Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin
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Ausstellungen | Museum für Vor-und Frühgeschichte<br />
kamen, in einer Ausstellung annähern, ohne vor<br />
dem Grauen zurückzuschrecken oder dem Banalen<br />
zu erliegen Wir haben uns für eine fotografische<br />
Annäherung entschieden, die Raum<br />
für eigene Gedanken lässt. Der Fotograf Volker<br />
Kreidler ist im Herbst und Winter 2011/12 an<br />
die Orte gefahren, an denen der Krieg besonders<br />
heftig geführt wurde und Unvorstellbares<br />
geschah. Anhand der Karten der Frontverläufe<br />
hat er Stellen bei Petersburg, Stalingrad, Kursk,<br />
Nowgorod und auf den Seelower Höhen aufgesucht.<br />
Es sind Ansichten von heute. 70 Jahren liegen<br />
zwischen heute und dem Krieg. Das zeigen<br />
die Aufnahmen deutlich, aber sie lassen erahnen,<br />
dass unter der scheinbar so normalen Oberfläche<br />
der Krieg seine Spuren hinterlassen hat.<br />
Vom Kalten Krieg zur Perestroika<br />
Die Besucher werden in diesem Raum erst am<br />
Ende wieder auf Exponate stoßen. Der Schritt<br />
in die Gegenwart soll mit anderen Medien gelingen.<br />
So wird auch deutlich, dass die Besucher<br />
sich immer stärker der, je nach Lebensalter, selber<br />
bereits erlebten Geschichte annähern und<br />
selber zu einem Bestandteil der Beziehungen<br />
zwischen Deutschen und Russen werden.<br />
Uns hat die Frage geleitet, wie das Bild des<br />
jeweils anderen sich nach dem Krieg in der individuellen<br />
und in der kollektiven Wahrnehmung<br />
herausgebildet hat. Der Krieg hat viele Menschen<br />
in das andere Land verschlagen, als Soldaten,Kriegsgefangene<br />
und Zwangsarbeiter.Die<br />
Erzählungen der Rückkehrer prägten die Wahrnehmung<br />
des jeweils anderen für lange Zeit.<br />
Die Geschichte des Russlandbildes im geteilten<br />
Deutschland ist komplex. Eigentlich werden<br />
hier zwei Beziehungen erzählt. Das Bild der verordneten<br />
Deutsch-Sowjetischen Freundschaft<br />
in der DDR, die doch so oft eine leere Phrase<br />
blieb, und die Bedrohung aus dem Osten, die im<br />
Westen mit der Sowjetunion verbunden wurde.<br />
Trotzdem blieb eine Sehnsucht nach russischer<br />
Kultur und nach russischer Landschaft erhalten;<br />
dies zeigt sich im neuen Medium Fernsehen.<br />
Ausschnitte aus Ost- und Westprogrammen rufen<br />
sicher bei vielen Besuchern wieder Erinnerungen<br />
wach.<br />
Der nächste Abschnitt führt uns in die Gegenwart.<br />
Deutsche, die in Russland leben, und<br />
Russen, die in Deutschland wohnen, schildern<br />
ihre Eindrücke vom Gastland. Deutsche und Russen<br />
– so die Botschaft – bleiben miteinander<br />
verbunden.<br />
Die letzte Einheit führt zurück zu den Objekten<br />
und zeigt, dass der Umgang mit den Kriegsfolgen<br />
auch heute noch eine Rolle im Verhältnis<br />
zwischen Deutschen und Russen spielt. Es geht<br />
dabei sowohl um deutsches Engagement beim<br />
Lorenz I. Biller,<br />
Schauplatte<br />
»Gefangene<br />
Türken«, 1683/84.<br />
Silber, teilvergoldet,<br />
93 × 78 cm. Staatliches<br />
Kulturhistorisches<br />
Museumsreservat<br />
Moskauer<br />
Kreml (Moskau).<br />
Foto: S. Baranow<br />
Rahmen aus Bernstein mit der Kopie des Halbedelsteinmosaiks<br />
»Geschmack«, 2008. Bernstein,<br />
Halbedelstein, 142,5 × 116,5 cm. Bernsteinwerkstatt<br />
Zarskoe Selo (Puschkin)<br />
Wiederaufbau kriegszerstörter Denkmäler als<br />
auch um das große Thema der Beutekunst. Insofern<br />
steht das einzige erhaltene Mosaik aus<br />
dem Bernsteinzimmer geradezu symbolhaft am<br />
Ende des Rundgangs.<br />
Die Geschichte der Deutschen und Russen,<br />
das zeigt diese Ausstellung, ist eine Geschichte<br />
intensiver Kontakte und anhaltender Freundschaften<br />
und gleichzeitig auch enormer Konflikte<br />
und Konkurrenzen. Es ist vor allem aber eine<br />
Geschichte, die stets von einer Faszination und<br />
gegenseitigen Anziehungskraft geprägt war.<br />
Kaufleute und Händler, Prinzen und Zarinnen,<br />
Diplomaten und Handwerker, Generäle und Industrielle,<br />
Revolutionäre und Reaktionäre, Maler<br />
und Architekten, Schauspieler und Dichter,<br />
sie alle haben Zeugnisse dieser Faszination hinterlassen,<br />
von denen einige hier wirken können.<br />
Matthias Wemhoff<br />
Der Autor ist Direktor des Museums für Vor- und<br />
Frühgeschichte SMB.<br />
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