DA Elisabeth Lambrecht.pdf
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griff in eine andere Kultur überhaupt rechtfertigen könnten. Ziel scheint für ihn lediglich<br />
ein nicht vom Ethnozentrismus geprägter Zusammenhang verschiedener Kulturen<br />
zu sein, wobei jede Kultur ihren eigenen Weg zu gehen habe (Sachs 1993: 446). Was<br />
jedoch die Einzelnen in einer Kultur erfahren müssen oder wogegen sie sich wenden, ist<br />
für Sachs kein Thema.<br />
In seiner fünften paradoxen Implikation weist Cook darauf hin, dass Moral im Verständnis<br />
des Kulturrelativismus willkürlich ist, somit auch die Art und Weise, wie eine<br />
Kultur das Zusammenleben ihrer Mitglieder verhandele. Sachs beabsichtigt mit seinen<br />
kritischen Werken zur Entwicklungspolitik, die mit der Entwicklung als universeller<br />
Idee im Zusammenhang stehende Zerstörung der kulturellen Vielfalt aufzudecken, und<br />
spricht sich dabei für eine Beendigung der Entwicklungspraxis und -idee aus, versäumt<br />
es aber, die Konsequenzen aus solchen Postulaten mitzudenken. Wenn Moral in der<br />
Form, in der sie in den verschiedenen Kulturen ausgeprägt ist, zwar als willkürlich, aber<br />
grundsätzlich als nicht zu beurteilen eingeschätzt wird, führt das von Cook herangezogenen<br />
Beispiel des Nationalsozialismus in Deutschland vor Augen, dass selbst unglaublich<br />
grausame Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Perspektive des Kulturrelativismus<br />
nicht zu verurteilen sind. Es geht dem Kulturrelativismus um die Gleichwertigkeit<br />
aller Lebensweisen und Moralvorstellungen. Daher ist anzunehmen, dass Sachs<br />
solche Extremsituationen nicht mitgedacht hat. Zwar stellt Sachs seinen Forderungen<br />
die Idee einer Orientierung an den Prinzipien der Regeneration sowie des interkulturellen<br />
Dialogs und der kulturellen Selbstreflexion beiseite, benennt aber keine Maßstäbe<br />
oder Bewertungskriterien, um eine Kultur zu kritisieren oder in sie einzugreifen, um<br />
beispielsweise eklatante Missstände zu beenden. Die Propagierung eines friedvollen<br />
Zusammenlebens der verschiedenen Kulturen ist wichtig, doch nicht ausreichend.<br />
An die Idee einer willkürlich gedachten Moral schließt implizit die sechste paradoxe<br />
Implikation an, denn der Kulturrelativismus verneint nach Cook dem Einzelnen die<br />
Möglichkeit, ein angemessenes Leben auf einer rationalen Basis zu wählen. Im Hinblick<br />
auf das schon erwähnte Beispiel der Franca Viola muss konstatiert werden, dass Sachs<br />
eine solche Implikation (den eigenen Vergewaltiger heiraten zu müssen) zwar nicht<br />
beabsichtigt, aber dennoch impliziert, indem er nicht näher auf die Konsequenzen seiner<br />
Postulate eingeht.<br />
Das schon erwähnte Moralverständnis des Kulturrelativismus, in dem Moral als nichts<br />
anderes als die akzeptierten Bräuche, Praktiken und Sanktionen begriffen wird, die von<br />
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