Tradition1.pdf (Download) - Medienwissenschaft - HU Berlin
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Grenzen linguistischer Deskription - rechnen. 7 Das Studium von<br />
Relationen und ihre Kartographierung (v)ersetzt den<br />
monumentalen Blick auf das einzelne Objekt - eine Dissonanz<br />
von diskretem Datum und Kontext in der Korrelation von<br />
Kenntnis über die genaue Lage und Bewertung von Grabfunden „in<br />
Zusammenhang mit der historisch-archäologischen Situation“ von<br />
Pfahlheim im 7. Jahrhundert . Strategie und<br />
Begriff der Lage verschränken die archäologische, archivische<br />
und militärischen Wahrnehmung gegebener Daten. 8 Einschlägige<br />
Akten lagern in Archiven, so wie archäologische Objekte im<br />
Boden, die alle für viele Jahre geheim bleiben werden; in<br />
dieser Lage bleiben nur Hypothesen und das heißt Erzählungen. 9<br />
Aber machbar scheint es, an den Blaupausen archäologischer<br />
Fundlagen selber Figuren des Unbekannten namens Historie<br />
abzulesen. Von deren Körpern „gibt es immer nur das, was<br />
Medien speichern und weitergeben können“ (ob nun Erdreich oder<br />
museale Speicher). Dabei zählen nicht die semantischen<br />
Inhalte, sondern einzig die Konstellationen der Artefakte, das<br />
Schema ihrer. Archäologische Artefakte werden zur Funktion<br />
einer historischen Dokumentation erst als Übersetzung in eine<br />
Datenbank; der Akt des Eintrags darin transformiert den Status<br />
des Artefakts: "From in situ and unknown, to removed and<br />
researched, before it has any impact on knowledge, the<br />
evidence has largely lost its original integrity. Its meaning<br />
rests only in the information attached to it in the form of<br />
associated records." 10<br />
Vilém Flusser definiert das kulturelle Gedächtnis als Funktion<br />
der Medien seiner Überlieferung. Seine Kommunikationstheorie,<br />
die von Stefan Bollmann und Edith Flusser aus diversen<br />
Vorlesungsskripten destilliert wurde, harrt noch einer<br />
Ergänzung: "Neues wäre von einer Transkription der an<br />
der Universität Bochum im Sommersemester 1991 gehaltenen<br />
Vorlesungen zu erwarten, die auf 35 Tonbandkassetten in<br />
allerdings häufig nur unzureichender Qualität mitgeschnitten<br />
wurden." 11 Daß sich hier - wie bei jeder Übertragung -<br />
tatsächliche Rauschen eingeschlichen hat, demonstrierte der<br />
Medienkünstler Anthony Moore in Bochum, aus Anlaß des<br />
10jährigen Bestehens des Instituts für Film- und<br />
Fernsehwissenschaft der dortigen Universität, im Dezember 1999<br />
als Audio-Performance von Flusser´s noise, worin das auf<br />
Tonband gespeicherte Kratzen der Kreide, also die Bewegung des<br />
Schreibens von Flusser während seiner Bochumer Vorlesungen an<br />
die Tafel des Hörsaals zur Botschaft wurde.<br />
7<br />
Siehe etwa Abb. 1 des Faltblatts im Anhang zu: Ur- und Frühgeschichte als Historische Wissenschaft.<br />
Festschrift zum 60. Geburtstag von Ernst Wahle, hg. v. Horst Kirchner, Heidelberg (Winter) 1950:<br />
„Gesamtfrequenzkurve (G) und ihre Zerlegung in die Anteile Römisches (R) und Nichtrömisches (NR)“.<br />
8<br />
Siehe W. E., Unges(ch)ehene Museen: Bomben, Verschwinden, in: Martin Stingelin / Wolfgang Scherer (Hg.),<br />
HardWar / SoftWar. Krieg und Medien 1914 bis 1945, München (Fink) 1991, 197-218<br />
9<br />
Vgl. Friedrich Kittler, Gramophon - Film - Typewriter, <strong>Berlin</strong> (Brinkmann & Bose) 1987, 3f<br />
10<br />
David Crowther, Archaeology, Material Culture and Museums, in: Susan M. Pearce (Hg.), Museum Studies in<br />
Material Culture, London 1988, 3546 (42)<br />
11<br />
"Editorisches Nachwort" Stefan Bollmann, in: Flusser 1998: 353-355 (355)<br />
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