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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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See ,Land‘ rufen; Cartesius ist e<strong>in</strong>er von den Menschen, <strong>die</strong> wie<strong>der</strong> mit allem von vornangefangen haben; und mit ihm hebt <strong>die</strong> Bildung <strong>der</strong> neueren Zeit an.“ René Descartes(1596-1650) ist <strong>die</strong> Ikone - könnte man schon fast sagen - des Beg<strong>in</strong>ns <strong>der</strong> <strong>Neuzeit</strong>. Nunsagt Hegel schon, warum: weil „das Selbstbewußtse<strong>in</strong> wesentliches Moment des Wahren“ist. Was damit gesagt se<strong>in</strong> soll, müssen wir im Folgenden verstehen.Das Werk, auf das ich mich hier e<strong>in</strong>lassen werde, hat den vollen Titel: Meditationes deprima philosophia <strong>in</strong> quibus Dei existentia et animae humanae a corpore dist<strong>in</strong>ctiodemonstrantur“, zu Deutsch: „Meditationen über <strong>die</strong> erste <strong>Philosophie</strong>, <strong>in</strong> denen dasDase<strong>in</strong> Gottes und <strong>die</strong> Verschiedenheit <strong>der</strong> menschlichen Seele vom Körper bewiesenwerden“. Das Werk stammt aus dem Jahre 1641. Schauen wir uns zunächst e<strong>in</strong>mal denaufwendigen Titel an. Ich lasse das erste Wort erst e<strong>in</strong>mal außer Betracht. Es geht um <strong>die</strong>prima philosophia. Dieser Begriff geht auf Aristoteles zurück. Auf Griechisch heißt primaphilosophia πρώτη φιλοσοφία. Diese <strong>Philosophie</strong> ist e<strong>in</strong>erseits Ontologie, d.h. sie fragt:was ist das Seiende (als Seiendes)? Diese Frage enthält dann <strong>die</strong> weitere: was ist imhöchsten S<strong>in</strong>ne seiend? Mit <strong>die</strong>ser Frage wird <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> Theologie (nicht imchristlichen S<strong>in</strong>ne natürlich), denn das höchste Seiende ist für Aristoteles das Göttliche.Was Aristoteles so zusammenfasst, ist Gegenstand se<strong>in</strong>er Vorlesungen über <strong>die</strong>„Metaphysik“, über das Wissen, dass sich mit dem beschäftigt, was über das S<strong>in</strong>nliche, <strong>die</strong>Physik, h<strong>in</strong>ausgeht (<strong>die</strong> an<strong>der</strong>e Erläuterung des Titels ist hier nicht wichtig). Was demnachDescartes mit den Meditationen vorlegt, ist e<strong>in</strong>e Metaphysik, ist metaphysisches Denken.Das letzte Wort des Titels lautet: demonstrantur. Die Meditationes verstehen sich also alse<strong>in</strong>e demonstratio, wobei <strong>die</strong> demonstratio <strong>in</strong> den Meditationen selbst geleistet wird. E<strong>in</strong>edemonstratio ist e<strong>in</strong> Beweis, <strong>der</strong> allerd<strong>in</strong>gs hier bei Descartes nichts mit <strong>der</strong> Empirie zu tunhat. Die Demonstration <strong>der</strong> Wahrheit e<strong>in</strong>es Gedankens, se<strong>in</strong>e Prüfung, geschieht alle<strong>in</strong> imDenken, als Denken. Das bedeutet nicht, dass <strong>die</strong> Natur und das Wissen über sie ke<strong>in</strong>eBedeutung hat, im Gegenteil: Descartes ist e<strong>in</strong> Philosoph, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Naturwissenschaftse<strong>in</strong>er Zeit stellt und <strong>der</strong> wichtige Beiträge (z.B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mathematik) leistet. Doch <strong>der</strong>Anspruch, den Descartes erhebt, ist, dass <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> im Denken alle<strong>in</strong> begründetwerden müsse. Deshalb nennt man <strong>die</strong>se Art von <strong>Philosophie</strong> auch „Rationalismus“, wobei<strong>die</strong>se Bezeichnungen zumeist nicht sehr wichtig s<strong>in</strong>d. Man muss wissen, was siebezeichnen.Was soll demonstriert werden? Zunächst e<strong>in</strong>mal: <strong>die</strong> Existenz Gottes. Damit - so könnteman sagen - zeigt Descartes bereits e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung mit dem Denken des Mittelalters an.Denn e<strong>in</strong>en sogenannten Gottesbeweis, e<strong>in</strong> Argument, dass alle<strong>in</strong> aus dem Verstand <strong>die</strong>Existenz Gottes „beweisen“ will, kennen wir von Anselm von Canterbury (1033-1109). Derhatte es natürlich nicht nötig, Gott zu beweisen, weil ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Glauben <strong>die</strong> ExistenzGottes gewiss war. Doch er me<strong>in</strong>te, dass eben auch <strong>der</strong> Verstand ganz aus sich selbst9

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