48 Frankreich LÄNDERFALLSTUDIE + die Individualisierung des <strong>Bachelor</strong>-Studiums durch die E<strong>in</strong>führung der Haupt- <strong>und</strong> Nebenfachstruktur <strong>und</strong> + die Verbesserung der Didaktik durch die Schaffung von équipes de formation (Teams für <strong>Studiengänge</strong>). Zudem werden <strong>in</strong> Frankreich Credits nach dem europäischen Muster <strong>und</strong> das Diploma Supplement e<strong>in</strong>geführt.
LÄNDERFALLSTUDIE Niederlande 6.2 Niederlande Sandra Bürger, Ko Scheele 1. E<strong>in</strong>leitung: Übersicht zum niederländischen Hochschulsystem Die Hochschullandschaft <strong>in</strong> den Niederlanden war zur Zeit der Bologna-Erklärung durch e<strong>in</strong>e b<strong>in</strong>äre Struktur gekennzeichnet: + 13 <strong>Universität</strong>en – staatlich gefördert, selbst wenn privat <strong>in</strong> der Rechtsform – boten wissenschaftlich orientierte Studienprogramme an, + 56 Hogescholen – ebenfalls unabhängig vom Rechtsstatus staatlich gefördert – waren für berufsorientierte Studienprogramme zuständig. Die erforderliche Studiendauer betrug an Hogescholen vier Jahre e<strong>in</strong>schließlich Praxisphasen <strong>und</strong> an den <strong>Universität</strong>en zumeist vier Jahre <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Fächern bis sechs Jahre. Die <strong>Universität</strong>en nahmen fast 40 Prozent <strong>und</strong> die Hogescholen etwas über 60 Prozent der Studienanfänger auf. Vor der Studienstrukturreform waren im Jahr 2001 an den Hogescholen 321.515 Studierende <strong>und</strong> an den <strong>Universität</strong>en 173.509 Studierende e<strong>in</strong>geschrieben. Die E<strong>in</strong>führung von <strong>Bachelor</strong>- <strong>und</strong> <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong>n, mit der im Jahr 2002 <strong>in</strong> den Niederlanden begonnen wurde, ist <strong>in</strong>nerhalb der letzten sechs Jahre schon die dritte, aber umfangreichste Reform im niederländischen Hochschulwesen. Es gab also fast gleichzeitig e<strong>in</strong>e Fülle von Neuerungen, die nur zum Teil als unmittelbarer Bestandteil des Bologna-Prozesses angesehen werden können. 2. Die sich abzeichnende Logik des gestuften Systems von <strong>Studiengänge</strong>n Das Hochschulgesetz von 2002 (Higher Education Act) sieht e<strong>in</strong>e flächendeckende Veränderung der Studiengangsstrukturen an den niederländischen Hochschulen vor: Den Hogescholen wurde vorgegeben, die <strong>Studiengänge</strong> <strong>in</strong> 2002/03 <strong>in</strong> <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong> umzuwandeln. Die berufsorientierten Vorgänger-<strong>Studiengänge</strong> an Hogescholen umfassten vier Jahre. Die neuen <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong> s<strong>in</strong>d ebenfalls auf e<strong>in</strong>e Dauer von vier Jahren angelegt. Hogescholen können nun aber sowohl berufs- als auch wissenschaftsorientierte <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong> anbieten. Die Zahl der <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong> an den Hogescholen – oft <strong>in</strong> Nachfolge früherer Ausbaustudiengänge – ist bisher sehr ger<strong>in</strong>g. Von diesen e<strong>in</strong>jährigen <strong>Studiengänge</strong>n erhält der größere Teil ke<strong>in</strong>e staatliche Förderung, sondern wird ausschließlich über Gebühren f<strong>in</strong>anziert. Den <strong>Universität</strong>en <strong>in</strong> den Niederlanden wurde es freigestellt, ihre Studienstruktur nach <strong>und</strong> nach umzustellen. Neue <strong>Studiengänge</strong> dürfen aber nur noch <strong>in</strong> der Struktur e<strong>in</strong>es <strong>Bachelor</strong>- oder <strong>Master</strong>-Studiengangs entwickelt werden. Bei den universitären 49 <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong>n ist <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e Dauer von drei Jahren vorgesehen. Forschungsorientierte <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong> umfassen meistens e<strong>in</strong> Studienangebot für e<strong>in</strong> Jahr oder zwei Jahre. Im Bereich der Agrarwissenschaften, Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften <strong>und</strong> e<strong>in</strong>iger anderer Fächer erstreckt sich der <strong>Master</strong>-Studiengang über zwei Jahre <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen ges<strong>und</strong>heitswissenschaftlichen Fächern über drei Jahre. In der Mehrzahl der Fächer ist die erforderliche Gesamtdauer des <strong>Bachelor</strong>- <strong>und</strong> <strong>Master</strong>-Studiums genauso lang wie bei den früheren universitären <strong>Studiengänge</strong>n; nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen <strong>Studiengänge</strong>n haben <strong>Master</strong>-Studierende e<strong>in</strong> zusätzliches Jahr zu absolvieren. Die mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Studiengänge</strong> wurden nicht <strong>in</strong> die neue <strong>Bachelor</strong>-<strong>Master</strong>-Struktur e<strong>in</strong>gepasst. Es gilt weiter die Studienstruktur von vier plus zwei Jahren Studienzeit. Auch für künstlerische Fächer <strong>und</strong> die Lehrerausbildung gelten für e<strong>in</strong>e unbestimmte Übergangsphase Sonderregelungen. Studierende, die e<strong>in</strong> Studium <strong>in</strong> der früheren Struktur aufgenommen haben, können <strong>in</strong> die neuen <strong>Studiengänge</strong> wechseln oder ihr Studium <strong>in</strong> den alten <strong>Studiengänge</strong>n fortsetzen, die voraussichtlich bis zum Jahr 2007 noch parallel für Studierende angeboten werden. Allerd<strong>in</strong>gs empfahlen die <strong>Universität</strong>sleitungen den Studierenden per Brief, <strong>in</strong> die neuen <strong>Studiengänge</strong> zu wechseln. Wie e<strong>in</strong> Interviewpartner berichtet, kamen im ersten Jahr nur wenige Studierende dieser Empfehlung nach, aber bereits im Jahre 2003 g<strong>in</strong>g die Mehrheit der Studierenden an se<strong>in</strong>er <strong>Universität</strong> <strong>in</strong> die neuen <strong>Studiengänge</strong> über. An den Hogescholen wurden die neuen <strong>Studiengänge</strong> von Beg<strong>in</strong>n an für Studierende aller Jahrgänge <strong>in</strong> das neue System überführt. Für die Zulassung zu den <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong>n gibt es ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>en Regelungen. Die <strong>Universität</strong>en können selbst über die Kapazität <strong>und</strong> die Zulassungskriterien <strong>und</strong> -verfahren entscheiden. Den <strong>Bachelor</strong>-Absolventen muss aber die Möglichkeit des E<strong>in</strong>stiegs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en <strong>Master</strong>-Studiengang an derselben <strong>Universität</strong> garantiert werden. Die Studienstrukturreform wurde jedoch nicht <strong>in</strong> der Absicht durchgeführt, dass die Studierenden, die weiterstudieren wollen, <strong>in</strong> der Regel an derselben <strong>Universität</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> demselben Studienfach verbleiben. Erwartet wird, dass dadurch <strong>in</strong> Zukunft auch e<strong>in</strong>e Mobilität zwischen den Hochschulen <strong>in</strong> den Niederlanden, zwischen den Fächern sowie e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Mobilität ermuntert wird 3. Der Stand der Implementation Wie bereits ausgeführt, legte das niederländische Hochschulgesetz fest, dass alle <strong>Studiengänge</strong> an Hogescholen sofort für alle Studienjahrgänge <strong>in</strong> die neue <strong>Bachelor</strong>-<strong>Master</strong>-Struktur überführt werden. Die <strong>Universität</strong>en hatten 2002 ebenfalls die E<strong>in</strong>führung neuer <strong>Studiengänge</strong> für die Studienanfänger vorzunehmen; sie konnten die Studienangebote für die Studierenden, die vorher zugelassen waren, entweder sofort oder nach e<strong>in</strong>er angemessenen Zeitphase umstellen, um den Studierenden e<strong>in</strong>en Abschluss im alten System zu ermöglichen. Von der Umstellung wurden – zunächst e<strong>in</strong>mal für unbestimmte Zeit – die universitären Studienangebote <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>und</strong> künstlerischen Fächern sowie die Lehrerausbildung ausgenommen.