Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin
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Ausstellungen<br />
Bauhaus-Archiv<br />
Phantastiken<br />
Die Bauhäuslerin Lou Scheper-Berkenkamp<br />
31. Oktober 2012 bis 14. Januar 2013<br />
»Phantastiken« – mit dieser Wortschöpfung von<br />
Lou Scheper-Berkenkamp (1901–76) kann man<br />
die meisten ihrer sehr unterschiedlichen Kunstwerke<br />
kennzeichnen: ihre Schilderungen imaginärer<br />
Weltreisen in fantastische Länder, ihre<br />
Bilderbögen, die in himmlische Gefilde führen,<br />
ihre Kinderbücher, in denen unglaubliche Abenteuer<br />
geschildert werden, aber auch viele ihrer<br />
nur auf den ersten Blick naturalistisch erscheinenden<br />
farbigen Bilder der Nachkriegszeit.<br />
Es sind Phantastiken einer Bauhäuslerin, die<br />
möglich wurden, weil am Bauhaus neben systematischen<br />
Untersuchungen zu Funktionen, Farben,<br />
Formen und Materialien durchaus – nach<br />
Lou Schepers eigenen Worten – »die schöpferischen<br />
Eigenschaften phantasiebegabter Persönlichkeiten<br />
sorgfältig gepflegt und Spiele ernst genommen«<br />
wurden. Unter diesen Umständen<br />
und geprägt von den Besonderheiten ihres bewegten<br />
Lebens entwickelte Lou Scheper einen<br />
sehr persönlichen Stil und hinterließ ein Werk,<br />
das nun erstmals in seiner Vielfalt im Bauhaus-<br />
Archiv <strong>Berlin</strong> zu sehen sein wird.<br />
Lou Scheper-Berkenkamp hat nicht nur die<br />
Gründerjahre des Weimarer Bauhauses miterlebt,<br />
an dem sie zwischen 1920 und 1922 Schülerin<br />
von Lyonel Feiniger, Paul Klee und Georg<br />
Muche war und die Werkstatt für Wandmalerei<br />
besuchte, sondern arbeitete später auch an der<br />
von Oskar Schlemmer geleiteten Bühne am Bauhaus<br />
Dessau. Dorthin war ihr Mann, Hinnerk<br />
Scheper, 1925 als Leiter der Werkstatt für Wandmalerei<br />
berufen worden.<br />
Ihre frühen künstlerischen Arbeiten sind<br />
deutlich von verschiedenen Bauhausmeistern,<br />
vor allem von Paul Klee, beeinflusst und zeigen<br />
ihren bereits damals und später immer wieder<br />
auftauchenden Wunsch, Traumwelten sichtbar<br />
werden zu lassen.<br />
Ab 1922 begann sie, ihre Freunde mit einfallsreichen,<br />
humorvollen »Bilderbriefen« zu erfreuen,<br />
in denen auch ihre sprachliche Begabung<br />
sichtbar wird. Es sind überwiegend Glück- und<br />
Genesungswünsche, auch Reisegrüße, bei denen<br />
neben kolorierten Zeichnungen – manchmal<br />
auch Collagen – die Schrift ein wesentliches Gestaltungsmerkmal<br />
darstellt.<br />
Schon seit ihrer Kindheit von der Atmosphäre<br />
der Jahrmärkte, der Zirkuswelt und des Theaters<br />
fasziniert und durch ihre Arbeit an der Bauhausbühne<br />
sowie einen dreimonatigen Aufenthalt<br />
in Ascona angeregt, malte sie Bilder aus diesen<br />
Bereichen, die in der Schwerelosigkeit einiger<br />
Figuren an Arbeiten von Marc Chagall erinnern,<br />
andere durch wechselnde Perspektiven und die<br />
Statik der Personen eher an naive Malerei.<br />
Zwischen 1929 und 1931 wurde ihr Leben am<br />
Bauhaus durch zwei längere Aufenthalte in Moskau<br />
unterbrochen, wohin ihr Mann als Spezialist<br />
für Farbe in der Architektur berufen worden<br />
war. Sie unterstützte ihn bei seinen vielfältigen<br />
Aufgaben und schrieb für die deutschsprachige<br />
Moskauer Rundschau kritische Kommentare<br />
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