Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin
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Ausstellungen | Kunstverein KunstHaus Potsdam<br />
Abb. 4: Emma Stibbon, Konferenzraum Cecilienhof,<br />
2012. Kreide auf mit Gesso grundiertem Papier,<br />
72 × 139 cm. © Emma Stibbon, mit freundlicher<br />
Genehmigung von upstairs berlin<br />
Nach eigener Aussage arbeitet Emma Stibbon<br />
wie eine Regisseurin, die für jede Szene<br />
eine neue Einstellung sucht. Besonders anschaulich<br />
wird das Vorgehen am Beispiel ihrer großformatigen<br />
Kreidezeichnung »Konferenzraum<br />
Cecilienhof« (Abb. 4) von 2012. Den Betrachterstandpunkt<br />
wählt die Künstlerin auf Bodenniveau;<br />
langsam ansteigend lässt sie den Blick<br />
über die dunkle Freifläche auf die extrem hohe,<br />
im oberen Drittel des Bildes angeordnete leere<br />
Stuhlgruppe um den Konferenztisch gleiten. Die<br />
Stühle nehmen eine Art Stellvertreterfunktion<br />
für die Akteure und damit für die Entscheidungen<br />
und Beschlüsse der Potsdamer Konferenz<br />
ein. Die Dunkelheit der Zeichnung verleiht ihr<br />
zusätzlich Expressivität.<br />
Die aktuelle Serie zu Potsdam ist durch starke<br />
Gegensätze geprägt. Stibbons lavierte Tuschezeichnungen<br />
zu den Statuen im Park von<br />
Sanssouci (Abb. 1) und dem Teehaus-Pavillon<br />
sind durch eine besondere Lichtregie, durch<br />
Spiegelungen und ungewöhnliche Perspektiven<br />
stimmungsvoll aufgeladen. Als Sehnsuchtsorte<br />
kontrastieren sie zu den nüchternen, bedrohlich<br />
anmutenden Zeichnungen der Leistikowstraße,<br />
der Glienicker Brücke oder des Cecilienhofes.<br />
Gefragt nach der inneren Motivation für Ihre<br />
künstlerische Arbeit antwortet sie: »I draw to<br />
understand how something has arrived, how the<br />
topography of a city comes to be now.«<br />
Die künstlerische Auseinandersetzung als<br />
Verarbeitungsprozess! Gerade ihre Zeichnung<br />
zur Leistikowstraße legt davon Zeugnis ab. Aber<br />
auch ihre Arbeiten zum Abriss des Palastes der<br />
Republik von 2009, zum »Plattenbau« von 2012<br />
und ihre Tuschzeichnung zum Potsdamer »Mercure<br />
Hotel« von 2012 (Abb. 2) belegen ihre Triebkraft.<br />
Das besondere Interesse der britischen<br />
Künstlerin gilt den unterschiedlichen zeitlichen<br />
Ebenen einer Stadt, die sie versucht zu erfassen,<br />
bevor sie unwiderruflich verschwunden sind.<br />
Anschaulich beschreibt Stibbon die Vorgänge<br />
der städtischen Erneuerung mit dem Terminus<br />
Palimpsest, der den Vorgang des Wiederbeschreibens<br />
bezeichnet. Eine Stadt wird im übertragenen<br />
Sinn wie eine beschriebene antike<br />
Manuskriptseite durch Schaben oder Waschen<br />
gereinigt und danach erneut beschrieben. Die<br />
Ausstellung zeigt, wie essenziell es ist, dass die<br />
Künstlerin als Beobachterin diese urbanen Prozesse<br />
verfolgt und aufbereitet.<br />
Jutta Götzmann<br />
Dr. Jutta Götzmann ist Direktorin des Potsdam Museums<br />
– Forum für Kunst und Geschichte und hat gemeinsam<br />
mit Renate Grisebach die Kooperationsausstellung im<br />
KunstHaus Potsdam kuratiert.<br />
Die Ausstellung wird von der Galerie upstairs berlin<br />
unterstützt.<br />
Zur Präsentation von »Potsdam-<strong>Berlin</strong>. Changing Cities«<br />
erscheint eine Begleitpublikation mit etwa 32 Seiten<br />
und 17 Abbildungen in Deutsch und Englisch zum Preis<br />
von 8 €.<br />
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt des Potsdam<br />
Museum – Forum für Kunst und Geschichte und des<br />
Kunstvereins KunstHaus Potsdam. Sie findet in dessen<br />
Räumen im Ulanenweg 9 statt.<br />
Öffnungszeiten: Mi 11–18 Uhr, Do 15–18 Uhr,<br />
Sa und So 12–17 Uhr. www.kunsthaus-potsdam.de<br />
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