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Tradition1.pdf (Download) - Medienwissenschaft - HU Berlin

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schrieb es auch Nietzsche: Das Schreibinstrument schreibt mit<br />

an den Gedanken. Dies zu sehen aber erfordert einen nichtinhaltistischen<br />

Blick.<br />

Der Begriff der Medienarchäologie sucht die im besten Sinne<br />

technischen oder kulturtechnischen Anteile an Prozessen der<br />

Tradition zu fokussieren. Doch an dieser Stelle zeigt sich<br />

erneut: wenn der Begriff der "Kultur" im Spiel ist, wird die<br />

Wahrnehmung semantiklastig. Dennett schlägt vor, Meme als<br />

abstrakte semantische Informationseinheiten zu betrachten, die<br />

sich in verschiedenen Formen verkörpern und "medien- und<br />

sprachneutral" seien. 105 Hier ist die Memetik platonisch<br />

(logozentristisch) statt medienarchäologisch präzise. Werden<br />

Meme als unsichtbare Einheiten der kulturtechnischen Imitation<br />

von Mem-Vehikeln übertragen, sind die medialen (Über-)Träger<br />

immer schon mit im Spiel respektive am Werk, parergonal,<br />

supplementär im Sinne Derridas. Der medienarchäologische Blick<br />

schaut exakt auf die Vehikel der Tradition, das syntaktische<br />

Dispositiv aller kulturellen Semantik.<br />

So ist das Speichenrad nicht nur das Vehikel für memetische<br />

Information, sondern an sich schon der Speicher seiner eigenen<br />

Technik, die sich mitüberträgt - "die brillante Idee eines<br />

Waggons mit Speichenrädern von Geist zu Geist" . Tatsächlich aber (über)trägt jedes Mem auch die Spur<br />

seines jeweiligen Wirtes an sich und weiter. „Der <br />

Diskurs über `Meme´ wirft die Frage auf, wie `Information´<br />

durch die Zeit reist“ 106 ; demgegenüber ist die Form der<br />

Narration ein fraglicher Transport. Nicht länger ist die<br />

Erzählung die privilegierte Kulturtechnik, komplexes Wissen<br />

durch zeitliche Streckung komprimiert zu übertragen:<br />

Unter den Bedingungen der Multilinearität, der Navigation, des möglichen Benutzereingriffs auf die<br />

vorgegebenen Daten ändern sich die gewohnten Muster der Wissensvermittlung ­ wie auch der Erzählung. <br />

Tradierte narrative Elemente und dramaturgische Methoden verbinden sich mit neuen Strategien. Das Verdichten<br />

der Information durch Visualisierung verspricht die Datenmengen handhabbar werden zu lassen. 107<br />

So treten Bilder (oder allgemeiner Visualisierungen, also auch<br />

Karten und Diagramme) als Abkürzungen von Datenmengen an die<br />

von der Erzählung verlassene Stelle.<br />

Rom als Read Only Memory<br />

Rom selbst ist memory, ein Feld, in dem Meme sich einnisten<br />

können, um von dort aus weiterübertragen zu werden. Rom im<br />

Ganzen ist Übersetzung (Heidegger) - die konsequente Folge des<br />

105<br />

Daniel Dennett, Darwin´s Dangerous Idea, New York 1996, 353 ff, zitiert hier nach Rötzer 1998: 167<br />

106<br />

Geert Lovink, Media Memory, 230-xxx, in: Gerfried Stocker / Christine Schöpf (Hg.), Memesis. The Future<br />

of Evolution, Wien / New York (Springer) 1996, 230<br />

107<br />

Abstract zur Sektion "Wissen" der Tagung: interaktiv / narrativ. eine reise, Bauhaus-Universität Weimar,<br />

Fakultät Medien, 22./23. November 2001<br />

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