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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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Aus <strong>die</strong>ser Situation entsteht e<strong>in</strong>e ständige Unsicherheit, e<strong>in</strong>e Situation des Menschen, <strong>in</strong><strong>der</strong> er ke<strong>in</strong> Vergnügen f<strong>in</strong>den kann. Ständig muss er um se<strong>in</strong> Leben fürchten, <strong>in</strong>dem fürse<strong>in</strong>e Selbsterhaltung zu sorgen hat. Ständig muss er dabei den An<strong>der</strong>en <strong>in</strong> <strong>die</strong> Querekommen, sowie <strong>die</strong> An<strong>der</strong>en ihm <strong>in</strong> <strong>die</strong> Quere kommen. Das ist e<strong>in</strong> Zustand, den Hobbesauf englisch „war of every man aga<strong>in</strong>st every man“, den Krieg e<strong>in</strong>es jeden gegen jedennennt. Dazu gehört nun ke<strong>in</strong>eswegs <strong>die</strong> eigentliche Schlacht, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Zeitraum, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong> Wille zum Kampf h<strong>in</strong>reichend bekannt ist, d.h. <strong>in</strong> welchem ich weiß, dass ich denAn<strong>der</strong>en töten muss, sowie er mich töten muss. Daraus entsteht für den Menschen e<strong>in</strong>eständige Furcht vor dem gewaltsamen Tod und, so Hobbes, „das Leben des Mensch iste<strong>in</strong>sam, armselig, wi<strong>der</strong>wärtig, vertiert und kurz“.Hobbes setzt h<strong>in</strong>zu: vielleicht kl<strong>in</strong>gt das etwas hart, was ich hier sage. All das ersche<strong>in</strong>t alse<strong>in</strong>e bloße Behauptung. Aber es gibt doch e<strong>in</strong>e Erfahrung, <strong>die</strong> zeigt, dass Hobbes Rechthat. Wenn wir e<strong>in</strong>e Reise machen, bewaffnen wir uns o<strong>der</strong> suchen uns e<strong>in</strong>e guteBegleitung; wenn wir schlafen gehen, verschließen wir <strong>die</strong> Türen; <strong>in</strong> unserem Hausverschließen wir <strong>die</strong> Schränke. Vielleicht bewaffnen wir uns nicht mehr, wenn wirverreisen. Aber - wir <strong>in</strong>formieren uns doch, ob das Gebiet, <strong>in</strong> das wir uns begeben, sicherist. Dass wir unsere Wohnungen und Häuser abschließen, stimmt allerd<strong>in</strong>gs ohneh<strong>in</strong>.Man hat gesagt, dass <strong>die</strong>se Idee von e<strong>in</strong>em Naturzustand mit Hobbes Erfahrung desenglischen Bürgerkriegs zusammenhänge. In <strong>der</strong> Tat sagt er, dass man im Bürgerkriegsehen könne, was passiert, wenn es ke<strong>in</strong>e öffentliche Gewalt mehr gebe, <strong>die</strong> für <strong>die</strong>E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> öffentlichen Ordnung e<strong>in</strong>trete. Es ist auch <strong>die</strong>se Äußerung, <strong>die</strong> zeigt, dassHobbes möglicherweise <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ausführungen zum Naturzustand nicht e<strong>in</strong>fach nur e<strong>in</strong>e„Konstruktion“ im Blick hatte. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Beispiel s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> „wilden Völker <strong>in</strong> vielen TeilenAmerikas“. Wenn auch <strong>der</strong> Naturzustand nicht „allgeme<strong>in</strong> auf <strong>der</strong> ganzen Welt“ geherrschthat, so eben doch vielleicht <strong>in</strong> bestimmten Teilen o<strong>der</strong> Perioden. Ich sage das deshalb,weil <strong>in</strong> den meisten Interpretationen von Hobbes e<strong>in</strong>fach mitgeteilt wird, <strong>der</strong> Kriegszustandsei eben e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Fiktion, e<strong>in</strong>e Konstruktion: so als würde man sofort sagen wollen,ne<strong>in</strong>, so schlimm, wie Hobbes das schil<strong>der</strong>t, ist <strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> Wirklichkeit doch nicht. Werdas aber denkt, <strong>der</strong> versteht Hobbes nicht. Von Natur aus ist <strong>der</strong> Mensch genauso.Diese ständige Furcht vor e<strong>in</strong>em gewaltsamen Tod bei gleichzeitigem Verlangen nachD<strong>in</strong>gen, <strong>die</strong> das Leben angenehm machen, führen dazu, dass <strong>der</strong> Mensch siche<strong>in</strong>verstanden erklärt, e<strong>in</strong>en Vertrag abzuschließen. Hier nun kommt <strong>die</strong> rechnendeVernunft <strong>in</strong>s Spiel. Sie legt, so Hobbes, geeignete Friedensartikel nahe, auf <strong>der</strong>enGrundlage dann <strong>der</strong> Vertrag geschlossen werden könne. Hier ist zu sagen, dass <strong>der</strong>Schritt zum Vertragsschluss, zum Friedensschluss, ke<strong>in</strong>er emphatischen Zusageentspricht, son<strong>der</strong>n dass genau das geschieht, was <strong>die</strong> rechnende Vernunft antreibt: <strong>der</strong>43

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