Bachelor- und Master-Studiengänge in ... - Universität Passau
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LÄNDERFALLSTUDIE Ungarn<br />
nivellieren können, denn viel wichtiger als die Ausbildung sei die<br />
Frage, welche Aufgabenfelder man im Laufe se<strong>in</strong>er Karriere übernehme<br />
<strong>und</strong> an welcher Stelle <strong>in</strong> der Hierarchie man sich positioniere.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs zeigten sich bei e<strong>in</strong>em Unternehmen Unterschiede<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Rekrutierung dah<strong>in</strong>gehend, dass die dort<br />
Beschäftiger College-Absolventen <strong>in</strong> der Regel etwa e<strong>in</strong> Jahr, z. B.<br />
als Studenten, vor ihrer eigentlichen E<strong>in</strong>stellung beschäftigt<br />
waren, woh<strong>in</strong>gegen die Kennenlernzeit bei <strong>Universität</strong>sabsolventen<br />
wesentlich niedriger lag (hier genügte beispielsweise e<strong>in</strong><br />
dreimonatiges Praktikum). Im Forschungsbereich beschäftigen<br />
die Unternehmen vorwiegend bzw. ausschließlich Doktoranden<br />
oder Promovierte.<br />
Für die Tatsache, dass Unternehmen trotz der gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Bereitschaft zur Gleichbehandlung von College- <strong>und</strong> <strong>Universität</strong>sabsolventen<br />
de facto <strong>in</strong> weit höherem Maße <strong>Universität</strong>sabsolventen<br />
beschäftigen (Unternehmen 1 beispielsweise drei mal<br />
so viele <strong>und</strong> Unternehmen 2 doppelte so viele (nichtpromovierte)<br />
<strong>Universität</strong>sabsolventen als College-Absolventen), ist nicht nur<br />
das weitaus größere Fächerspektrum an <strong>Universität</strong>en verantwortlich,<br />
sondern auch die Tatsache, dass die Qualität der College-Ausbildung<br />
nicht sehr überzeugend sei, von e<strong>in</strong>igen wenigen<br />
Ausnahmen abgesehen. E<strong>in</strong> Interviewpartner sprach <strong>in</strong> diesem<br />
Zusammenhang sogar von sogenannten A-Schools <strong>und</strong> B-<br />
Schools.<br />
Exakt gegenteilig ist die Erfahrung des zweiten Unternehmens<br />
mit College-Absolventen, die <strong>in</strong> manchen Bereichen sogar<br />
<strong>Universität</strong>sabsolventen vorgezogen würden. Gr<strong>und</strong>: Informatiker<br />
mit e<strong>in</strong>em <strong>Universität</strong>sdiplom hätten zwar e<strong>in</strong>en Vorsprung,<br />
wenn es beispielsweise um Programmentwicklung gehe, allerd<strong>in</strong>gs<br />
zeichneten sich College-Informatiker durch e<strong>in</strong>e größere<br />
Problemlösungskompetenz aus, <strong>und</strong> sie seien <strong>in</strong> der Lage, sich<br />
schnell <strong>in</strong> gegebene Fragestellungen e<strong>in</strong>zuarbeiten. E<strong>in</strong> weiterer<br />
wichtiger Vorteil wird dar<strong>in</strong> gesehen, dass College-Informatiker<br />
eher bereit seien, Reparaturarbeiten an den Computeranlagen<br />
selbst vorzunehmen. Der Bedarf an Personen mit „Problemlösungskompetenz“<br />
sei <strong>in</strong> der Industrie höher als der Bedarf an<br />
„kreativen Personen“.<br />
Unterschiede werden jedoch von allen Unternehmen im H<strong>in</strong>blick<br />
auf die Lernfähigkeit <strong>und</strong> Weiterbildungsbereitschaft gesehen.<br />
<strong>Master</strong>-Absolventen werden demnach nicht nur über e<strong>in</strong><br />
höheres Qualifikationsniveau, sondern auch über e<strong>in</strong>e erhöhte<br />
Lernfähigkeit <strong>und</strong> Lern- <strong>und</strong> Weiterbildungsbereitschaft verfügen,<br />
<strong>und</strong> dies werde von Unternehmen sehr positiv bewertet.<br />
Nach Ansicht e<strong>in</strong>es Interviewpartners haben jetzige <strong>Universität</strong>sabsolventen<br />
<strong>und</strong> künftige <strong>Master</strong>-Absolventen bewiesen, dass sie<br />
<strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d zu lernen. Die begabten <strong>und</strong> lernwilligen <strong>Bachelor</strong>-Absolventen<br />
werden nach Ansicht der Beschäftiger versuchen,<br />
auch den <strong>Master</strong>-Abschluss zu erwerben.<br />
Die Studienstrukturreform berge jedoch auch die Gefahr e<strong>in</strong>er<br />
Inflation der Ausbildung auf <strong>Bachelor</strong>-Niveau.<br />
Die Frage des „objektiven“ Bedarfs e<strong>in</strong>er bestimmten Quantität<br />
von <strong>Bachelor</strong>- <strong>und</strong> <strong>Master</strong>-Absolventen konnte von Seiten der<br />
Beschäftiger nicht ohne weiteres beantwortet werden, denn die<br />
jetzige Personalstruktur spiegele nicht e<strong>in</strong>en objektiven Bedarf,<br />
sondern eher e<strong>in</strong>e Reaktion auf das vom Bildungssystem produzierte<br />
Angebot wider. Bei e<strong>in</strong>er quantitativen Erhöhung der Aus-<br />
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bildung auf <strong>Bachelor</strong>-Niveau bzw. bei e<strong>in</strong>er qualitativen Verbesserung<br />
der drei- oder dreie<strong>in</strong>halbjährigen Ausbildung könne<br />
man sich durchaus vorstellen, e<strong>in</strong>e höhere Anzahl an <strong>Bachelor</strong>-<br />
Absolventen e<strong>in</strong>zustellen.<br />
Von daher wurde die Verlängerung der Studiendauer <strong>und</strong> die<br />
Anhebung des theoretischen Niveaus an Colleges <strong>in</strong> der technischen<br />
Ausbildung sehr begrüßt. Vorstellbar ist auch, dass die College-äquivalente<br />
<strong>Bachelor</strong>-Ausbildung <strong>in</strong> Zukunft alle<strong>in</strong> schon<br />
durch die stärkere Involvierung des <strong>Universität</strong>ssektors e<strong>in</strong>e Qualitätssteigerung<br />
erfahren wird. Sehr begrüßt wurde auch die Tatsache,<br />
dass die neuen Bildungs- <strong>und</strong> Kompetenzrichtl<strong>in</strong>ien e<strong>in</strong>e<br />
bessere Vergleichbarkeit der landesweiten Qualität mit sich<br />
brächten.<br />
Umgekehrt gibt es auf Seiten der Beschäftiger Bedenken, dass<br />
die Qualität der <strong>Master</strong>-Ausbildung im Vergleich zur jetzigen <strong>Universität</strong>sausbildung<br />
abs<strong>in</strong>ken könnte, wenn <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong><br />
auf praxisorientierte <strong>und</strong> theoriereduzierte <strong>Bachelor</strong>-Ausbildungen<br />
an der <strong>Universität</strong> aufsetzen.<br />
Auf Seiten der Beschäftiger wird vermutet, dass der theoretische<br />
Stoff für den <strong>Master</strong>-Zugang nachgeholt werden bzw. anderweitig<br />
erworben werden muss, zum Beispiel durch private Nachhilfest<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> freiwillige Lerngruppen.<br />
Bezüglich der Frage, wie die universitäre <strong>Bachelor</strong>-Ausbildung<br />
im Vergleich zur <strong>Bachelor</strong>-Ausbildung an Colleges am Arbeitsmarkt<br />
zu werten sei, gab es kontroverse Ansichten: E<strong>in</strong> Interviewpartner<br />
antwortete beispielsweise, dass er e<strong>in</strong>erseits gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
e<strong>in</strong> höheres Vertrauen <strong>in</strong> die Qualität der Ausbildung an <strong>Universität</strong>en<br />
als an Colleges habe <strong>und</strong> dass er davon ausgehe, dass<br />
auch die kürzer ausgebildeten <strong>Bachelor</strong>-Absolventen vom besser<br />
ausgebildeten <strong>Universität</strong>spersonal profitieren würden oder eher<br />
die Möglichkeit hätten, an anspruchsvolleren Forschungsprojekten<br />
mitzuwirken. Allerd<strong>in</strong>gs dürften diese nicht zu generell ausgebildet<br />
se<strong>in</strong>, sondern sollten schon e<strong>in</strong> gewisses Maß an Spezialisierung<br />
mitbr<strong>in</strong>gen, andernfalls würde er College-Absolventen<br />
den Vorzug gewähren.<br />
Molnar <strong>und</strong> Jobbagy (2004, S. 114) ziehen h<strong>in</strong>gegen u.a. folgendes<br />
Fazit aus e<strong>in</strong>er Unternehmensbefragung:<br />
„The size of the Hungarian economy does not justify considerably<br />
specialization <strong>in</strong> eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g programmes. In a two cycle system<br />
especially, first cycle programmes need to be quite general.“<br />
E<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressanter Aspekt der Fallstudie war, dass die Beschäftiger<br />
<strong>in</strong> Ungarn obwohl sie derzeit nur wenig über den Bologna-<br />
Prozess an sich wissen, doch e<strong>in</strong>e gewisse Öffnung der Hochschulen<br />
wahrnehmen: Hochschulen (<strong>in</strong>sbesondere <strong>Universität</strong>en)<br />
suchten stärker den Kontakt zu Unternehmen als früher <strong>und</strong><br />
seien stärker an den Qualifikationsanforderungen von Unternehmen<br />
<strong>in</strong>teressiert.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der sogenannten Qualifikationsbedürfnisse wurde<br />
<strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>es sehr deutlich: Die befragten Unternehmen<br />
sehen <strong>in</strong> Ungarn derzeit den Mangel an Praxiserfahrung <strong>und</strong> Praxisorientierung<br />
von Hochschulabsolventen als problematisch an.<br />
Dafür gebe es unterschiedliche Gründe, die nicht nur bei den<br />
Hochschulen, sondern auch bei den Unternehmen selbst zu<br />
suchen seien, so beispielsweise