2. VorlesungIch habe <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Woche e<strong>in</strong>e Landschaft zu zeichnen versucht, <strong>die</strong> den Übergangvom Mittelalter zur <strong>Neuzeit</strong> verdeutlicht. Dazu b<strong>in</strong> ich zu folgenden Elementen <strong>die</strong>serLandschaft gekommen: Es gibt umfassende Entwicklungen neuer Technologien imRahmen <strong>der</strong> Naturwissenschaften, <strong>die</strong> das Wissen als solches, das, was Wissen heißt,verän<strong>der</strong>n. Durch das Teleskop werden astronomische Aussagen überprüfbar. Dasgeozentrische Weltbild wird durch das heliozentrische abgelöst. Das hat großeKonsequenzen zunächst für <strong>die</strong> Theologie, <strong>die</strong> aber im Mittelalter mit <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong>identisch ist. Die <strong>Philosophie</strong> tritt aus ihrem Verhältnis zur Theologie heraus und beg<strong>in</strong>nt,sich zu emanzipieren. Zugleich aber nähert sie sich den neuen Entdeckungen <strong>der</strong>Naturwissenschaft an. Das neue Verständnis des Wissens, <strong>die</strong> Krise <strong>der</strong> Theologie, lässte<strong>in</strong> neues Verständnis des Menschen entstehen. Die Kunst manifestiert <strong>die</strong>ses neueVerständnis <strong>in</strong> Theaterstücken wie „Romeo und Julia“ o<strong>der</strong> „Hamlet“, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bildendenKunst, <strong>die</strong> sich nicht mehr nur mit christlichen Motiven zu beschäftigen braucht(Renaissance).Dieser ganze Zusammenhang schlägt sich nie<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Werk, mit dem Hegel <strong>die</strong><strong>Neuzeit</strong> emphatisch beg<strong>in</strong>nen lässt. In se<strong>in</strong>en Vorlesungen zur Geschichte <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong>heißt es e<strong>in</strong>mal: „Wir kommen eigentlich jetzt erst zur <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> neuen Welt undfangen <strong>die</strong>se mit Cartesius an. Mit ihm treten wir eigentlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e selbständige<strong>Philosophie</strong> e<strong>in</strong>, welche weiß, daß sie selbständig aus <strong>der</strong> Vernunft kommt und daß dasSelbstbewusstse<strong>in</strong> wesentliches Moment des Wahren ist. Hier können wir sagen, s<strong>in</strong>d wirzu Hause und können wie <strong>der</strong> Schiffer nach langer Umherfahrt auf <strong>der</strong> ungestümenSee ,Land‘ rufen; Cartesius ist e<strong>in</strong>er von den Menschen, <strong>die</strong> wie<strong>der</strong> mit allem von vornangefangen haben; und mit ihm hebt <strong>die</strong> Bildung <strong>der</strong> neueren Zeit an.“ René Descartes(1596-1650) ist <strong>die</strong> Ikone des Beg<strong>in</strong>ns <strong>der</strong> <strong>Neuzeit</strong>. Wir müssen verstehen, warum.Das Werk, das uns zeigen kann, was Hegel me<strong>in</strong>t, hat den Titel: Meditationes de primaphilosophia <strong>in</strong> quibus Dei existentia et animae humanae a corpore dist<strong>in</strong>ctiodemonstrantur“, zu Deutsch: „Meditationen über <strong>die</strong> erste <strong>Philosophie</strong>, <strong>in</strong> denen dasDase<strong>in</strong> Gottes und <strong>die</strong> Verschiedenheit <strong>der</strong> menschlichen Seele vom Körper bewiesenwerden“. Sie stammen aus dem Jahre 1641. Wir haben uns den Titel recht genauangesehen. Wir haben bemerkt, dass es Descartes um <strong>die</strong> prima philosophia, d.h. um <strong>die</strong>Metaphysik geht, um e<strong>in</strong> Denken, das fragt: was ist das Seiende als solches - und was istdas höchste Seiende (erkläre Meta-physik). Wir haben zur Kenntnis genommen, dass dortvon Gott, <strong>der</strong> Seele und dem Körper <strong>die</strong> Rede ist. Wir haben auch gesehen, wie wichtig<strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> meditatio ist, des Nachs<strong>in</strong>nens, des Denkens.12
Ich möchte bevor ich zu dem Aufbau des Werkes zunächst noch etwas Weiteres zu<strong>die</strong>sem Titel sagen, weil er wirklich <strong>in</strong>teressant und sprechend ist. Wovon Descartes hierspricht, was er hier nennt, bezeichnet er an<strong>der</strong>swo als <strong>die</strong> drei Substanzen, von denen <strong>die</strong>erste <strong>Philosophie</strong> ausgehen muss. Der Begriff <strong>der</strong> substantia ist e<strong>in</strong> altehrwürdiger <strong>der</strong><strong>Philosophie</strong> überhaupt. Er geht zurück auf das griechische Wort οὐσία, was es schon beiPlaton, aber erst Recht bei Aristoteles gibt. Grundsätzlich besagt <strong>die</strong> substantia, wasetwas eigentlich ist, was je<strong>der</strong> Bestimmung, <strong>die</strong> man e<strong>in</strong>em Seienden geben kann,zugrundeliegt. An <strong>der</strong> Kuh ist <strong>die</strong> Substanz, was „kuhig“ ist, was e<strong>in</strong>e Kuh zur Kuh macht.Sagen wir e<strong>in</strong>mal: ihre spezifische Form (d.h. auch ihr Stoff) und dass sie lebt. Dass <strong>die</strong>Kuh schwarz- o<strong>der</strong> braunweiß o<strong>der</strong> me<strong>in</strong>etwegen p<strong>in</strong>k ist, gehört nicht zur Substanz, daskommt sozusagen h<strong>in</strong>zu, ist akzidentiell. Denn es gibt eben so und so farbige Kühe.Soweit <strong>die</strong> Herkunft des Begriffes. Bei Descartes ist das nun aber noch e<strong>in</strong> wenig an<strong>der</strong>sals bei Aristoteles. Für <strong>die</strong>sen nämlich ist jedes Seiende e<strong>in</strong>e ousía. Bei Descartes ziehtsich alles Seiende auf <strong>die</strong> drei genannten Substanzen zusammen. E<strong>in</strong>e davon wird alsunendliche Substanz bezeichnet: Gott. Die an<strong>der</strong>en beiden s<strong>in</strong>d endliche Substanzen: <strong>die</strong>res cogitans (das Denken) und <strong>die</strong> res extensa (<strong>der</strong> Körper, <strong>die</strong> Ausdehnung). AllesSeiende ist demnach entwe<strong>der</strong> Gott, Denken und/o<strong>der</strong> Körper. E<strong>in</strong> Tisch z.B. istausgedehnt, denkt aber nicht. Das Descartes von <strong>die</strong>sen drei Substanzen ausgeht, istwichtig, vor allem dann, wenn wir das Denken Sp<strong>in</strong>ozas verstehen wollen - auf den wirauch bald zu sprechen kommen werden.Nun also zum Aufbau <strong>die</strong>ses wichtigen Werkes (übrigens selbstverständlich nicht e<strong>in</strong>zigen,Descartes hat noch an<strong>der</strong>e wichtige Werke verfasst (z.B. den Discours de la méthode,1637 - <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Methode hängt mit dem zusammen, was ich e<strong>in</strong> neues Konzept desWissens genannt habe), aber ich konzentriere mich auf <strong>die</strong> Meditationen. Von ihnen gibtes sechs. Ich nenne e<strong>in</strong>mal kurz so etwas wie Überschriften. Die erste Meditation hat denTitel: Woran man zweifeln kann; <strong>die</strong> zweite: Über <strong>die</strong> Natur des menschlichen Geistes;dass se<strong>in</strong>e Erkenntnis ursprünglicher ist als <strong>die</strong> des Körpers; <strong>die</strong> dritte: Über das Dase<strong>in</strong>Gottes; <strong>die</strong> vierte: Über Wahrheit und Falschheit; <strong>die</strong> fünfte: Über das Wesen <strong>der</strong>materiellen D<strong>in</strong>ge und nochmals über das Dase<strong>in</strong> Gottes; <strong>die</strong> sechste: Über das Dase<strong>in</strong><strong>der</strong> materiellen D<strong>in</strong>ge und den substantiellen Unterschied zwischen Seele und Körper.Das s<strong>in</strong>d nicht <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zigen Teile <strong>der</strong> Meditationen. Sehr <strong>in</strong>teressant und m.E. wichtig istauch <strong>die</strong> Widmung des ganzen Buches an <strong>die</strong> heilige theologische Fakultät <strong>der</strong> Sorbonne<strong>in</strong> Paris. Wir müssen wissen, dass noch im Jahre 1600 Giordano Bruno <strong>in</strong> Rom öffentlichverbrannt wurde, weil ihn <strong>die</strong> Inquisition <strong>der</strong> Ketzerei beschuldigte. Ich sagte es: <strong>die</strong>Theologie befand sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Krise - und e<strong>in</strong>e Institution <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise ist zuweilenunberechenbar (Galilei unter Hausarrest gestellt).Ich werde mich zunächst auf das beziehen, was Hegel über Descartes behauptet: „Wirkommen eigentlich jetzt erst zur <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> neuen Welt und fangen <strong>die</strong>se mit13
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Siebente Vorlesung„Verflucht sei
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Also die „Monadologie“. Da ist
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umstellen noch sich eine innere Bew
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Das Seltsame ist ein wenig, dass Le
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eginnt: „Das Gedächtnis liefert
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offenbar auch kein Fenster haben ka
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Die Kritik an den Cartesianern ist
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Die Differenz zum Tier ist also nic
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Mathematik, was wenig überzeugt (d
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Böse möglich, wenn doch Gott notw
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Hegel schreibt in seiner Vorrede zu
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Körper keinen Unterschied zu geben
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Gegenstand nähern will. Das ist fr
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demnach in der Materie das Denken,
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den dogmatischen Schlummer unterbra
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entwickeln. Ein Blinder kann sich k
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Für Hume steht aber zunächst etwa