Zwischenbericht 2010 zur Evaluation der ... - Bildungsketten
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/3890<br />
gungsunterlagen Konzepte für die Arbeit im Bereich Berufseinstiegsbegleitung<br />
entwickelt wurden. An einigen<br />
Standorten gab es nach <strong>der</strong> Festlegung des Trägers und<br />
<strong>der</strong> Schule eine Zusammenkunft zwischen Rektorinnen<br />
und Rektoren und Trägervertreterinnen und -vertretern, in<br />
<strong>der</strong> gegenseitige Wünsche abgeklärt und daraus die Anknüpfungspunkte<br />
für die Arbeit <strong>der</strong> Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleiter festgelegt wurden. An einem<br />
Standort war die Bearbeitung des Konzeptes des Trägers<br />
ein Bestandteil einer Weiterbildung vor Projektstart. Dies<br />
stellt allerdings die Ausnahme dar. Einige Schulleitungen<br />
kritisieren das Fehlen eines Konzeptes. Manche Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleiter verweisen auf die<br />
Existenz eines solchen Konzeptes, merken jedoch an,<br />
dass dieses im Alltag nicht arbeitsbestimmend sei und<br />
nicht wesentlich über die Vergaberichtlinien <strong>der</strong> Bundesagentur<br />
hinausgehe. Den meisten Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleitern reicht es, dieses Konzept gelesen<br />
und hieraus die wichtigsten Schlüsse für die Arbeit gezogen<br />
zu haben.<br />
„Wir haben bei uns Verdingungsunterlagen, die sind ja<br />
unsere Bibel sozusagen und da sind ja die vier Ziele definiert,<br />
also nach denen wir auch arbeiten. Die Ausgestaltung<br />
ist ja dann relativ individuell“ (Bereb 9, 78-79)<br />
Die Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter beziehen<br />
sich nur in geringem Ausmaß auf das Konzept, mit<br />
dem sich die Träger beworben haben. Entwe<strong>der</strong> es spielt<br />
im praktischen Alltag keine Rolle, zum Teil weil sie gar<br />
nichts von einem solchen Konzept wissen, o<strong>der</strong> es werden<br />
lediglich die formalen Vorgaben <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen<br />
erwähnt. Alle Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleiter betonen die Freiheit in <strong>der</strong> Ausgestaltung<br />
ihrer Arbeit, ohne eben zu stark einen ausgefertigten<br />
Konzept zu unterliegen. Gerade hierdurch erhalten sie die<br />
Möglichkeit, situationsbedingt zu handeln und individuell<br />
auf die Schülerinnen und Schüler eingehen zu können.<br />
Ein solcher situationsbezogener Ansatz führt allerdings<br />
dazu, dass – bisher von fast allen Akteuren – Berufseinstiegsbegleitung<br />
eher als eine schulbezogene Maßnahme<br />
verstanden wird als eine, die sich primär auf individuelle<br />
Übergangsverläufe von <strong>der</strong> Schule in die Arbeitswelt<br />
konzentriert:<br />
„Der Berufsberater <strong>der</strong> Agentur sagte, ‚die Schule muss<br />
zufrieden sein, die Schule muss einen Nutzen haben‘, dann<br />
bin ich auch zufrieden … <strong>der</strong> sagt immer ‚wenn die Lehrer<br />
das Gefühl haben, da läuft was und das ist gut für die Schüler,<br />
dann ist okay, das reicht mir.“ (Bereb3, 137-138)<br />
Für die Phase <strong>der</strong> Begleitung nach Verlassen <strong>der</strong> Schule<br />
haben die wenigsten Träger und Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
o<strong>der</strong> -begleiter konkrete Vorstellungen. Ausnahme<br />
ist ein Träger, <strong>der</strong> schon vor <strong>der</strong> Maßnahmeteilnahme im<br />
Stadtteil Schulsozialarbeit und Mobile Jugendarbeit<br />
durchgeführt hat und deshalb auf die Räume und Erfahrungen<br />
in aufsuchen<strong>der</strong> Praxis <strong>zur</strong>ückgreifen kann. Bei<br />
den Berufsberaterinnen und -beratern zeigt sich die auf<br />
die Schulzeit begrenzte Sichtweise bei <strong>der</strong> Frage nach einer<br />
möglichen Doppelför<strong>der</strong>ung, sollten Maßnahmenteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmer nach <strong>der</strong> Schule etwa in einer<br />
Berufsvorbereitungsmaßnahme landen:<br />
„Also wenn ich in einer Berufsvorbereitung drinnen bin,<br />
hab ich ja Sozialpädagogen, ich hab einen Bildungsbegleiter,<br />
ich wär ja geför<strong>der</strong>t auf mein Ziel hin, also brauch<br />
ich nicht noch eine Berufseinstiegsbegleiterin die neben<br />
her eigentlich das Gleiche macht.“ (BB5, 115-120)<br />
Nur in wenigen Ausnahmefällen reflektieren Berufsberaterinnen<br />
o<strong>der</strong> -berater, dass sie damit über die aktuelle<br />
Schulsituation hinaus das Grundprinzip <strong>der</strong> kontinuierlichen<br />
Begleitung und vertrauensvollen Beziehung in<br />
Frage stellen.<br />
„Gut, <strong>der</strong> hat sich jetzt an den gewöhnt, <strong>der</strong> ist nun schon,<br />
er ist ihm schon über ein Jahr bekannt, o<strong>der</strong> zwei Jahre<br />
bekannt, sollte nicht gewechselt werden, dann würde ich<br />
sagen gut, da könnte man darüber reden … Habe ich mir<br />
jetzt auch noch gar keine Gedanken darüber gemacht.“<br />
(BB4, 73-83)<br />
Voraussetzung eines solchen individuellen, übergangsbezogenen<br />
Ansatzes wäre dann zum einen eine höhere Flexibilität,<br />
zum an<strong>der</strong>en wesentlich intensivierte Abstimmungsprozesse<br />
zwischen den Akteuren – bezogen auf die<br />
o<strong>der</strong> den einzelnen Jugendlichen.<br />
Von großer Bedeutung und in diesem Sinne handlungsleitend<br />
ist für alle Interviewten die Interpretation <strong>der</strong> Berufseinstiegsbegleitung<br />
und <strong>der</strong>en Zielsetzung. In den qualitativen<br />
Fallstudien sind diese vielfältig und unterscheiden<br />
sich zum Teil je nach befragtem Akteur. Fast ausnahmslos<br />
erachten alle befragten Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleiter, Schulleiterinnen und -leiter sowie Berufsberaterinnen<br />
und -berater eine primäre Orientierung an einer<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Vermittlung in Ausbildung als nicht angemessen,<br />
und zwar unabhängig davon, ob es sich um<br />
Haupt- o<strong>der</strong> För<strong>der</strong>schulen handelt. Mehrere Berufsberaterinnen<br />
und -berater würden es bereits als Erfolg bezeichnen,<br />
wenn einer von vier an <strong>der</strong> Maßnahme Berufseinstiegsbegleitung<br />
teilnehmenden Jugendlichen direkt in<br />
eine Ausbildung vermittelt würde, ein an<strong>der</strong>er besteht<br />
darauf, dass Vermittlung in Ausbildung Aufgabe <strong>der</strong> Berufsberatung<br />
sei, die Berufseinstiegsbegleitung sich dagegen<br />
auf Erreichen des Schulabschlusses, die Entwicklung<br />
von Ausbildungsreife und die Unterstützung beim Berufswahlprozess<br />
konzentrieren solle, auch weil die Vermittlung<br />
in Ausbildung von Faktoren abhängt, auf die die<br />
Berufseinstiegsbegleitung keinen Einfluss hat.<br />
Am ehesten sind es einzelne Leiterinnen und Leiter von<br />
Hauptschulen, die den Erfolg <strong>der</strong> Berufseinstiegsbegleitung<br />
an einem Zuwachs an Schulabgängerinnen und -abgängern<br />
in Ausbildung messen würden. Dies lehnen die<br />
Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter selbst eher<br />
ab, auch wenn sie Ausbildung als langfristiges Ziel<br />
durchaus akzeptieren. Zum einen weisen sie auf die Vielzahl<br />
von notwendigen Zwischenschritten hin – einschließlich<br />
<strong>der</strong> aktiven Inanspruchnahme von Hilfe:<br />
„Ich habe Erfolg, wenn sie ein bisschen Interesse zeigen …<br />
dass sie sagen … die ist da, … leistet uns bisschen was,<br />
dann nehme ich das Angebot auch wahr.“ (Bereb2, 50-51)