DA Elisabeth Lambrecht.pdf
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Nach Cook könne das, was eine Kultur von ihren Mitgliedern fordert oder was sie bei<br />
ihnen toleriert, nicht falsch sein. Wenn jemand seine oder ihre eigene Kultur moralisch<br />
kritisiert und innerhalb dieser gegen die gegebenen Werte und Bräuche opponiert, könne<br />
er oder sie aus der Sicht des Kulturrelativismus dagegen nur als verrückt oder irregeleitet<br />
betrachtet werden. Denn mit einem kulturrelativistischen Verständnis von Moral<br />
ist der Inhalt des Brauches, der Tradition oder der Vorstellung unwichtig und somit interessiert<br />
auch nicht, gegen was der oder die Einzelne rebelliert. Das Denken in kulturellen<br />
Kollektiven kann vor dem Hintergrund des Kulturrelativismus schnell zu dem<br />
Vorwurf an Opponierende führen, sie würden universellen Ideen, beispielsweise der<br />
Entwicklungsidee anhängen, und würden damit die eigene kulturelle Problemlösungskompetenz<br />
untergraben.<br />
Der vierte Aspekt der von Cook aufgeführten Paradoxien leitet uns zu der Frage, inwiefern<br />
eine kulturrelativistische Sichtweise in der politischen Umsetzung tatsächlich zum<br />
Abbau von Voreingenommenheit gegenüber anderen Kulturen führe. Es komme bei<br />
einem weltweit angewandten Kulturrelativismus höchstwahrscheinlich zu keinerlei<br />
Vorurteilen gegenüber anderen Kulturen, denn die transkulturelle Bewertung ist kein<br />
Maßstab für den Kulturrelativismus. Vielmehr sind für die Kulturen der Welt die jeweils<br />
eigenständig hervorgebrachten Werte und Normen wahr und gültig. Für den<br />
Sachverhalt der Entwicklung, den Esteva in kulturelle Schranken verweist, gilt gemäß<br />
seinen Formulierungen Ähnliches. Keine entwicklungsunterstützende Intervention, keine<br />
Strategie, kein Konzept, das nicht in der „eigenen“ Kultur entstanden ist, solle seine<br />
Anwendung finden, so der Post-Development Autor. Doch denkt dieser hier auch an<br />
Beispiele wie sie uns John W. Cook vorgestellt hat? Wir erinnern uns an die Ehrenmorde<br />
im Mittleren Osten Anfang der 1990er Jahre, die eine nicht-arabische Minderheit<br />
verhindern wollte. Das Eingreifen dieser Minderheit wird aus der Perspektive des Kulturrelativismus<br />
als amoralisch verurteilt, da es sich den jeweils gegebenen Bräuchen der<br />
Kultur entgegenstelle und vermeine, es „besser“ zu wissen und damit ethnozentrisch sei.<br />
In diesem Fall koste die Anwendung des Kulturrelativismus Leben, nämlich die Leben<br />
der von Ehrenmorden betroffenen Frauen.<br />
Dieser Extremfall führt zu einer weiteren Implikation des Kulturrelativismus in Estevas<br />
Darlegungen. Denn auch der fünfte Aspekt der Cookschen Paradoxien findet in den<br />
Äußerungen Estevas Relevanz. Für den Kulturrelativismus ist Moral willkürlich. Willkürlich,<br />
weil es keinen Unterschied mache, was eine Kultur verurteilt, ablehnt oder was<br />
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