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Zwischenbericht 2010 zur Evaluation der ... - Bildungsketten

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Drucksache 17/3890 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode<br />

ansatz in den bereits veröffentlichten <strong>Evaluation</strong>en<br />

von Bundesprogrammen für unter 25-Jährige. Auch<br />

die <strong>Evaluation</strong>en <strong>der</strong> Landesprogramme in diesem Bereich<br />

beschränken sich meist auf deskriptive Analysen.<br />

Mehrere dieser Studien kommen in ihren Schlussfolgerungen<br />

zum Ergebnis, dass übergangsbezogene Hilfen<br />

bislang daran kranken, dass sie zu sehr fragmentiert, zu<br />

wenig koordiniert und nicht kontinuierlich genug strukturiert<br />

sind. Vielmehr erfor<strong>der</strong>e die Bewältigung ungünstiger<br />

Startbedingungen, demotivieren<strong>der</strong> Erfahrungen des<br />

Scheiterns in Schule und Ausbildungsmarkt sowie von<br />

Diskriminierung langfristiger und vertrauensbasierter Begleitung<br />

(Krekel/Ulrich 2009, S. 28).<br />

Neben den eher quantitativen Studien <strong>zur</strong> Wirkung von<br />

Einglie<strong>der</strong>ungs- und Übergangshilfen sind im Kontext <strong>der</strong><br />

sozialpädagogischen Jugendhilfeforschung in den letzten<br />

Jahren eine Reihe kleinerer Studien im Kontext<br />

(haupt)schulbezogener Hilfen entstanden, die sich ebenfalls<br />

mit den Wirkungen von Maßnahmen auseinan<strong>der</strong>setzen,<br />

den Wirkungsbegriff jedoch weniger im Sinn quantitativer<br />

Messbarkeit, son<strong>der</strong>n eher im Sinne biographischer<br />

Relevanz für die Adressatinnen und Adressaten deuten:<br />

– Die Studie von Bolay et al. (2004) <strong>zur</strong> Schulsozialarbeit<br />

an Hauptschulen und im Berufsvorbereitungsjahr in<br />

Baden-Württemberg belegt, dass Jugendliche Schulsozialarbeit<br />

als vertrauliches, sanktionsfreies und<br />

niedrigschwelliges Beziehungsangebot „an<strong>der</strong>er Erwachsener“<br />

im Kontext Schule nutzen, den sie einerseits<br />

als entscheidend für ihre biographische Zukunft<br />

einschätzen, in dem an<strong>der</strong>erseits ihre jugendkulturelle<br />

Praxis häufig nicht anerkannt wird. Schulsozialarbeit<br />

dient damit – jenseits möglicher Effekte <strong>der</strong> Verbesserung<br />

von Schulleistungen und Stabilisierung von<br />

Übergangsoptionen – als Ressource subjektiver Lebensbewältigung<br />

in einem als wi<strong>der</strong>sprüchlich und<br />

entfremdend erfahrenem institutionellem Kontext. Ein<br />

weiterer Effekt von Schulsozialarbeit ist die zunehmende<br />

Vernetzung des Lebens- und Bildungsraumes<br />

Schule mit außerschulischen Akteuren im Gemeinwesen,<br />

wodurch zusätzliche Ressourcen verfügbar gemacht<br />

werden. Deutlich wird jedoch auch, dass eine<br />

sozialpädagogische Arbeit im Kontext Schule ihrerseits<br />

von Anerkennung durch die schulischen Akteure<br />

abhängt.<br />

– Die <strong>Evaluation</strong>sstudie des Stuttgarter Modellprojektes<br />

„Freunde schaffen Erfolg“ zum Peer Mentoring von<br />

Hauptschülerinnen und -schülern in <strong>der</strong> Abgangsklasse<br />

beim Übergang in die Arbeit durch junge Erwachsene,<br />

die früher ebenfalls die Hauptschule besucht<br />

haben (Walter et al. <strong>2010</strong>), verdeutlicht zwei<br />

an<strong>der</strong>e relevante Aspekte wirksamer Hilfe: Zum einen<br />

die subjektive Zugänglichkeit als Voraussetzung <strong>der</strong><br />

Inanspruchnahme von Hilfe – die Hilfe <strong>der</strong> Gleichaltrigen<br />

ist glaubwürdiger als die <strong>der</strong> erwachsenen Fachkräfte;<br />

zum an<strong>der</strong>en die Bedeutung von Rollenmodellen,<br />

die aus ähnlichen Ausgangsbedingungen ihren<br />

Übergang bewältigt haben. Im Vergleich zu nichtteilnehmenden<br />

Mitschülerinnen und -schülern münden<br />

diese Jugendlichen häufiger direkt nach <strong>der</strong> Schule in<br />

eine Ausbildung ein. Der entscheidende Erfolg liegt<br />

allerdings im Empowerment 12 und im Aufbrechen von<br />

Motivations- und Perspektivlosigkeit.<br />

– Die Bedeutung sogenannter weicher, nicht messbarer<br />

Faktoren verdeutlicht auch die Studie „Wirkungseffekte<br />

Mobiler Jugendarbeit“ (Stumpp et al. 2009),<br />

die quantitative und qualitative Befragungen von ehemaligen<br />

Nutzerinnen und Nutzern Mobiler Jugendarbeit<br />

kombiniert. Mobile Jugendarbeit ist ein aufsuchendes<br />

Begleitungs- und Unterstützungsangebot für<br />

Jugendliche, die von an<strong>der</strong>en Bildungs- und Hilfeeinrichtungen<br />

nicht erreicht werden. Ein wichtiger Aspekt<br />

für die befragten Jugendlichen, die <strong>der</strong> Mobilen Jugendarbeit<br />

stabilisierende biographische Wirkung in einer<br />

Reihe von Lebensbereichen zuschreiben, war die Präsenz<br />

und Kontinuität <strong>der</strong> Jugendarbeiterinnen und -arbeiter<br />

über einen langen Zeitraum im Sinne einer<br />

lebensereignisbezogenen Hilfestellung. Diese ermöglicht<br />

es den Jugendlichen und jungen Erwachsenen,<br />

das Hilfsangebot nicht nur als professionellen Akt,<br />

son<strong>der</strong>n als Geste <strong>der</strong> Wertschätzung und Anerkennung<br />

zu deuten. Auf diese Weise wird dann auch die<br />

Grundlage geschaffen, sich auf ungewohnte Verhaltens-<br />

und Deutungsmuster einzulassen.<br />

Sowohl die quantitativen Wirkungsanalysen in Bezug auf<br />

berufsvorbereitende Maßnahmen als auch die eher qualitativen<br />

Studien zu den biographischen Effekten von Jugendsozialarbeit<br />

und Peer Mentoring zeigen, dass die<br />

Motivation <strong>der</strong> benachteiligten Jugendlichen eine zentrale<br />

Ressource für die Bewältigung prekärer Übergänge in<br />

Ausbildung und Arbeit darstellt und dass deshalb Unterstützungsangebote<br />

nicht nur objektiv, son<strong>der</strong>n auch subjektiv<br />

zugänglich und bedeutsam sein müssen. Des Weiteren<br />

wird aber auch deutlich, dass Beziehungsarbeit,<br />

Motivationsgewinn und Ausbildungsreife nicht ausreichen<br />

beziehungsweise verpuffen, wenn keine Anschlussperspektiven<br />

verfügbar sind, die für die Jugendlichen tatsächlich<br />

auch erreichbar sind. Schließlich zeigt <strong>der</strong><br />

Überblick, dass nur integrative Forschungsdesigns geeignet<br />

sind, aussagekräftige Ergebnisse zu Wirkungszusammenhängen<br />

zu erbringen. Während standardisierte Verfahren<br />

erlauben, generelle Zusammenhänge sichtbar zu<br />

machen, sind rekonstruktive Methoden notwendig, um zu<br />

verstehen, was warum und in welchem Fall wirkt (Rieker/<br />

Seipel 2003).<br />

2.5 Studien aus dem internationalen Bereich<br />

Aus internationalen Studien lassen sich ebenfalls Erkenntnisse<br />

über die Wirksamkeit von För<strong>der</strong>maßnahmen<br />

gewinnen. Die thematische Studie von Walther/Pohl<br />

12 Mit Empowerment bezeichnet man Strategien und Maßnahmen, die<br />

geeignet sind, den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben<br />

von Menschen o<strong>der</strong> Gemeinschaften zu erhöhen und die es ihnen<br />

ermöglichen, ihre Interessen (wie<strong>der</strong>) eigenmächtig, selbstverantwortlich<br />

und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Empowerment<br />

bezeichnet dabei sowohl den Prozess <strong>der</strong> Selbstbemächtigung<br />

als auch die professionelle Unterstützung <strong>der</strong> Menschen, ihre Gestaltungsspielräume<br />

und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen.<br />

Wörtlich aus dem Englischen übersetzt bedeutet Empowerment „Ermächtigung“<br />

o<strong>der</strong> Bevollmächtigung (Herriger 2006).

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