Zwischenbericht 2010 zur Evaluation der ... - Bildungsketten
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Drucksache 17/3890 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode<br />
Zum an<strong>der</strong>en halten sie es für kontraproduktiv „einen in<br />
Ausbildung prügeln, wenn er noch gar nicht reif dazu ist<br />
und in ’nem halben Jahr wie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Straße steht“<br />
(Bereb1, 130-132). Leiterinnen und Leiter von För<strong>der</strong>schulen<br />
fassen das Ziel lieber weiter: einen „Platz im Leben“<br />
zu finden, was allerdings auch eine Anspruchsreduktion im<br />
Kontext begrenzter Teilhabechancen bedeuten kann.<br />
Inwieweit auch die schulleistungsbezogenen Maßnahmeziele<br />
konkret im Sinne einer Lernunterstützung bis hin<br />
<strong>zur</strong> Nachhilfe heruntergebrochen werden, hängt unter an<strong>der</strong>em<br />
davon ab, ob die Schulen dies zulassen und ihr<br />
Monopol in Bezug auf Lernför<strong>der</strong>ung abgeben o<strong>der</strong> nicht.<br />
4.5 Kriterien und Verfahren für die Auswahl<br />
<strong>der</strong> Jugendlichen<br />
Über das Verfahren, nach dem die Jugendlichen für die<br />
Maßnahme auszuwählen sind, gibt die bereits zitierte<br />
HEGA ebenfalls Auskunft (BA 2008, S. 5):<br />
„Die Auswahl <strong>der</strong> Teilnehmer erfolgt in einem einzelfallbezogenen<br />
Abstimmungsgespräch zwischen Lehrer,<br />
zuständigem Berufsberater und ggf. Schulsozialarbeiter/<br />
-pädagogen bzw. persönlichem Ansprechpartner bei erwerbsfähigen<br />
Hilfebedürftigen o<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>n von Bedarfsgemeinschaften.<br />
Maßgebliches Kriterium ist <strong>der</strong><br />
konkrete individuelle För<strong>der</strong>bedarf. Für die Entscheidung,<br />
welcher Schüler bei nicht ausreichen<strong>der</strong> Platzkapazität<br />
von mehreren in Betracht kommenden Schülern geför<strong>der</strong>t<br />
wird, sind maßgeblich <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Gefährdung<br />
bezogen auf den Schulabschluss, <strong>der</strong> Defizite in den<br />
Grundfächern sowie Sprach- und Integrationshemmnisse.<br />
Die Inanspruchnahme <strong>der</strong> Berufseinstiegsbegleitung erfolgt<br />
freiwillig. Da bereits bei <strong>der</strong> Abstimmung zwischen<br />
Schule (Lehrer) und Agentur für Arbeit (Berufsberater /<br />
Berater Reha/SB) <strong>zur</strong> Feststellung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>bedürftigkeit<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Schüler <strong>der</strong>en Einverständnis bzw. das<br />
Einverständnis <strong>der</strong> Erziehungsberechtigten vorliegen<br />
muss, ist dieses bereits im Vorfeld einzuholen… Ein<br />
Muster/ Vordruck <strong>zur</strong> Einverständniserklärung ist als Anlage<br />
beigefügt. Die (abschließende) Entscheidung über<br />
die Teilnahme liegt bei <strong>der</strong> zuständigen Arbeitsagentur.“<br />
Die Beschreibung des angestrebten Auswahlverfahrens<br />
zeigt bereits, dass diese Maßnahme nur mit Hilfe eines intensiven<br />
Zusammenwirkens verschiedener Akteure aus<br />
unterschiedlichen Institutionen umgesetzt werden kann.<br />
Diese Voraussetzung ist zugleich eine erhebliche Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />
treffen doch spätestens bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong><br />
teilnehmenden Jugendlichen mindestens die beiden Institutionen<br />
Schule und Bundesagentur für Arbeit aufeinan<strong>der</strong>.<br />
Und idealerweise soll – nach den Vorgaben <strong>der</strong><br />
HEGA – auch die Institution Schulsozialarbeit in diesen<br />
Prozess – und damit in die Maßnahmeumsetzung – einbezogen<br />
werden.<br />
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, nach welchen<br />
Kriterien die Auswahl <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Maßnahme Teilnehmenden<br />
in <strong>der</strong> Umsetzung erfolgte. In <strong>der</strong> standardisierten<br />
Befragung <strong>der</strong> Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleitern hatten selbige zehn Antwortmöglichkeiten<br />
(siehe Tabelle 4.9). Ausschlaggebend für die Auswahl<br />
waren erstens mangelnde elterliche Unterstützung, beson<strong>der</strong>s<br />
schlechte Noten und ein schwieriger familiärer Hintergrund.<br />
Ein auffälliges Verhalten <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
wurde von 60 % <strong>der</strong> Befragten in hohem beziehungsweise<br />
sehr hohem Maße als auswahlrelevant angesehen.<br />
Legt man den Maßstab zugrunde, dass das Kriterium in<br />
hohem beziehungsweise sehr hohem Maße zutreffen<br />
sollte, dann haben – nach Ansicht <strong>der</strong> befragten Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleiter – mit knapp 43 %<br />
Sprachprobleme eine deutlich geringere Rolle gespielt.<br />
Diese Befunde lassen die Schlussfolgerung zu, dass <strong>der</strong><br />
individuelle För<strong>der</strong>bedarf – gemessen an den schulischen<br />
Leistungen, dem persönlichen Umfeld und eine mangelnde<br />
Unterstützung seitens <strong>der</strong> Elternhäuser – als wesentliches<br />
Auswahlkriterium herangezogen wurde.<br />
In den qualitativen Fallstudien wird die zentrale Rolle <strong>der</strong><br />
Klassenlehrerinnen und -lehrer beson<strong>der</strong>s deutlich. In allen<br />
Fallstudienstandorten oblag die Auswahl <strong>der</strong> Schülerinnen<br />
und Schüler den Klassenlehrerinnen und -lehrern,<br />
denen am ehesten zugetraut wurde, einen Überblick über<br />
Unterstützungs- und Begleitungsbedarf <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
zu haben. Die Einbindung <strong>der</strong> Berufseinstiegsbegleitung<br />
und <strong>der</strong> Berufsberatung ist dabei unterschiedlich ausgestaltet<br />
worden. Nicht unüblich war es, dass Berufseinstiegsbegleiterin<br />
o<strong>der</strong> -begleiter einfach eine Liste <strong>der</strong><br />
teilnehmenden Schülerinnen und Schülern erhielt. Deutlich<br />
wird auch, dass sich manche Berufsberaterinnen und<br />
-berater mehr Handlungsspielraum und Mitwirkung im<br />
Entscheidungsprozess gewünscht hätten. Die zeitlichen<br />
Dimensionen ließen das jedoch kaum zu, da<br />
„… das Programm sehr kurzfristig eingerichtet wurde,<br />
sodass also auf Zuruf im Grunde innerhalb von zwei, drei<br />
Wochen irgendwelche Schüler diesem Programm zugewiesen<br />
werden mussten.“ (BB2, 16)<br />
Die Berufsberaterinnen und Berufsberater kannten zu diesem<br />
Zeitpunkt die Schülerinnen und Schüler noch nicht<br />
und sahen sich daher nicht in <strong>der</strong> Lage, die Auswahl zu<br />
treffen.<br />
„Aber wir haben es jetzt so gemacht, dass zumindest in<br />
den Anfangszeiten jetzt, in <strong>der</strong> Zukunft wird es wahrscheinlich<br />
auch ein bisschen an<strong>der</strong>s laufen, dass wir die<br />
Schule mit eingebunden haben, die Klassenleiter mit eingebunden<br />
haben, die Klassenleiter uns eben die Teilnehmer<br />
praktisch benannt haben erst mal, wo sie denken,<br />
dass die Probleme da sind, dass <strong>der</strong> Hauptschulabschluss<br />
gefährdet ist, dass Lernprobleme da sind. Dann sind die<br />
Gespräche, also sind dann in die Berufsberatung eingeladen<br />
worden, dann haben wir die Gespräche geführt, haben<br />
das Projekt vorgestellt, die Möglichkeit vorgestellt<br />
und <strong>der</strong>, <strong>der</strong> dann mitmachen wollte, na, ist dann im Projekt<br />
integriert worden.“ (BB 5, 20)<br />
Die Bandbreite <strong>der</strong> Kriterien <strong>zur</strong> Auswahl <strong>der</strong> Schülerinnen<br />
und Schüler ist groß. Auch musste an manchen Schulen<br />
erst ein Konsens <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Zielgruppe und<br />
den daraus resultierenden Faktoren <strong>zur</strong> Auswahl gefunden<br />
werden.<br />
„Bei Beginn des Projektes gab es da auch verschiedene<br />
Auffassungen, also wurde wahrscheinlich auch in <strong>der</strong> Anfangsphase<br />
nicht sauber genug transportiert. Die Schulleiter<br />
sind anfangs davon ausgegangen, das ist eine Unter-