30.01.2015 Aufrufe

Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin

Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin

Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Antikensammlung | Ausstellungen<br />

rung in der Metalltechnologie erhielt: das Ersetzen<br />

von reinem Kupfer durch die härtere Legierung<br />

Bronze. Am Anfang dieser Zeit, in der Frühbronzezeit<br />

(ca. 3200 bis 2200/1900 v. Chr.), kam<br />

es auf den agäischen Kykladeninseln zu einer<br />

kulturellen Blüte. Einer der wichtigen Grundsteine<br />

für diese Entwicklung und den Aufstieg<br />

zu Hochkulturen war der Bau der ersten Langboote,<br />

die mit ihrer höheren Ladekapazität und<br />

Reichweite unter anderem den ertragreichen<br />

Fernhandel ermöglichten.<br />

Die Steinbearbeitungsfertigkeiten der Inselbewohner<br />

fanden Ausdruck in qualitätsvollen<br />

Steingefäßen sowie in den ersten Menschendarstellungen<br />

der ägäischen Bronzezeit: den sogenannten<br />

Kykladenidolen. In der Regel in Marmor<br />

gehauen, stellen sie meist weibliche Figuren dar<br />

und wurden oft in Gräbern gefunden, wie die drei<br />

Exemplare des Grabfundes von der Insel Syros<br />

(Abb. 1) und möglicherweise die weiteren Figuren<br />

wohl von den Inseln Delos, Seriphos und<br />

Amorgos veranschaulichen. Abstrakte, schlichte,<br />

elegante Darstellungen aus weißem griechischen<br />

Marmor – dieses ist die gängige, jedoch<br />

falsche Vorstellung von diesen Figuren. In der Tat<br />

zeichnen sich die Idole durch eine klare Formensprache<br />

aus, aber sie waren nicht strahlend weiß,<br />

sondern bunt bemalt, wie Forschungen nachgewiesen<br />

haben. Im 19. Jahrhundert wurden sie als<br />

»kleine Scheusale aus Marmorsplittern« betitelt;<br />

erst durch Künstler der Moderne wie Pablo Picasso,<br />

Alexander Achipenko, Hans Arp, Costantin<br />

Brâncuşi und Henry Moore erfuhren sie Anerkennung<br />

als Werke von ewiger Schönheit.<br />

In der späten Bronzezeit im 2. Jahrtausend v.<br />

Chr. erreichte die Entwicklung in der Ägäis einen<br />

Höhepunkt mit der Entstehung der Palastkultur:<br />

Es wurden zuerst die minoischen und von diesen<br />

beeinflusst wenig später auf dem griechischen<br />

Festland, die mykenischen Paläste gebaut. Diese<br />

teilweise imposanten Anlagen waren Sitze von<br />

Fürsten, wichtige Orte für das umgebende Territorium<br />

und vereinten mehrere Funktionen; sie<br />

umfassten Handelsplätze, Werkstätten und waren<br />

auch Kultorte. Darbringung von Gaben an<br />

die Götter und Kultmahle fanden hier aber auch<br />

in Höhlen, auf Berggipfeln und in Naturheiligtümern<br />

statt, wie zum Beispiel einige vor Ort gefunden<br />

Kultgefäße (Rhyta) verdeutlichen. Diese<br />

fein bemalten Rinngefäße in verschiedenen Formen<br />

sind typisch für die minoisch-mykenische<br />

Kultpraxis und in der Schau in konischer, Stieroder<br />

in Kannenform zu bestaunen (Abb. 4). Alle<br />

sind mit einer Öffnung im Boden versehen, die<br />

für das Trankopfer (etwa Blut von einem geschlachteten<br />

Stier) bestimmt war.<br />

Einst waren die Paläste in Knossos, Phaistos<br />

auf Kreta und auf dem Peloponnes, in Mykene,<br />

Tyrins und Pylos mit prächtigen Wandmalereien<br />

geschmückt. Auch imposante Bauten und reiche<br />

Gräber im Umfeld dieser Zentren zeugen<br />

vom Reichtum der Epoche. Dazu zählen die eindrucksvollen<br />

Kuppelgräber von Mykene: Am berühmtesten<br />

ist das sogennante Schatzhaus des<br />

Atreus, ein gewaltiges Grab mit einem ca. 40 m<br />

langen Gang (Dromos), aus dessen ursprünglich<br />

farbig gefasster Vorderseite das ausgestellte<br />

Kapitellfragment stammt (Abb. 2). Möglicherweise<br />

aus den Gräbern hochrangiger Personen,<br />

die wahrscheinlich in Verbindung mit dem Palast<br />

eine wichtige Rolle spielten bzw. ein Amt<br />

bekleideten, stammen einige der akribisch fein<br />

gearbeiteten Schmuckobjekte und Siegel (Abb.<br />

3), die wohl eine kultische Bedeutung, aber auch<br />

eine rechtliche Funktion hatten.<br />

Vor allem von den Palast- und Hochkulturen<br />

des östlichen Mittelmeerraums wurden vielerlei<br />

Anregungen übernommen, wie die Schrift,<br />

die zu Wirtschafts- und Verwaltungszwecken<br />

verwendet wurde und uns in Tontafeln mit eingeritzten<br />

Zeichen überliefert ist.<br />

Die fein bemalte mykenische Keramik war<br />

nicht nur an ihren Ursprungsorten zu finden,<br />

sondern auch an vielen Orten im Mittelmeerraum.<br />

Sie wurde nach Ägypten, Zypern, Rhodos,<br />

Kleinasien und in die Levante exportiert und<br />

teilweise auch an diesen Orten produziert.<br />

Gewaltige Zerstörungen um 1200 v. Chr. markierten<br />

den Anfang vom Ende der Palastgesellschaften<br />

und der Bronzezeit in der Ägäis.<br />

Homers weltberühmte Epen, Ilias und Odyssee,<br />

reichen bis in die Spätbronzezeit zurück und<br />

erinnern an diese Ereignisse: an den Kampf um<br />

Troja und die Irrfahrten des Odysseus.<br />

Laura-Concetta Rizzotto<br />

Die Autorin ist Ausstellungskuratorin und wissenschaftliche<br />

Museumsassistentin in der Antikensammlung SMB.<br />

M U S E U M S J O U R N A L 4 / 2 0 1 2 | 5 3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!