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Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin

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Abguss-Sammlung Antiker Plastik | Ausstellungen<br />

einen die großen europäischen Ausgrabungen,<br />

durch die zahlreiche originale Skulpturen in die<br />

Museen gelangten, und zum anderen der Verlust<br />

der Vorbildhaftigkeit der Antike für die zeitgenössische<br />

Kunst, worunter weniger die Aura des<br />

Originals als das Medium des Abgusses zu leiden<br />

hatte. All dies führte in der ersten Hälfte des<br />

20. Jahrhunderts zunächst zur Auslagerung von<br />

Gipsabgüssen aus den großen Museen, später<br />

dann sogar zur Zerstörung ganzer Sammlungen.<br />

Besonders im Zusammenhang mit dem sich<br />

schrittweise etablierenden Fach der Klassischen<br />

Archäologie waren Abguss-Sammlungen im<br />

deutschsprachigen Raum früh auch an den Universitäten<br />

entstanden. Zahlreiche universitäre<br />

Sammlungen führen bis heute diese Tradition<br />

fort. Seit den 1970er-Jahren werden ausgehend<br />

von diesen Lehrsammlungen die Abgüsse neu<br />

entdeckt: als Arbeitsmittel für Wissenschaft,<br />

Lehre und museale Didaktik. Wissenschaftliche<br />

Themen lassen sich mit Abgüssen leichter und<br />

kostengünstiger umsetzen, ungewöhnliche Projekte,<br />

wie etwa die Konfrontation von Antike<br />

und zeitgenössischer Kunst, können mit Abgüssen<br />

spielerisch durchgeführt werden. Das Medium<br />

Abguss bietet hier viele Möglichkeiten,<br />

und vor diesem Hintergrund zeichnet sich heute<br />

ein neuer Abguss-Boom ab.<br />

Die Abguss-Sammlung Antiker Plastik der<br />

Freien Universität <strong>Berlin</strong> zeigt in der Ausstellung<br />

zentrale Etappen aus der wechselhaften Geschichte<br />

der <strong>Berlin</strong>er Gipsabguss-Sammlungen.<br />

Höhen und Tiefen, Verehrung und Zerstörung<br />

dieses Mediums können hier besonders gut und<br />

exemplarisch aufgezeigt werden. Gleichzeitig<br />

will die Ausstellung auf die Möglichkeiten und<br />

Chancen hinweisen, die ein Arbeiten mit Abgüssen<br />

ermöglicht. Anhand historischer und<br />

neuer Abgüsse visualisiert die Ausstellung die<br />

großen Phasen der <strong>Berlin</strong>er Abguss-Sammlungen<br />

vom späten 17. Jahrhundert bis heute:<br />

Die Akademie: Im Rahmen der Gründung der<br />

Akademie der Künste 1696 durch den späteren<br />

Abguss eines hadrianischen<br />

Tondos vom<br />

Konstantinsbogen in<br />

Rom, Abguss: Antikensammlung<br />

SMB.<br />

Foto: Antonia Weiße<br />

König Friedrich I. in Preußen wurde die erste Abguss-Sammlung<br />

in <strong>Berlin</strong> eingerichtet. Sie umfasste<br />

bereits berühmte »opera nobilia« wie den<br />

Laokoon oder den Herakles Farnese.<br />

Das Neue Museum: Nach Übergabe der Sammlung<br />

an die Königlichen Museen zu <strong>Berlin</strong> waren<br />

die Abgüsse griechischer und römischer Skulpturen<br />

ab 1855 im Treppenhaus und im 1. OG des<br />

Neuen Museums zu sehen. Sie standen damit im<br />

Zentrum der <strong>Berlin</strong>er Museumslandschaft. Bald<br />

jedoch litten die Räume durch den rasanten Zugang<br />

neuer Stücke an einer Überfülle, die auch<br />

durch veränderte Aufstellungskonzepte nicht<br />

behoben werden konnte. Auch Abgüsse ägyptischer,<br />

vorderasiatischer und mittelalterlicher<br />

Skulpturen waren in den verschiedenen Abteilungen<br />

der Königlichen Museen zu sehen.<br />

Die Gipsformerei: Seit dem frühen 19. Jahrhundert<br />

etablierte sich als Teil der königlichen<br />

Museen die Gipsformerei, die im Laufe ihrer Geschichte<br />

einen Fundus von über 7000 Formen<br />

und Modellen zusammenstellen konnte.<br />

Die Universität: Geschmackswandel und<br />

Raummangel führten zu einer Verlagerung der<br />

Abgüsse aus dem Neuen Museum an die <strong>Berlin</strong>er<br />

Friedrich-Wilhelms-Universität. Ab 1921 waren<br />

die Gipse der griechisch-römischen Skulptur<br />

im Westflügel der Universität Unter den Linden<br />

großzügig ausgestellt und damit Bestandteil der<br />

akademischen Lehre im Fach der Klassischen<br />

Archäologie.<br />

Zerstörung – Wiederaufbau – Perspektive:<br />

Während und vor allem nach dem Krieg wurden<br />

unzähligeAbgüsse zerstört oder beschädigt.1977<br />

wurde in West-<strong>Berlin</strong> eine Kooperationsvereinbarung<br />

zwischen den Staatlichen Museen Preußischer<br />

Kulturbesitz und der Freien Universität<br />

<strong>Berlin</strong> zum Wiederaufbau der Abguss-Sammlung<br />

Antiker Plastik beschlossen. Seit 1988 ist die<br />

Sammlung als Museum öffentlich zugänglich<br />

und verfügt mittlerweile wieder über rund 2000<br />

Objekte. Ein Teil der alten <strong>Berlin</strong>er Sammlung ist<br />

heute unter anderem im Winckelmann-Institut<br />

der Humboldt-Universität zu sehen, der größte<br />

Teil liegt in einem Depot der Staatlichen Museen.<br />

Im Rahmen des Projektes »<strong>Berlin</strong>er Skulpturennetzwerk«<br />

konnten die Stücke in den letzten<br />

Jahren in einer Datenbank erschlossen und<br />

auf diese Weise zusammengeführt werden.<br />

Die Ausstellung wurde mit Studierenden der<br />

Klassischen Archäologie der Freien Universität<br />

erarbeitet und umgesetzt. Sie entstand in enger<br />

Kooperation von Freier Universität, Humboldt-<br />

Universität, Gipsformerei und Antikensammlung<br />

der Staatlichen Museen zu <strong>Berlin</strong>.<br />

Nele Schröder und<br />

Lorenz Winkler-Horaček<br />

Dr. Nele Schröder ist wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

am <strong>Berlin</strong>er Skulpturennetzwerk und am Institut für<br />

Klassische Archäologie der Freien Universität <strong>Berlin</strong>,<br />

PD Dr. Lorenz Winkler-Horaček ist Kustos der Abguss-<br />

Sammlung Antiker Plastik der Freien Universität <strong>Berlin</strong><br />

und lehrt dort am Institut für Klassische Archäologie.<br />

Der Begleitband zur Ausstellung erscheint im Verlag<br />

Marie Leidorf, Rahden/Westf., ca. 330 Seiten mit zahlreichen<br />

Abbildungen.<br />

M U S E U M S J O U R N A L 4 / 2 0 1 2 | 5 5

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