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Bachelor- und Master-Studiengänge in ... - Universität Passau

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LÄNDERFALLSTUDIE Ungarn<br />

Während <strong>Universität</strong>en Bedenken <strong>in</strong> Bezug auf die Qualität<br />

von <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong>n haben, die zukünftig auch von Colleges<br />

angeboten werden können, haben Colleges umgekehrt<br />

Bedenken gegenüber der Praxisorientierung von <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong>n<br />

an <strong>Universität</strong>en.<br />

Die Studienstrukturreform wird nach Ansicht e<strong>in</strong>iger Interviewpartner<br />

für die <strong>Universität</strong>en e<strong>in</strong>en größeren Umwälzungsprozess<br />

<strong>in</strong> Gang br<strong>in</strong>gen als für die Colleges, denn Colleges hatten<br />

bereits <strong>in</strong> der Vergangenheit <strong>Bachelor</strong>-ähnliche <strong>Studiengänge</strong>.<br />

Während die neuen Bildungs- <strong>und</strong> Kompetenzrichtl<strong>in</strong>ien für die<br />

Colleges im Wesentlichen zur Folge haben, dass die theoretische<br />

Gr<strong>und</strong>lage etwas angehoben werden muss, ist die Umstrukturierung<br />

des Curriculums für <strong>Universität</strong>en mit e<strong>in</strong>em weit größeren<br />

Aufwand verb<strong>und</strong>en, denn umfangreiche theoretische Blöcke<br />

müssen nun <strong>in</strong> die <strong>Master</strong>-Phase verschoben werden, um Möglichkeiten<br />

für Spezialisierungen <strong>und</strong> praxisorientierte Anteile <strong>in</strong> der<br />

<strong>Bachelor</strong>-Phase zu schaffen, so dass Absolventen e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Arbeitsmarktfähigkeit schon nach der ersten Stufe erlangen.<br />

Das Herunterschrauben des theoretischen Anteils <strong>in</strong> der<br />

<strong>Bachelor</strong>-Stufe hat nun zur Folge, dass Professoren, die es<br />

gewohnt waren, Lehrveranstaltungen auf e<strong>in</strong>em hohen theoretischen<br />

Niveau zu halten, den Studierenden, wie e<strong>in</strong> Interviewpartner<br />

es ausdrückte, nicht mehr das „Warum“, sondern nur noch<br />

das „Wie“ etwas funktioniert beibr<strong>in</strong>gen können, was gewisse<br />

Spannungen bei den Lehrenden h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Rolle <strong>und</strong> ihres<br />

Bildungsverständnisses hervorruft.<br />

Sorgen bereitet auch die Qualität derjenigen <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong>,<br />

die nun kürzer s<strong>in</strong>d als die früheren College-<strong>Studiengänge</strong><br />

im gleichen Feld, zumal der ursprüngliche Lernstoff aufgr<strong>und</strong><br />

der neu h<strong>in</strong>zugekommenen Anforderungen an breiterer<br />

Theoriebasis <strong>und</strong> Kompetenzentwicklung noch stärker komprimiert<br />

werden muss.<br />

Weitgehend positiv wurde im Rahmen der Interviews h<strong>in</strong>gegen<br />

die Reduktion von <strong>Studiengänge</strong>n (von ca. 413 auf 108)<br />

bewertet, denn es erschien den Gesprächspartnern notwendig,<br />

die starke Verästelung von Studienzweigen zugunsten e<strong>in</strong>er größeren<br />

Übersichtlichkeit für Studienanfänger zurückzunehmen.<br />

Die Studienstrukturreform wird auf studentischer Seite derzeit<br />

kaum wahrgenommen. Das ist verständlich, bedenkt man,<br />

dass die E<strong>in</strong>führung der meisten <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong> <strong>in</strong> 2005<br />

<strong>und</strong> 2006 erst die zukünftige Studierendengeneration betreffen<br />

wird. Auf Seiten der Studierendenvertretung wird die durch die<br />

Bologna-Erklärung <strong>in</strong> Gang gesetzte Studienstrukturreform, die<br />

<strong>in</strong> Ungarn zu e<strong>in</strong>er rechtlichen Vere<strong>in</strong>heitlichung des Bildungsauftrags<br />

von Colleges <strong>und</strong> <strong>Universität</strong>en geführt hat, sehr<br />

begrüßt, denn dar<strong>in</strong> werden neue Chancen für Durchlässigkeit<br />

<strong>und</strong> Mobilität gesehen. Als besonders wichtig wird auf Seiten der<br />

Studierendenvertretung die Qualitätsfrage betrachtet, da sie die<br />

Gr<strong>und</strong>bed<strong>in</strong>gung für die Anerkennung <strong>und</strong> den Transfer von Studienleistungen<br />

sicherstellt. Es besteht die Befürchtung, dass die<br />

Qualität <strong>in</strong> der Transitionsphase darunter leiden könnte, dass<br />

noch Unsicherheiten über Standards existieren.<br />

Die Arbeitgeberseite hat sich bislang an den Reformen noch<br />

wenig <strong>in</strong>teressiert gezeigt, allerd<strong>in</strong>gs gilt es auch hier den frühen<br />

Zeitpunkt der Fallstudie zu berücksichtigen, denn der Arbeitsmarkt<br />

wird frühestens 2008 mit der ersten großen Welle von<br />

83<br />

<strong>Bachelor</strong>-Absolventen konfrontiert se<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>em Artikel der Zeitschrift<br />

des Ungarischen Ingenieur-Berufsverbands argumentiert<br />

der Vizevorsitzende für die Notwendigkeit, die Ingenieurausbildung<br />

entlang den Bologna-Zielsetzungen zu gestalten (Mérnök<br />

Újság 2003). E<strong>in</strong> weiterer Repräsentant der Arbeitgeberseite wertete<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er Debatte auf e<strong>in</strong>em Arbeitgeberforum <strong>in</strong>sbesondere<br />

die Flexibilität der neuen Struktur positiv.<br />

6. Folgen für die Struktur der Hochschullandschaft<br />

E<strong>in</strong> dezidiertes Ziel des Bologna-Prozesses <strong>in</strong> Ungarn ist es, die seit<br />

Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bestehende Trennung zwischen <strong>Universität</strong>en<br />

<strong>und</strong> Colleges zu überw<strong>in</strong>den <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Hochschulsystem zu gelangen, um so mehr Mobilität,<br />

Flexibilität, Vergleichbarkeit <strong>und</strong> Transparenz zu ermöglichen.<br />

Dafür wurde beispielsweise die bislang gesetzlich fixierte Aufgabenteilung<br />

zwischen <strong>Universität</strong>en (Forschungs- <strong>und</strong> Theorieorientierung)<br />

<strong>und</strong> Colleges (Praxisorientierung) aufgehoben. Der<br />

Entwurf des neuen Hochschulgesetzes sieht als e<strong>in</strong>zige Unterscheidung<br />

die Doktoratsausbildung vor, die nach wie vor nur an<br />

<strong>Universität</strong>en stattf<strong>in</strong>den soll.<br />

Colleges können nun im Pr<strong>in</strong>zip die gleichen <strong>Bachelor</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong> anbieten wie <strong>Universität</strong>en, denn die Bildungs-<br />

<strong>und</strong> Kompetenzrichtl<strong>in</strong>ien gelten gleichermaßen für <strong>Universität</strong>en<br />

wie für Colleges. Es ist weiterh<strong>in</strong> auch davon auszugehen,<br />

dass die Studienstrukturreform zu e<strong>in</strong>er stärkeren Angleichung der<br />

Qualität der Hochschulbildung <strong>in</strong> Ungarn beitragen wird.<br />

Experten gehen davon aus, dass bestehende Traditionen dennoch<br />

<strong>in</strong> gewissem Maße fortleben <strong>und</strong> <strong>Universität</strong>en gegenüber<br />

Colleges ihre Forschungs- <strong>und</strong> Theoriestärke durchsetzen werden.<br />

Obwohl die Studienstrukturreform die Durchlässigkeit zwischen<br />

<strong>Universität</strong>en <strong>und</strong> Colleges deutlich erleichtern soll, gehen<br />

e<strong>in</strong>ige der Interviewpartner derzeit davon aus, dass Studierende,<br />

die e<strong>in</strong>en <strong>Master</strong>-Abschluss anstreben, besser beraten s<strong>in</strong>d, ihr<br />

Studium gleich an e<strong>in</strong>er <strong>Universität</strong> zu beg<strong>in</strong>nen, da Colleges<br />

weniger stark <strong>in</strong> der Vermittlung von theoretischem Wissen s<strong>in</strong>d<br />

als <strong>Universität</strong>en.<br />

Das neue Hochschulgesetz möchte zwar die zukünftige Profilbildung<br />

im Hochschulbereich unterstützen, allerd<strong>in</strong>gs setzen die<br />

Bildungs- <strong>und</strong> Kompetenzrichtl<strong>in</strong>ien gewisse Grenzen, die die<br />

Entwicklung zu starker Divergenzen zwischen e<strong>in</strong>zelnen Institutionen<br />

verh<strong>in</strong>dern. Profilbildung wird da möglich se<strong>in</strong>, wo<br />

bestimmte Spezialisierungen bereits vorhanden s<strong>in</strong>d oder wo<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Arbeitsteilung zwischen <strong>Universität</strong>en <strong>und</strong> Colleges<br />

<strong>in</strong> Bezug auf die <strong>Bachelor</strong>- <strong>und</strong> <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong> entsteht. Es<br />

ist allerd<strong>in</strong>gs noch zu früh, um hierüber mehr als vage Vermutungen<br />

anzustellen.<br />

Die <strong>Master</strong>-<strong>Studiengänge</strong> werden nach jetzigen E<strong>in</strong>schätzungen<br />

wesentlich mehr Gestaltungsspielräume ermöglichen als die<br />

<strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong>, so dass erwartet wird, dass sie das Vehikel<br />

für den Wettbewerb zwischen <strong>Universität</strong>en <strong>und</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

leistungsstarken Colleges se<strong>in</strong> werden. Das Gros der Colleges<br />

wird nach E<strong>in</strong>schätzung der Interviewpartner aber nicht <strong>in</strong> der<br />

Lage se<strong>in</strong>, mit den <strong>Universität</strong>en mitzuhalten <strong>und</strong> sich lediglich<br />

auf <strong>Bachelor</strong>-<strong>Studiengänge</strong> spezialisieren.

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