelativismus. Dieser birgt allerdings – wie schon im Kapitel 3.3.2 dargelegt –<br />
nach John W. Cook sieben unterschiedliche, aber miteinander zusammenhängende paradoxe<br />
Implikationen. Die sich ergebenden Implikationen sind zwar nicht unbedingt<br />
seitens der AutorInnen intendiert, ergeben sich allerdings aus ihrer Argumentation, die<br />
auf einem Kulturrelativismus fußt.<br />
Würden Estevas Ausführungen und Forderungen auf der ganzen Welt Anwendung finden,<br />
träfe der erste Aspekt nach Cook auch auf Esteva zu. Wir erinnern uns, dass ein<br />
angewandter Kulturrelativismus unvereinbar sei mit einer transkulturellen moralischen<br />
Kritik und dementsprechend wirksam werde. Da für Esteva die Möglichkeiten von kulturellen<br />
oder allgemein gesellschaftlichen Problemstellungen nur in der jeweils „eigenen“<br />
Kultur gegeben sind, können Vorschläge für Konzepte und Strategien sowie eine<br />
transkulturelle Kritik an bestimmten Praktiken nicht mehr formuliert werden. Damit<br />
wäre jede Kultur sich selbst überlassen und müsste auf die „eigenen“ kulturell geprägten<br />
Praktiken und Normen zurückgreifen. Das würde aller Wahrscheinlichkeit nach zu<br />
einem grundlegenden Ausschluss von Formen des Kolonialismus führen, wie wir ihn<br />
insbesondere im 19. Jahrhundert kennen gelernt haben 19 .<br />
Doch ist nicht auch an Beispiele einer transkulturellen Kritik mit praktischen Weiterungen<br />
zu denken, die den vor Ort Lebenden entschieden geholfen haben? Wie schon bei<br />
Cook nachzulesen ist, muss sich eine kulturrelativistische Perspektive durchaus mit Fällen<br />
arrangieren, die keine ethnozentrischen oder (neo-)kolonialen Motivationen offenbaren.<br />
Diesen wäre mit der Durchsetzung des Kulturrelativismus Esteva’scher Prägung<br />
ebenfalls ein Ende gesetzt. So sei nur auf die praktische Hilfeleistung verwiesen, wie<br />
beispielsweise während der Naturkatastrophen auf Haiti von 2008 oder in Pakistan<br />
2010, bei denen internationale Hilfe die Lage stabilisierte und einen Großteil der Menschen<br />
vor Ort mit dem Nötigsten an Verpflegung und medizinischer Hilfe versorgte.<br />
Auch im Bereich der transkulturellen Kritik, um den es Cook insbesondere geht, ist zu<br />
bedenken, dass jede Kritik an bestimmten moralischen Äußerungen, die sich auf andere<br />
Kulturen beziehen, wie sie in dem Beispiel von Abba Thulle verdeutlicht wurde, der die<br />
Briten für die Nutzung des Hinterhalts in kriegerischen Auseinandersetzungen kritisierte,<br />
nicht einmal mehr denkbar wäre, gleichgültig, ob es um Korruption, Nepotismus<br />
oder Ehrenmorde ginge.<br />
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19 Als Einführung in den Kolonialismus, seine Geschichte, Formen und Folgen ist Osterhammel 2009 zu<br />
empfehlen.<br />
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