Zwischenbericht 2010 zur Evaluation der ... - Bildungsketten
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Drucksache 17/3890 – 78 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode<br />
Im Rückblick auf das Startjahr 2009 wird die bisherige<br />
Zusammenarbeit bei <strong>der</strong> Umsetzung des Modellvorhabens<br />
von den befragten Lehrerinnen und Lehrern überwiegend<br />
positiv bewertet. Die Bewertung wird in Abbildung<br />
6.4 dargestellt. Mehr als zwei Drittel <strong>der</strong> Befragten<br />
(68,6 %) beurteilten diese als gut o<strong>der</strong> sehr gut. Lediglich<br />
ein kleiner Teil <strong>der</strong> Befragten schätzt die bisherige Zusammenarbeit<br />
als eher schlecht bis sehr schlecht ein.<br />
6.3.2 Ausgestaltung <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />
Kooperation und Vernetzung sind Schlüsselbegriffe in allen<br />
Interviews <strong>der</strong> qualitativen Fallstudien. Insofern als<br />
die Berufseinstiegsbegleitung als Verbindungsglied zwischen<br />
Schülerinnen und Schülern, Schule, Berufsberatung,<br />
Eltern und Betrieben gesehen wird, ergibt sich<br />
zwangsläufig: „Bündeln ist das, was das Projekt dann<br />
hinterher ausmacht.“ (BB1, 33-38). Dahinter steht die<br />
Einschätzung, dass <strong>der</strong> Ausgleich von Benachteiligung<br />
nicht nur einzelne Akteure betreffen kann:<br />
„Ich glaube, das ist ein gesellschaftliches Problem.<br />
Schule hat so große Probleme … das kann Schule nicht<br />
schaffen, also du musst dir Hilfe, Unterstützung suchen<br />
… so eine Symbiose von Lernen, Sozialarbeit, und nach<br />
außen Türen aufmachen.“ (SL2, 65-66)<br />
Allerdings werden die Funktionen dieser Netzwerke aus<br />
<strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> unterschiedlichen Akteure unterschiedlich<br />
beurteilt und sie gelingen auch unterschiedlich gut. Generell<br />
gilt es dabei, zwischen unterschiedlichen Kooperationslinien<br />
zu unterscheiden. Eine zentrale Beziehung ist<br />
die zwischen Berufseinstiegsbegleitung und Schule.<br />
Während die Schulleitungen eher dafür ausschlaggebend<br />
sind, ob und wie die Berufseinstiegsbegleitung insgesamt<br />
an <strong>der</strong> Schule angesiedelt und anerkannt ist, hat für die<br />
alltägliche Praxis vor allem <strong>der</strong> Kontakt mit den Lehrerinnen<br />
und Lehrern eine hohe Bedeutung. Diesbezüglich<br />
gibt es zum einen Fälle, in denen die Kooperation im<br />
Laufe <strong>der</strong> Zeit gewachsen ist und die Berufseinstiegsbegleiterin<br />
„ein Teil unserer Organisation geworden [ist],<br />
das heißt es gibt eine Fülle von Ansprechmöglichkeiten“<br />
(SL9, 40-41). Dafür müssen – neben einer grundsätzlichen<br />
Offenheit <strong>der</strong> Schule und Schulleitung – in erster<br />
Linie die Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter<br />
Vorleistungen erbringen, „den Kontakt zu den Lehrern<br />
überhaupt“ suchen (Bereb9, 642-646). Die Berufseinstiegsbegleitung<br />
„ist im Grunde so ein bisschen <strong>der</strong> Bittsteller.“<br />
(BB2, 42).<br />
„Man muss da ein bisschen feinfühlig vorgehen.“<br />
(Bereb5, 67-73)<br />
„Es funktioniert, wenn man diese Dynamik berücksichtigt<br />
und sich dann einreiht“ (Bereb8, 106).<br />
Wie in Bezug auf die Beziehungsarbeit mit den Schülerinnen<br />
und Schülern ist hier Präsenz eine wichtige Voraussetzung:<br />
„Die [Berufseinstiegsbegleiterin] springt hier<br />
rum, nimmt am Schulleben teil, sitzt in <strong>der</strong> Konferenz“<br />
(SL2, 20-21). Dies wird beson<strong>der</strong>s sichtbar an Schulen<br />
mit Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleitern mit unterschiedlichen<br />
Stellenvolumina. Der Berufseinstiegsbegleiter,<br />
<strong>der</strong> gleichzeitig Schulsozialarbeiter und deshalb<br />
ganztags an <strong>der</strong> Schule ist (Fallstudie 7), hat einen deutlich<br />
besseren Stand und Zugang zu Informationen als<br />
seine Kollegin, die nur <strong>zur</strong> Hälfte an <strong>der</strong> Schule arbeitet.<br />
Es gibt aber auch Fälle, in denen die Schulen sich darüber<br />
beklagen, dass die Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter<br />
den Kontakt mit <strong>der</strong> Schule nicht suchen und auch<br />
<strong>der</strong> Träger als nicht präsent erlebt wird.<br />
Die Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter, denen<br />
die Zusammenarbeit mit und in <strong>der</strong> Schule besser gelingt,<br />
legen Wert auf Zugang zum Lehrerzimmer und versuchen<br />
dort mit den Lehrerinnen und Lehrern in Kontakt zu kommen.<br />
Dieser wird ihnen jedoch nicht in allen Fällen<br />
gewährt, sodass sie teilweise „über die Postfächer <strong>der</strong><br />
Lehrer“ kommunizieren (Bereb10, 27). Die Arbeit im<br />
„System Schule“ ist also grundsätzlich schwierig. Dies<br />
wird unter an<strong>der</strong>em damit begründet, dass Lehrerinnen<br />
und Lehrer nicht gewohnt seien, mit externen Akteuren<br />
zu kooperieren und Angst vor Kontrolle hätten beziehungsweise<br />
davor, dass ihnen „etwas weggenommen“<br />
werde.<br />
Beson<strong>der</strong>s schwierig ist die Situation an den Schulen, an<br />
denen bereits an<strong>der</strong>e Träger Berufsorientierungsprojekte<br />
durchführen, auf <strong>der</strong>en Beteiligung an <strong>der</strong> Berufseinstiegsbegleitung<br />
teilweise auch die Schulen gehofft hatten.<br />
Dies ist an mehreren Standorten <strong>der</strong> Fall, aber während<br />
sich an den meisten mit <strong>der</strong> Zeit eine Form <strong>der</strong><br />
Absprache und Arbeitsteilung etabliert, gibt es einen Fall,<br />
in dem dies bislang nicht gelungen ist:<br />
„Man hinkt einfach hinterher“ (Bereb6, 117) … „Wir haben<br />
keinen Stellenwert“ … (ebenda 139) … „wir sind das<br />
fünfte Rad am Wagen“ (ebenda 146-155).<br />
Für die Berufseinstiegsbegleitung heißt dies: „Wir suchen<br />
uns die Lücken und Nischen“ (Bereb3, 133-136), wobei<br />
sie beson<strong>der</strong>e Schwierigkeiten hat, Zugang zu den Jugendlichen<br />
zu bekommen.<br />
Die Erkenntnis, „es hat eben so je<strong>der</strong> Akteur seine Befindlichkeit“<br />
(Bereb 6, 780-819), betrifft allerdings keinesfalls<br />
nur die Schule, son<strong>der</strong>n auch den an<strong>der</strong>en zentralen<br />
Akteur, die Berufsberatung <strong>der</strong> Agentur für Arbeit,<br />
auch wenn die Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter<br />
sich weitestgehend positiv über die Kooperation mit<br />
<strong>der</strong> Berufsberatung äußern. Die Berufsberatung dagegen<br />
erwartet nicht nur, dass die Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />
und -begleiter sich in <strong>der</strong> Schule einbringen, son<strong>der</strong>n sehen<br />
sie vor allem als Informationsquelle für ihren Part,<br />
die Berufsberatung im engeren Sinne <strong>der</strong> halbjährlichen<br />
Einzelgespräche mit Jugendlichen und Eltern sowie die<br />
Ausbildungsvermittlung:<br />
„Da erwarte ich einfach, dass wir stärker mit ins Boot genommen<br />
werden (BB4, 9) … Da ist sie vielleicht im letzten<br />
Jahr noch ein bisschen schnell gewesen und hat<br />
versucht, viele Sachen selber mit den Jugendlichen zu<br />
machen, die eigentlich eher unsere Aufgabe sind, ne …<br />
Berufliche Beratung sollte da nicht unbedingt vom Berufseinstiegsbegleiter<br />
gemacht werden, zumindest nicht<br />
so intensiv, o<strong>der</strong> nicht abschließend.“ (ebenda 51)