Tradition1.pdf (Download) - Medienwissenschaft - HU Berlin
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vorliegt und nicht die voll entwickelte Blüte und die gereifte<br />
Frucht.“ 169 Geschichte ist die Theorie morphologischer Räume.<br />
Georges Salles thematisiert die transkulturelle voyage des<br />
formes: "Comment se transmettent-elles réfléchies par d<br />
´autres vues imaginaires. Par essence fluides." 170 Demgegenüber<br />
ersetzt die Systemtheorie die Opposition von Form und Inhalt<br />
im Prozeß der Tradition durch die von Form und Medium; ein<br />
elektronisches Bild etwa ist eine Form in einem Medium strictu<br />
sensu:<br />
Tights couplings are temporary couplings; they integrate and disintegrate, appear and vanish as noises and things<br />
in their respective fields of percption. The medium as pure virtuality cannot prevent the appearing of noises and<br />
things as forms of tight coupling. And it cannot prevent their dissolution. 171<br />
Sogenannte Inhalte, die einem materiellen Träger anvertraut<br />
sind, transportieren neben ihrer eigenen Aussage immer auch<br />
die Botschaft oder präziser: die Formate ihrer<br />
Aufbewahrungsmittel mit.<br />
Die Tatsache, daß visuelle Information über Blumen und Pflanzen nicht in Worten gespeichert werden kann,<br />
weist zugleich darauf hin, daß die Wissenschaft in der westlichen Welt lange vom visuellen Faktor abhängig war.<br />
Seit die Elektrizität vielseitige, nichtvisuelle Möglichkeiten geschaffen hat, Information zu speichern und<br />
wieder verfügbar zu machen, hat nicht nur die Kultur, sondern auch die Wissenschaft Grundlage und Charakter<br />
grundlegend verändert. 172<br />
Nachdem McLuhan Innis´ Empire and Communication gelesen hat,<br />
schreibt er dem Autor und stellt die "very technological form"<br />
aller Kommunikation zur Debatte. Speziell für die moderne<br />
Presse gilt: "Ihre ausgesprochen technologische Form bestimmt<br />
die Wirksamkeit, die Effects weit mehr als irgendeine<br />
informative Absicht". 173 Genau diese Einsicht wird dann später<br />
von den Cultural Studies vom Kopf auf die Füße gestellt, wenn<br />
Raymond Williams etwa, immerhin im Sinne des dialektischen<br />
Materialismus, von Television as Cultural Form schreibt<br />
(1974).<br />
Das Medium bestimmt die Form der Tradition. Kinematographie<br />
als technisches Medium speichert und überträgt Mitschnitte<br />
einer gegebenen Kultur in einem anderen Sinn als etwa die<br />
Historiographie 174 , die ihrerseits zugleich Form und Inhalt<br />
eines anderen "Mediums" ist - der mündlichen Erzählung. 175<br />
169<br />
In: Neues Archiv 16 , 51, zitiert in: Redlich 1928: 147<br />
170<br />
Georges Salles, Le Regard [*1939], Paris (Réunion des Musées Nationaux) 1992, 70<br />
171<br />
Luhmann 1992: 31, unter Bezug auf: Fritz Heider, Thing and Medium, in: Psychological Issues 1.3 (1959), 1<br />
31<br />
172<br />
Marshall McLuhan, Die magischen Kanäle. "Understanding Media", Düsseldorf / Wien (Econ) 1968, 173<br />
173<br />
Letters of Mashall McLuhan, selected and edited by Matie Molinaro / Corinne McLuhan / William Toye,<br />
Toronto / Oxford / New York 1987, 221 u. 223. Dazu Karlheinz Barck, Harold Adams Innis Archäologe der<br />
<strong>Medienwissenschaft</strong>, in: Harold A. Innis, Kreuzwege der Kommunikation. Ausgewählte Texte, hg. v. Karlheinz<br />
Barck, Wien / New York (Springer) 1997, 313 (bes.<br />
174<br />
Dies in Differenz zu Siegfried Kracauer, Geschichte vor den letzten Dingen (= Schriften, Bd. 4),<br />
Frankfurt/M. (Suhrkamp) 1971<br />
175<br />
Engell möchte "auch das, was gemeinhin den `Inhalt´ oder den `Gegenstand´ der Geschichtsschreibung<br />
ausmacht, nämlich die Geschichte, als Medium begreifen": Engell 1999: 112, unter Bezug auf: Reinhart<br />
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