Tradition1.pdf (Download) - Medienwissenschaft - HU Berlin
Tradition1.pdf (Download) - Medienwissenschaft - HU Berlin
Tradition1.pdf (Download) - Medienwissenschaft - HU Berlin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zeitfensters der Gegenwart entspricht. Das klassische Medium<br />
dieser Operation (das Vokalalphabet als Kulturtechnik) ist<br />
dabei stabiler als die Form (etwa Historiographie), eben weil<br />
es nur lose Kopplung benötigt .<br />
Quelle und Überrest (Droysen)<br />
Die medienwissenschaftliche Frage nach Kultur als Tradition<br />
sucht tautologischen Formulierungen zu entgehen, etwa<br />
solcherart: „Kultur ist selber das Gedächtnismedium, durch das<br />
sie sich überliefert. 185 Demgegenüber gilt es, die Medien der<br />
kulturellen Tradition präzise zu benennen, also bestimmte<br />
Metaphern der Übertragung (exzessiv formuliert 186 )<br />
kulturtechnisch, ja kulturtechnologisch wörtlich zu nehmen.<br />
Die Lektüre der Historik macht deutlich, wie sich bei Johann<br />
Gustav Droysen ontologische und epistemologische Postionen<br />
überlagern. "Empirisch ist klar, dass nur vom Material her<br />
geforscht werden kann und zwar nur dann, wenn es nicht<br />
`verschüttet´ ist. Der konstruktive Zug führt dann doch immer<br />
wieder auf die Ordnung des preußischen Geschichts- gleichwie<br />
des Archivkörpers zurück." 187<br />
Zettelwirtschaft (Markus Krajewski): Schreiben ist das, was<br />
sich auf dem Schreibtisch oder am Computermonitor als<br />
Verschiebung und Transformationen von Komplexitäten vollzieht,<br />
indem Daten programmatisch werden. Weil Lektüren zumeist den<br />
vorliegenden historischen Texten folgen, ist die daraus<br />
resultierende Schrift ihrerseits versucht, deren suggestive<br />
Linearität fortzuschreiben. Doch dem medienhistorischen<br />
Apriori folgend kann es nicht darum gehen, retrospektiv<br />
lineare Vorgeschichten der Gegenwart zu entziffern; vielmehr<br />
sucht das medienarchäologische Vokabular diese Ge/schichten zu<br />
durchkreuzen.<br />
Aus der Sicht der Kulturhistoriker basiert die Überlieferung<br />
auf sogenannten Quellen. Worin unterscheiden sich Quellen von<br />
schlichten Daten Daten sind Ergebnisse eines Meß- oder<br />
Beobachtungsprozesses; Quellen dagegen werden häufig als<br />
unmittelbarer Teil, als Überreste der gestrigen Welt angesehen<br />
– die ganze Differenz von Konstruktivismus und Hermeneutik. 188<br />
185<br />
Christiaan L. Hart Nibbrig, Zwischen den Kulturen: Kulturwissenschaft als Grenzwissenschaft, in:<br />
Kulturwissenschaften. Positionen und Perspektiven, hg. v. Johannes Anderegg / Edith Anna Kunz, Bielefeld<br />
(Aisthesis) 1999, 93-104 (98)<br />
186<br />
Jacques Derrida gesteht, „daß es mir, selbst wenn ich es wollte, nicht gelingen würde, unmetaphorisch von der<br />
Metapher zu sprechen“: ders, Der Entzug der Metapher, in: Volker Bohn (Hg.), Romantik, Frankfurt/M. 1987,<br />
319<br />
187<br />