Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin

Aktives Museum in der Akademie der Künste am Pariser Platz | Ausstellungen
tisch engagierten. So entstanden zahlreiche Zirkel
und Organisationen wie der »Heinrich-Heine-Club«
oder die »Bewegung Freies Deutschland«
mit der gleichnamigen Zeitschrift »Freies
Deutschland« und der Verlag »El Libro Libre«
(das freie Buch). Wie unter einem Brennglas eskalierten
in Mexiko folglich auch die politischen
Konflikte untereinander, nachdem die von Moskau
abhängigen KPD-Mitglieder versuchten, in
den Exil-Organisationen die Oberhand zu gewinnen.
»Wir kamen nach Mexiko mit
den Ideen Humboldts in unserem
geistigen Gepäck.«4
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der
Darstellung von 25 Biografien ausgewählter Mexiko-Emigrantinnen
und -Emigranten aus Berlin,
die möglichst unterschiedliche Aspekte des mexikanischen
Exils repräsentieren, also sowohl
prominente wie bisher weitgehend unbekannte
Emigranten als auch Flüchtlinge der verschiedenen
politischen Lager. Diese Biografien erzählen
mit autobiografischen Texten, persönlichen Dokumenten
und privaten Fotografien jener Jahre
vom Überleben im Exil, von Hoffnungen und
Konflikten, vom Verhältnis von Kunst und Politik
und schließlich von den Schwierigkeiten und
Unwägbarkeiten der Rückkehr nach Berlin. Anhand
des historischen Beispiels der mexikanischen
Flüchtlingshilfe zwischen 1939 und 1944
thematisiert das Projekt implizit auch die Frage
der Aufnahme politisch und weltanschaulich
Verfolgter heute in Deutschland und Europa.
»Schwierigkeiten mit
der Wahrheit«5
Abschließend widmet sich die Ausstellung der
Geschichte der Mexiko-Remigranten. Nur wenige
von ihnen entschieden sich für die Bundesrepublik,
unter ihnen der spätere Geschäftsführer
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Otto
Klepper und die Verlagsleiterin der FAZ, Babette
Gross. Die meisten der eher linkspolitisch engagierten
Emigranten aus Mexiko gingen in die
DDR, in der sie ihre politische Heimat sahen. Als
»West-Emigranten« waren sie dort jedoch später
häufig Verdächtigungen und Verfolgungsmaßnahmen
ausgesetzt. So zum Beispiel der
Verleger Walter Janka, der in Mexiko den von
Visum von Gilberto Bosques für
den Verleger Walter Janka.
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Emigranten gegründeten Verlag »El Libro Libre«
geleitet hatte. Er kehrte 1947 nach Ost-Berlin
zurück und übernahm die Leitung des Aufbau-
Verlags. 1957 wurde er in einem Schauprozess
zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und erst
1990 rehabilitiert.
Christine Fischer-Defoy
Die Autorin ist Vorsitzende des Aktiven Museums und
Kuratorin der Austellung.
Die vom Hauptstadtkulturfonds geförderte Ausstellung
wird von einer Arbeitsgruppe des Aktiven Museums
erarbeitet. Zur Ausstellung erscheint ein Begleitbuch
und es gibt ein umfangreiches Rahmenprogramm.
Anmerkungen
1 Aufbau, Jg. 9, 1943, Nr. 15 vom 9.4.1943, S. 32.
2 Lenka Renerova, Interview mit Ulrike Schätte,
15.2.1994, Prag.
3 Zitiert nach: Ines Rotermund, »Dies ist ein Land, in
dem ein Kunstmensch leben kann.« Paul Westheim im
mexikanischen Exil, in: Hermann Haarmann (Hg.),
Katastrophen und Utopien. Exil und Innere Emigration
(1933–1945), Berlin 2002, S. 153–166.
4 Alexander Abusch, Mit offenem Visier. Memoiren,
Berlin 1986, S. 41.
5 Walter Janka, Schwierigkeiten mit der Wahrheit,
Berlin 1989.
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