Ansichtsexemplar (KPB_MJ2014) - Kulturprojekte Berlin
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Ausstellungen<br />
Abguss-Sammlung Antiker Plastik<br />
… von gestern bis morgen …<br />
Zur Geschichte der <strong>Berlin</strong>er Gipsabguss-Sammlung(en)<br />
13. Oktober 2012 bis 26. Mai 2013<br />
Bereits in der Antike wurden von<br />
berühmten Skulpturen Abgüsse<br />
hergestellt. Dazu nimmt man<br />
noch heute von einem originalen<br />
Kunstwerk eine oder mehrere<br />
Negativformen ab, setzt diese<br />
zusammen und gießt sie, in der<br />
Regel mit Gips, aus. So entstehen<br />
maßgleiche Reproduktionen,<br />
die in der Form mit dem Original<br />
(fast) identisch sind.<br />
Mit der seit der Renaissance<br />
aufkommenden Antikenbegeisterung<br />
spielten Gipsabgüsse erneut<br />
eine wichtige Rolle. Durch<br />
sie wurden die beliebten und begehrten<br />
antiken Skulpturen in<br />
ganz Europa verbreitet. Als Anschauungsmaterial<br />
und Studienobjekte<br />
gehörten Abgüsse von<br />
nun an zur Ausstattung der Ateliers<br />
von Bildhauern und Malern<br />
und waren Teil der großen Kunstakademien.<br />
Darüber hinaus wurden<br />
sie seit dem 16. Jahrhundert<br />
zunehmend selbst zu Sammlungs-<br />
Historischer und beschädigter<br />
Abguss der Aphrodite von<br />
Arles (Original: Paris, Louvre MA<br />
439), Abguss: Abguss-Sammlung<br />
Antiker Plastik der FU <strong>Berlin</strong>.<br />
Foto: Antonia Weiße<br />
objekten. Zur herrscherlichen Selbstdarstellung<br />
gehörte die Ausstattung der Schlösser und Gärten<br />
mit antiken Skulpturen. Da diese in Mittelund<br />
Nordeuropa nur schwer zu erwerben waren,<br />
griff man zunehmend auf Abgüsse zurück, die in<br />
diesen Fällen oft aus Bronze gegossen wurden.<br />
Sowohl in den Kunstakademien als auch in der<br />
höfischen Repräsentation wollte man teilhaben<br />
an den berühmtesten Stücken der Antike, insbesondere<br />
an den »opera nobilia« im Belvedere des<br />
Vatikan. Und dies war nur mit Abgüssen möglich.<br />
Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert steigerte sich<br />
die Abguss-Begeisterung. Viele Künstler sahen<br />
in den Gipsabgüssen eine ästhetische Qualität,<br />
die der des Originals vorzuziehen sei. Im weißen<br />
Gips lasse sich die »reine Form« besser beurteilen,<br />
die für den idealistischen Geschmack des<br />
18. und frühen 19. Jahrhunderts als Ausdruck<br />
des wahrhaft Schönen galt.<br />
Das 19. Jahrhundert erlebte einen regelrechten<br />
Abguss-Boom. Als Symbole bürgerlicher Bildung<br />
entstanden viele Privatsammlungen, und<br />
zugleich eroberten die Abgüsse auch die großen<br />
Museen. Die Gründe für die Beliebtheit änderten<br />
sich jedoch. Zunehmend weniger wegen ihres<br />
geschmacksbildenden Wertes, als vielmehr<br />
bedingt durch ein positivistisches Bemühen, die<br />
Geschichte der Skulptur möglichst vollständig<br />
in den Museen präsentieren zu können, wurden<br />
die Sammlungen an vielen Orten stark erweitert.<br />
Doch dieser Hang nach größtmöglicher Vollständigkeit<br />
»im Gips« förderte auch den Überdruss.<br />
Zwei Entwicklungen leiteten den Niedergang<br />
der Wertschätzung von Abgüssen ein: zum<br />
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