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Bachelor- und Master-Studiengänge in ... - Universität Passau

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70 Österreich LÄNDERFALLSTUDIE<br />

Der Implementationsprozess der neuen Studiengangsstruktur<br />

geht <strong>in</strong> Österreich ohne Begleitung von besonderen Gremien,<br />

ohne sehr e<strong>in</strong>gehende öffentliche Diskussionen <strong>und</strong> auch ohne<br />

Bereitstellung besonderer Mittel für den Umstellungsprozess<br />

vonstatten. E<strong>in</strong>ige der Interviewpartner bedauerten dies. So<br />

me<strong>in</strong>te e<strong>in</strong> Repräsentant der Fachhochschulen:<br />

„Es gibt zum Beispiel ke<strong>in</strong>e Aussagen, die e<strong>in</strong>e Positionierung von<br />

<strong>Universität</strong>en <strong>und</strong> Fachhochschulen im neuen System unterstützen<br />

würden, sondern da habe ich eher das Gefühl, politisch schaut man<br />

sich das an, was wir (die Fachhochschulen, d. A.) so tun <strong>und</strong> wie wir<br />

uns positionieren, wie die <strong>Universität</strong>en sich positionieren, also da ist<br />

ke<strong>in</strong>e klare Vorgabe, es gibt so Vorstöße, aber das s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>zelvorstöße.<br />

(...) Die Hochschulen, egal ob <strong>Universität</strong>en oder Fachhochschulen,<br />

entwickeln Bildungsprogramme, Bologna-konforme, aber das ist e<strong>in</strong>fach<br />

unsere Geschichte, das zu bewerben <strong>und</strong> zu positionieren, die<br />

Politik sagt da nichts dazu.“<br />

5. E<strong>in</strong>schätzungen der wichtigsten Akteure <strong>und</strong> Interessenten<br />

Die E<strong>in</strong>führung von gestuften <strong>Studiengänge</strong>n <strong>und</strong> -abschlüssen<br />

trifft unter den Akteuren <strong>und</strong> Interessenten an der Entwicklung<br />

des Hochschulsystems auf weitgehende Zustimmung. Für richtig<br />

wird gehalten, dass die neue Struktur nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Kopie<br />

der angelsächsischen Lösungen darstellt, kritisiert wird jedoch<br />

zum Beispiel, dass bisher ke<strong>in</strong>e genu<strong>in</strong>e, allseits zutreffende europäische<br />

Lösung gef<strong>und</strong>en wurde.<br />

Drei Äußerungen mögen die Diskussion über die Ziele der Reform<br />

wie über die jeweiligen Funktionen der Stufen illustrieren.<br />

Die erste ist e<strong>in</strong> Auszug aus e<strong>in</strong>er Stellungnahme der Wirtschaftsuniversität<br />

Wien im Jahre 1999 zu den Funktionen der Stufen:<br />

„Abgesehen von diesen europa-politischen Aspekten ersche<strong>in</strong>t ungeklärt,<br />

welches Bildungsziel mit den dreistufigen <strong>Studiengänge</strong>n verfolgt<br />

wird <strong>und</strong> wie das geplante Modell s<strong>in</strong>nvoll <strong>in</strong> die bestehenden<br />

Ausbildungssysteme e<strong>in</strong>gegliedert werden soll. Ungeklärt ersche<strong>in</strong>t<br />

<strong>in</strong>sbesondere, welche Funktion e<strong>in</strong> sechssemestriges <strong>Bachelor</strong>-Studium<br />

neben achtsemestrigen Fachhochschullehrgängen haben soll.<br />

Dass Fachhochschulen e<strong>in</strong>e praxisbezogene Ausbildung auf Hochschulniveau<br />

zwecks Vermittlung der Fähigkeit, die Aufgaben des<br />

jeweiligen Berufsfeldes zu lösen, zum Ziel haben (§ 3 Abs 1 Fachhochschul-Studiengesetz)<br />

<strong>und</strong> dass <strong>Bachelor</strong>-Studien der wissenschaftlichen<br />

Berufsvorbildung dienen sollen (§ 4 Z 3 des Entwurfs), beantwortet<br />

die Frage nach dem differenzierten Bildungsziel nicht h<strong>in</strong>reichend.“<br />

Die B<strong>und</strong>eskonferenz der <strong>Universität</strong>sprofessor<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Universität</strong>sprofessoren<br />

(PROKO) äußerte sich im gleichen Jahr kritisch<br />

zu den Bildungszielen der Studienstrukturreform:<br />

„Die PROKO weist mit Sorge darauf h<strong>in</strong>, dass die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es<br />

,bachelor’ e<strong>in</strong>e schwer abschätzbare <strong>und</strong> nach Fächern ganz unterschiedliche<br />

Vermehrung des Lehraufwandes mit sich br<strong>in</strong>gen wird.<br />

Durch die vorgesehene Regulierung des Studiums müssten ja auch<br />

jene Unterrichtsgegenstände jedes Semester angeboten werden, die<br />

bisher nur <strong>in</strong> regelmäßigen Intervallen (z. B. jedes vierte Semester)<br />

gelesen wurden. Bei e<strong>in</strong>er derart enormen Erweiterung des Lehraufwandes<br />

ist mit e<strong>in</strong>er beträchtlichen Steigerung der Kosten für die<br />

Lehre zu rechnen. Nach Me<strong>in</strong>ung der PROKO hat der Nationalrat die<br />

erheblichen budgetären Konsequenzen zu berücksichtigen.<br />

Weiter hält die PROKO fest, dass der vorgesehene Entwurf des <strong>Universität</strong>s-Studiengesetzes<br />

durch se<strong>in</strong>e Verschulung e<strong>in</strong>e deutliche Reduzierung<br />

der Verb<strong>in</strong>dung zwischen Lehre <strong>und</strong> Forschung im Rahmen<br />

des Bakkalaureatsstudiums bewirken muss. E<strong>in</strong>e ‘forschungsgeleitete<br />

Lehre’ ist im Rahmen e<strong>in</strong>es Schulklassenbetriebes kaum möglich.“<br />

Die Österreichische HochschülerInnenschaft stellte im Jahre<br />

2003 <strong>in</strong> Frage, dass die E<strong>in</strong>führung von <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong>n<br />

<strong>und</strong> -abschlüssen <strong>in</strong> allen Fachrichtungen s<strong>in</strong>nvoll sei:<br />

„Wenn Studienrichtungen wie beispielsweise Publizistik als Bakkalaureat<br />

angeboten werden, ist das zu befürworten, weil dann e<strong>in</strong>e<br />

gezielte Ausbildung für JournalistInnen vorhanden wäre. Bei anderen<br />

Studienrichtungen wie der Judaistik stellt sich schon die S<strong>in</strong>nfrage,<br />

da diese stärker <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Richtung tendieren. (...)<br />

Diese vielen Bakkalaureate führen zu e<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>baren Erhöhung<br />

der AkademikerInnenquote, da sicher e<strong>in</strong>ige durch die kurze Studienzeit<br />

eher bereit s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong> solches Studium zu beg<strong>in</strong>nen. Jedoch läuft<br />

das darauf h<strong>in</strong>aus, dass Studierende nur mit e<strong>in</strong>em Bakkalaureat <strong>in</strong><br />

der Tasche nicht so gerne genommen werden wie beispielsweise FachhochschülerInnen.<br />

(...) Es bleibt zu befürchten, dass die F<strong>in</strong>anzierung<br />

des Bakkalaureats gesichert ist, jedoch alles darüber h<strong>in</strong>aus<br />

zum ‘Privatvergnügen’ avanciert <strong>und</strong> sich das M<strong>in</strong>isterium aus se<strong>in</strong>er<br />

Verantwortung nimmt.“<br />

Vertreter des Fachhochschulbereichs reagierten auf die Strukturreform<br />

zunächst sehr reserviert, weil ihr e<strong>in</strong> Jahrzehnt zuvor<br />

e<strong>in</strong>geführtes Studienangebot sehr erfolgreich war. Ähnlich<br />

äußerten sich auch die Arbeiterkammer <strong>und</strong> viele Arbeitgeber.<br />

Inzwischen werden die Reformen stärker positiv beurteilt <strong>und</strong><br />

vorangetrieben.<br />

Kontrovers wurde die gesetzliche Vorgabe diskutiert, die<br />

neuen Titel <strong>in</strong> deutscher Sprache vorzusehen. Während die Vertretung<br />

der <strong>Universität</strong>sprofessoren die Vergabe von Titeln <strong>in</strong><br />

deutscher Sprache mit e<strong>in</strong>em zusätzlichen englischen Äquivalent<br />

unterstützt, verwies die Fachhochschulkonferenz auf Gefahren<br />

der Verwechslung der alten <strong>und</strong> neuen Magister. Die Industriellenvere<strong>in</strong>igung<br />

rechnet mit e<strong>in</strong>er besseren <strong>in</strong>ternationalen Anerkennung,<br />

wenn die Titel <strong>in</strong> englischer Sprache geführt würden.<br />

In verschiedenen Stellungnahmen wurde <strong>in</strong> Österreich hervorgehoben,<br />

dass e<strong>in</strong>e Arbeitsmarktrelevanz des Bakkalaureatsstudiums<br />

nicht mehr oder weniger automatisch durch die strukturelle<br />

Umstellung gegeben sei, sondern e<strong>in</strong>e Neugestaltung des<br />

Studienangebots erfordere. Seitens der Industrie wurde zum Beispiel<br />

gefordert, dass Vertreter der Berufspraxis stärker <strong>in</strong> die Entwicklung<br />

von Studienangeboten e<strong>in</strong>bezogen werden sollten, um<br />

den <strong>Bachelor</strong>-Absolventen attraktive E<strong>in</strong>stiegschancen <strong>in</strong> die<br />

Industrie zu eröffnen. Wert gelegt werden solle auf die Beherrschung<br />

des Kernwissens der jeweiligen Diszipl<strong>in</strong> sowie auf<br />

methodische <strong>und</strong> soziale Schlüsselkompetenzen.<br />

<strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong>n komme e<strong>in</strong>e entscheidende Bedeutung<br />

bei der Reaktion auf akute Qualifikationsbedarfe durch entsprechend<br />

vielfältige, wirtschaftsnahe <strong>und</strong> flexible Spezialisierungen<br />

bei gleichzeitiger fachlicher Breite des Know-hows zu.<br />

Auch die Neugestaltung des Doktoratsstudiums sei zu begrüßen,<br />

da:

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