Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin
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775 Jahre <strong>Berlin</strong> – Spuren des Mittelalters<br />
Open-Air-Ausstellung am Mühlendamm<br />
Das Mittelalter ist unter uns<br />
Archäologen ergründen die Frühzeit <strong>Berlin</strong>-Cöllns<br />
25. August bis 28. Oktober 2012<br />
Die Straßenschilder weisen den Weg in <strong>Berlin</strong>s<br />
Mittelalter: Molkenmarkt, Jüdenstraße,<br />
Mühlendamm, Petriplatz, Scharrenstraße, Spittelmarkt.<br />
Die mittelalterlichen Bauten verschwanden<br />
größtenteils schon vor dem 19. Jahrhundert.<br />
Doch die Straßen und Plätze blieben,<br />
bis Ende der 1960er-Jahre die Gruner- und die<br />
Gertraudenstraße zwischen Leipziger Straße<br />
und Alexanderplatz ausgebaut wurden. Ost-<strong>Berlin</strong><br />
ließ die achtspurige Straße zu einer Zeit anlegen,<br />
als nur jeder vierzehnte Bürger einen Wagen<br />
besaß. Heute nutzen täglich 65 000 Autos<br />
diesen bequemen Weg durch die südliche Altstadt.<br />
Die Schneise Gertraudenstraße/Grunerstraße<br />
hat die historische Topografie unkenntlich gemacht.<br />
Aus dem Petriplatz, wo 1964 die letzte,<br />
neugotische Kirche abgerissen wurde, ist eine<br />
Fläche ohne Rahmung und ohne Bestimmung<br />
geworden, aus dem Molkenmarkt eine Kreuzung,<br />
die Jüdenstraße zerfiel in zwei kurze Teilstücke.<br />
Der Mühlendamm, im Mittelalter das<br />
Wirtschaftszentrum der Stadt, später eine beidseitig<br />
bebaute Geschäftsstraße, ist heute eine<br />
gewöhnliche Spannbetonbrücke. Die breite Verkehrstrasse<br />
hat Zusammengehöriges auseinandergerissen,<br />
Straßenachsen verschoben und<br />
ehemals höher liegende Plätze herabgedrückt.<br />
Sie hat die Geschichte der Stadt unter sich begraben<br />
– aber paradoxerweise auch ihre einzigen<br />
materiellen Überreste bewahrt. Etwa zwei<br />
Meter unter dem Asphalt liegen, gleichsam versiegelt,<br />
die mittelalterlichen Siedlungsschichten.<br />
Natürlich verlaufen auch hier Leitungen, doch<br />
Fundamente und Tiefgaragen von Neubauten<br />
hätten alle Spuren beseitigt. So fanden die Archäologen<br />
längs dieser Trasse in den vergangenen<br />
Jahren die interessantesten Funde aus der<br />
Gründungszeit <strong>Berlin</strong>s.<br />
Bei der großflächigen Ausgrabung 2007–<br />
2010 auf dem Cöllner Petriplatz, dem einstigen<br />
Mittelpunkt der mittelalterlichen Schwesterstadt<br />
<strong>Berlin</strong>s, arbeiteten sich die Archäologen<br />
Schicht für Schicht in die Vergangenheit vor<br />
(Abb. 1). Als erstes kamen die mächtigen Fundamente<br />
vom Chor der neugotischen Kirche ans<br />
Tageslicht. Auch die Grundmauern der Barockkirche<br />
und des spätgotischen Gotteshauses, das<br />
1730 abbrannte, ließen sich partiell nachweisen.<br />
Ringsum lag bis 1717 ein Friedhof. Über 3000<br />
Gräber fanden die Archäologen hier, viele weitere<br />
liegen noch unter der Gertraudenstraße. Die ältesten,<br />
am tiefsten liegenden Skelette sind die<br />
der ersten Siedler, jener wagemutigen Händler<br />
und Handwerker, die sich im letzten Drittel des<br />
12. Jahrhunderts hier im Grenzland niederließen.<br />
Das Muster, das die dunkle Humusschicht des<br />
verrotteten Holzes im Boden hinterlassen hat,<br />
zeigt, dass sie auf Leitern bestattet wurden.<br />
Westlich der Kirche stießen die Ausgräber auf<br />
ein größeres rechteckiges Gebäude, dessen<br />
Ziegelwände auf einem Sockel aus Feldsteinen<br />
ruhen. Es erwies sich als die Lateinschule, die<br />
erste der heute 800 Schulen <strong>Berlin</strong>s, die 1730<br />
zusammen mit dem Turm der Petrikirche abbrannte.<br />
Ihre Reste sind noch nicht wieder unter<br />
Sand verschwunden, sondern werden von einer<br />
Halle geschützt. Sie sollen in einem Archäologischen<br />
Zentrum zugänglich gemacht werden.<br />
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